Passivwaffe?: Teure Baseballkappe bei der Blockupy-Demo
Von Matthias Gerhart Eignet sich eine mit Plastikeinlage verstärkte Baseballkappe als Waffe? Ja, sagt die Staatsanwaltschaft. Lächerlich, sagt Hagen K. Der „Blockupy“-Aktivist soll 300 Euro Strafe zahlen. Darüber verhandelt nun das Amtsgericht.
Amtsrichterin Ramona Didas hatte bereits damit gerechnet, dass der Prozess gegen den 53 Jahre alten Hagen K. aus dem Rahmen fallen werde. Statt im kleinen Saal 6, in dem die vor allem als Schnellrichterin tätige Strafjuristin normalerweise zu tagen pflegt, ging es in den großen Verhandlungssaal II E, in dem auch die rund 40 Zuschauer Platz fanden, die zuvor am Eingang des Gerichtsgebäudes mit diversen Transparenten für den „Blockupy“-Aktivisten demonstriert hatten.
Hagen K. hatte sich Anfang Juni vergangenen Jahres an der „Blockupy“-Kundgebung beteiligt, bei der es auch zu einem massiven Polizeieinsatz gekommen war. Gewalttätig aber war der auch vor Gericht recht gesetzt und besonnen wirkende Mann nicht geworden. Gleichwohl geriet er in das Visier der Ermittler: Er hatte eine Baseballkappe auf, die unter dem Stoffbelag mit einer Kunststoffeinlage verstärkt war. Und damit fiel sie unter die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes, weil sie „geeignet war, gegebenenfalls Widerstand leisten zu können“, hieß es in einem Strafbefehl gegen den Demonstranten. 300 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze) schickte die Staatsanwaltschaft Amtsrichterin Didas zur Entscheidung.



So viele Passivwaffen
Für gewöhnlich werden Strafbefehle zunächst ohne weitere Klärung erlassen – eine Hauptverhandlung folgt nur dann, wenn die Beschuldigten Einspruch einlegen. Im Falle des „Blockupy“-Aktivisten aber schien der Amtsrichterin Vorsicht und erhöhte Sorgfalt geboten zu sein. Sie entschied nicht vom Richtertisch aus, sondern setzte von vorneherein eine Hauptverhandlung fest. Darüber hinaus studierte sie die einschlägige Rechtsprechung zum Versammlungsgesetz. Im Strafbefehl waren nämlich auch noch Ärmelschoner als „Passivwaffen“ genannt. Diese hatte der Mann aber nicht offen gezeigt, so dass nur die Kappe als Corpus Delicti übrig blieb.
Der Angeklagte freilich wollte zu diesem juristischen „Feinschnitt“ nicht im Einzelnen Stellung nehmen. Stattdessen kritisierte er in einer Erklärung noch einmal mit scharfen Worten den seiner Ansicht nach völlig überzogenen Polizeieinsatz und erinnerte an die 400 verletzten Demonstranten. Vor diesem Hintergrund sei der Prozess gegen ihn eine „bodenlose Unverschämtheit“. Der Vorwurf, er habe sich „passiv bewaffnet“, sei einfach „absurd“, sagte er, die Zuschauer applaudierten.
Heiterkeit im Saal
Oberstaatsanwalt Olaf König war bemüht, der Verhandlung die Schärfe zu nehmen: Natürlich sei man auch bereit, einer Verfahrenseinstellung zuzustimmen. Allerdings nur gegen eine Geldauflage, die der Beschuldigte aber wohl auch dann nicht akzeptieren werde, wenn sie nicht ausdrücklich an die Gewerkschaft der Polizei zu zahlen sei. Wieder gab es Heiterkeit im Zuschauerraum. Und der Staatsanwalt hatte recht: Wenn überhaupt, dann komme nur eine Einstellung ohne weitere Auflagen in Frage, sagte der Rechtsanwalt.
Am 30. April sollen nun drei Einsatzbeamte im Zeugenstand gehört und natürlich auch die zwischenzeitlich in der Asservatenkammer lagernde Baseballkappe in Augenschein genommen werden.