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Voodoo in Frankfurt: Streit um angeblich „heiligen Boden“

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Von: Sabine Schramek

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Den alten Reitstall hat David P. wieder hergerichtet.
Den alten Reitstall hat David P. wieder hergerichtet. © Rainer Rüffer

Ein Mann in Frankfurt lässt sich weder von seinen Nachbarn, noch von der Polizei von seinem Voodoo-Aberglauben abbringen.

Frankfurt - Ein Spaziergang in Frankfurt-Oberrad, genauer durch den Altebergsweg, lässt seit einem guten Jahr staunen. Der alte Reitstall ist wie ein Kunstwerk hergerichtet. Maschendrahtzaun ist kunstvoll mit weißen Schnüren kreisförmig geflickt, Holzzäune sind dekorativ mit langen Ästen, Bambus und schwingenden Hölzern an Schnüren, die im Wind klacken, angelegt. 

Die Gebäude, die vier Jahre lang leer standen, sind von Überwucherung frei geschnitten, Spiegel, lange Kreuze im 45-Grad-Winkel hängen an Wänden und Türen. In der Mitte leere Bilderrahmen. Ein bisschen Blau und Grün an den Wänden, die Fenster mit selbstgebauten Stöckchenrollos verziert. Vor einem Gebäude hängen Koffer kunstvoll an der Außenwand. Ein Sessel, ein Tischchen und ein altmodisches Bild stehen davor. Im offenen Raum dahinter hängt ein aufgeklappter Holzstuhl an der Wand, dekoriert mit alten Lampen und leeren Bilderrahmen. Das Grundstück sieht aus wie ein Kunstwerk.

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David P. (30) hat es zu einem Paradies gemacht. Der Inhaber, der im Ausland lebt, hatte ihm genehmigt, sich um das Schmuckstück zu kümmern und das Grundstück frei von Wildwuchs zu halten.

Vor sechs Wochen fing P. nun an, umliegende Wiesen und Felder mit kunstvollen Zäunen abzusperren. Auch hier baumeln Zweige und Holzklötze an Schnüren zwischen Latten, Baumstämme penibel mit Plastikfolie abgedeckt, liegen davor. Vor drei Wochen mussten Gärtner zum ersten Mal die Polizei rufen. Beim Pflügen wurden große Steine ausgegraben, die in den Feldern liegen. P. war wütend und hat darauf bestanden, dass die Löcher wieder gefüllt werden. Nach uraltem afrikanischen Glauben nisten sich böse Geister unter Ackerboden und bringen Krankheiten über die Menschen, Pech in der Landwirtschaft und alle möglichen Katastrophen.

"Der Boden ist heilig", sagt P. "Hier wird nichts mehr angebaut", ist er überzeugt. Seine "Feldveränderungen" begann er in der Corona-Krise. Vergangene Woche steckte er Stöcke in ein langes Feld von Reiner Jung. Akkurat wie auf einer Schnur. Der Traktor konnte nicht fahren, Jung hat per Hand jedes Holzteil aus dem Boden gezogen und in einen Anhänger gelegt. "Das kann nicht wahr sein", so der alteingesessene Gärtner mit Blick auf unzählige gleichlange Holzstücke. 

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Einen Teil des Ackers haben Hans-Walter und Susanne Roth gepachtet und eine Pferdekoppel abgesteckt. P. entfernt die weißen Litzen, die die Koppel einrahmen, Stück für Stück und packt sie in einen blauen Müllsack. "Ab Mai wollten wir die Pferde hier grasen lassen", so Roth kopfschüttelnd. Ihre Pferde stehen nicht weit entfernt in einem kleinen Privatstall mit Reitplatz, Koppeln und hellen Boxen. "Was P. aus dem alten Stall gemacht hat, ist wunderschön", ist sich das Ehepaar einig. Regelmäßig haben sie ihm mit Schubkarren, Pferdeäpfeln und Spaten ausgeholfen. "Er ist immer höflich, bringt alles zurück", so Roth. "Aber das hier geht zu weit."

P. arbeitet langsam und sehr sorgfältig. Immer mehr Litzen verschwinden im Beutel. "Die Koppel hier kommt weg", sagt er. "Da kommt etwas anderes hin. Was, wird nicht verraten." P. sagt, es sei abgesprochen und den Eigentümern "extrem wichtig. Vor allem ihnen ist der Boden heilig", ist er überzeugt. Offenbar meint der 30-Jährige mit dem freundlichen Lächeln nicht die Eigentümer, die die Felder bewirtschaften, sondern eine übergeordnete Kraft. 

Die Pferdebesitzer und der Gärtner rufen die Polizei. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen wird P. zweimal wegen Sachbeschädigung festgenommen und mit aufs 8. Polizeirevier genommen. P. bleibt auch dabei passiv und freundlich, lässt sich widerstandslos Handschellen anlegen. Direkt nach der Rückkehr baut P. weiter die Koppel ab. Das riesige schwere Eisentor schraubt er ab, schultert es und bringt es zum Reitstall - inklusive aller Schrauben.

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"Das ist unheimlich", findet Susanne Roth. Sie redet immer wieder mit ihm, bittet P., es zu unterlassen, die Felder umzugestalten. "Ich mache nichts kaputt", so P. zu ihr. "Ich baue nur die Koppel ab und bringe alles zu Euch", sagt er lächelnd. P. ist Portugiese. Sein Aberglauben scheint stark. Viele Menschen afrikanischer Herkunft sind fest davon überzeugt, dass Seuchen wie Ebola oder Aids nicht durch ein Virus, sondern durch Fluch oder Hexerei übertragen werden. Von bösen Geistern in Feldern. Deshalb assoziieren sie Krankheit und Tod mit mangelndem Respekt vor den Geistern des Voodoo. Rationale Argumente helfen nicht.

Auch nicht bei P. Roth sagt ihm immer wieder, dass sie die Polizei rufen müssen, wenn er weiter macht. "Dann ruft sie", antwortet P. sanft. "Das macht nichts. Ich schaue nach vorne. Wir müssen zusammenhalten. Der Boden ist heilig und darf nicht mehr bestellt werden." Jung hatte Rhabarber gesetzt. P. hat jedes einzelne Pflänzchen achtsam entfernt.

Von Sabine Schramek

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