TV-Kritik: "Liebe bis in den Mord": Hochgradig fesselnd
Von Ulrich Feld Der "Alpen-Thriller" macht seiner ehrgeizigen Bezeichnung dank seiner höchst hinterhältigen Geschichte alle Ehre.
Adrian gesteht der geschockten Sonja seine ewige Liebe und verschwindet. Doch Sonja zeigt die Tat nicht an, weil ihr ihre Schwester Birgit (Nina Kronjäger) dringend davon abrät: Ihre Schwiegermutter will sie ohnehin nicht, und würde dann deren Sohn Thomas Gruber (Thomas Unger) noch zu ihr halten? 15 Jahre später sind Sonja und Thomas glücklich verheiratet und haben eine Tochter, Anna (Paulina Hobratschk). Doch die Molkerei befindet sich in finanziellen Schwierigkeiten, und die Bank sperrt sich.
Der Todfeind als einziger Retter
Aber Mutter Katharina hat einen reichen Investor zur Hand: Ausgerechnet Adrian, der als Firmengründer zu viel Geld gekommen ist und sich wieder im Ford eingefunden hat. Alte Wunden brechen wieder auf, besonders als Adrian behauptet, Anna wäre sein Kind. Sonja gesteht Thomas schließlich die Vergewaltigung und zeigt Adrian an. Doch als Thomas bei einem mysteriösen Unfall ums Leben kommt, spitzt sich die Lage für Sonja dramatisch zu: Von Adrians Investition hängen viele Arbeitsplätze im Dorf ab, und bald hat Sonja nicht nur ihre Schwiegermutter, sondern das ganze Dorf gegen sich.
Der "Alpen-Thriller" baut auf zwei im Grunde uraltes Erzählmuster: Zum einen ist da die Grundfigur einer bedrängten, aber unschuldigen Frau, hier mit Bravour von Felicitas Woll verkörpert. Dazu kommt, dass die Handlung sehr bald in eine schon fast klassische "Rape and Revenge"- (Vergewaltigung und Rache)-Geschichte mündet. Die Wirkung ist beträchtlich, weil der Film das Geschehen permanent aus Sonjas Blickwinkel betrachtet und den Druck, unter dem Sonja steht, dabei auch noch immer stärker werden lässt.
Das ganze Dorf gegen Sonja
Ausgerechnet der Mann, den Sonja mit Recht am meisten hasst, ist derjenige, der nach dem Willen ihrer misstrauischen Schwiegermutter als Einziger die Molkerei retten könnte. Und die auf den ersten Blick so idyllische dörfliche Geborgenheit verwandelt sich sehr schnell in eine massive Bedrohung, weil jedem im Dorf sein eigener Vorteil am wichtigsten ist. "Liebe bis in den Mord" vermittelt hautnah dieses Gefühl der wachsenden Hilflosigkeit und rasenden Wut Sonjas und funktioniert dadurch ausgezeichnet, zumal sich auch die Begründung für Sonjas Schweigen recht logisch anhört.
Neben Felicitas Woll überzeugt besonders Gabriel Raab mit einer provozierenden Mischung aus Boshaftigkeit und souveränem Selbstbewusstsein. Gisela Schneebergers Rolle hätte vielleicht noch etwas mehr hergegeben, sie bleibt als böse Schwiegermutter etwas zu schematisch. Den guten Eindruck, den der Film hinterlässt, trübt das aber nur unwesentlich. Für eine hohe Spannung spricht schon, dass man als Zuschauer den schönen Bergpanoramen, die im Handlungsverlauf immer wieder auftauchen, kaum noch Beachtung schenkt, weil Sonjas Schicksal viel zu stark fesselt.
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