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Weit mehr als Unkraut: Wildkräuter im Garten erkennen

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Bei der Seifenkraut-Ernte: Regine Ebert zeigt die Wildkräuter in ihrem Garten und was aus ihnen entstehen kann.
Bei der Seifenkraut-Ernte: Regine Ebert zeigt die Wildkräuter in ihrem Garten und was aus ihnen entstehen kann. © Astrid Kopp

Bärlauch und Löwenzahn sind allseits bekannt. Aber was ist mit Seifenkraut, Spitzwegerich und Eisenkraut? Viele Wildkräuter werden voreilig aus dem eigenen Garten entfernt, dabei haben sie nicht nur optisch viel zu bieten.

Schon wer nur von der Gartenpforte zur Haustür von Regine Ebert gehen möchte, merkt, hier ist etwas anders als in anderen Gärten. Es summt und brummt und blüht auf allen Seiten, Hummeln und Bienen tummeln sich auf buschigem Lavendel, majestätischen Kugeldisteln und winzig kleinen weißen Eisenkrautblüten. Selbst zwischen den Gehwegplatten wächst etwas: Spitzwegerich. „Der hat hier lebenslanges Wohnrecht“, sagt Regine Ebert und lacht fröhlich. Denn mit dieser kleinen, unscheinbaren Pflanze, die an so ziemlich jedem Wegesrand wächst, hat vor vielen Jahren ihre große Wildkräuterliebe begonnen. „Ich hatte mir bei einem Fahrradunfall das Bein aufgeschlagen“, erzählt die 62-Jährige. In Ermangelung eines Verbandes habe sie erstmal Spitzwegerich auf die Wunde geben. Und damit sei es besser geheilt als danach mit Salbe und Pflaster, weshalb der Spitzwegerich wieder zum Einsatz kommen durfte.

Ihr Interesse für Wildkräuter war geweckt. Im Vogelsberg habe sie bei Doris Grappendorf die Ausbildung in Grundlagen der Phytotherapie mit Wildkräutern und Heilpflanzen absolviert. „Ich therapiere aber nicht, sondern zeige den Leuten in meinen Kursen, wie sie sich selbst helfen können“, sagt Ebert.

Über Beinwell hat sie sich so viel Fachwissen angeeignet, dass sie darüber sogar ein Buch geschrieben hat. Seit 2008 bietet sie Wildkräuterführungen an und gibt Kurse wie das Löwenzahn- oder Engelwurz-Seminar. Auch die Ausbildung zur Heilpflanzenexpertin ist bei ihr möglich. „Die Leute kommen inzwischen oft mit einem guten Vorwissen zu meinen Kursen“, berichtet sie. Das Interesse sei weiter am Steigen, und nicht nur von Seiten von Selbstversorgern. „Viele wollen gerne wissen, was hilft gegen Husten, Magenprobleme, Menstruationsbeschwerden. Das wäre übrigens zum Beispiel Frauenmantel und Schafgarbe“, sagt Ebert.

Allerlei Kräuter können auch getrocknet und so noch länger genutzt werden.
Allerlei Kräuter können auch getrocknet und so noch länger genutzt werden. © Astrid Kopp

Ein sehr vielseitiges Wildkraut, das es sogar in Gärtnereien zu kaufen gibt, ist das hübsche Seifenkraut. „Aber die Sorte offizinalis sollte es schon sein“, sagt Ebert. Andere, gefüllte Blütenformen, seien für die Insekten nicht so wertvoll. Das Seifenkraut löse eingenommen Schleim in der Lunge und sei gefäßreinigend. Aus den zerriebenen Blättern lässt sich mit Wasser aber auch eine Seife oder ein Shampoo herstellen. „Eigentlich eignet es sich sogar zum Zähneputzen“, sagt Ebert. Noch dazu ziehe die Pflanze Nachtfalter an.

Aus den großen gepfleckten Blättern des Lungenkrautes macht sie Tee, der toll gegen Husten helfe. Die Gundelrebe eigne sich gut zum Entgiften, das stecke sogar schon im Namen: Gund ist ein altes Wort für Eiter. Kapuzinerkresse hat antibiotische Wirkung. Und der Spitzwegerich, der eigne sich nicht nur zur Wundheilung, sondern seine Samen könne man auch statt Flohsamen im Müsli essen oder daraus leckere Sprossen ziehen.

In einer Ecke von Eberts Garten leuchtet zwischen Töpfen und Bodendeckern eine intensiv rote Flüssigkeit in einem kleinen Apothekerglas. „Da habe ich Johanniskrautöl angesetzt“, erzählt Ebert. Einfach Knospen, Blüten, Samenstände und ein paar Blätter mit Olivenöl vermischt ziehen lassen. Erst draußen in der Sonne, dann auch an einem sonnigen Platz im Haus. Nach drei Wochen sehe es dann so rot aus wie dieses Glas im Beet. Johanniskrautöl wird zur Linderung von Sonnenbrand genauso eingesetzt wie gegen Nervenschmerzen oder zur besseren Wundheilung beispielsweise auf Narben.

Johanniskrautöl hat die Wildkräuterexpertin auch schon selbst angesetzt und lässt es ziehen.
Johanniskrautöl hat die Wildkräuterexpertin auch schon selbst angesetzt und lässt es ziehen. © Astrid Kopp

Öle, Tinkturen, Salben und Ähnliches bereite sie hauptsächlich in ihren Kursen zu. Die Pflanzen im eigenen Garten entsafte sie vor allem im Frühjahr, ein paar Kräuter püriere sie auch, viele Blätter und Blüten esse sie frisch, beispielsweise im Salat. „Der Körper bekommt viele verschiedene Impulse, wenn man möglichst unterschiedliche Dinge isst, auch wenn es nur das tägliche Blatt Löwenzahn ist, das für mich immer dazu gehört“, erzählt sie. Allgemein – so die Expertin – könne man sagen: Was gut schmecke, das tue dem Körper auch meistens gut.

Wer selbst Wildkräuter in seinem Garten haben möchte, müsse vor allem eine gewisse Unordnung aushalten können. Am besten, man halte bei Spaziergängen die Augen offen und nehme sich von Pflanzen, die man gerne im Garten hätte, einige Samen mit. „Falls es von einer Pflanze sehr viele gibt, buddele ich schon auch mal eine am Feldrand aus“, sagt Ebert. Zu Hause streue sie die Samen dann einfach schwungvoll ins Beet. „Falls es für eine Pflanze der richtige Platz ist, wird sie wachsen – falls nicht, nicht.“ Düngen sei keine gute Idee, die meisten Wildkräuter bräuchten eher weniger Nährstoffe als in unseren überdüngten Böden enthalten seien. Auch gießen würde sie Wildkräuter normalerweise nicht, „die Pflanzen müssen lernen, zurecht zu kommen“, sagt sie. Sie achte aber schon darauf, Setzlinge, die es eher feucht mögen, in den Schatten größerer, anderer Pflanzen zu setzen.

Wichtig sei es, im Frühjahr mit dem Unkrautjäten zu warten, bis die Pflänzchen so groß sind, dass man sie bestimmen kann. Dann wird geschaut, ist es giftig, möchte ich diese Pflanze? Das meiste dürfe bei ihr dann bleiben. Nur die Zaunwinde, die reiße sie konsequent aus, „sie überwuchert mir sonst alles“.

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