Kommentar: Flüchtlinge Verantwortungslos
Von Mirjam Moll
Die Schreckensbilder von dem kleinen toten Jungen an einem türkischen Strand sind um die Welt gegangen. In der EU schwor man Solidarität mit den überforderten südeuropäischen Ländern. Doch alleine die Tatsache, dass die Entlastung Griechenlands und Italiens damals nur über einen Mehrheitsbeschluss der Innenminister möglich war, spricht Bände. Mit der Solidarität ist es nicht weit her, scheint es, wenn es um Verpflichtungen geht. Dabei profitieren ausgerechnet jene Länder, die nun die Arme verschränken, am meisten von diversen Fonds, die ihre Wirtschaft und Infrastruktur unterstützen.

Es ist nur recht und billig, dass die EU-Institutionen inzwischen laut darüber nachdenken, diese Mittel im neuen Haushaltsplan nach 2020 zu kürzen. In Warschau und Prag mag man das Erpressung nennen. In Brüssel nennt man es Konsequenz. Es kann nicht sein, dass die Regierungen einerseits die Hand aufhalten, wenn es um die Verteilung von Fördergeldern geht, sich im Gegenzug aber nicht in die Gemeinschaft einbringen wollen.
Viel zu lange hat Brüssel Warschau auch in anderen Streitthemen lange Zügel gelassen. Das Rechtsstaatsverfahren, das bei Polen erstmals zur Anwendung kam, steht seit Monaten still, weil die EU-Kommission der Regierung immer neuen Aufschub gewährt, die beanstandeten Verfassungsänderungen rückgängig zu machen.
Dass mit gutem Zureden nicht viel zu erreichen ist, haben die vergangenen Monate gezeigt. Mit derselben Konsequenz müssen dann aber auch die Länder zur Verantwortung gezogen werden, die sich weigern, bei der Flüchtlingskrise mit anzupacken. Denn die ist alles andere als vorbei – sie setzt sich täglich an den Küsten Italiens fort. Und es gibt immer noch kleine tote Jungen.
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