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Portugal trauert um die Opfer

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Nur noch ein Gerippe ist von diesem Wohnwagen auf einem Grundstück  in der Ortschaft Troviscais Fundierte übriggeblieben.
Nur noch ein Gerippe ist von diesem Wohnwagen auf einem Grundstück in der Ortschaft Troviscais Fundierte übriggeblieben. © Peter Kneffel (dpa)

Trotz der Mobilisierung von rund 2000 Feuerwehrleuten bekommen die portugiesischen Behörden die verheerenden Waldbrände im Zentrum des Landes nicht in den Griff.

Obwohl in der Nacht zum Montag die Temperaturen sanken, griffen die Flammen im Zentrum Portugals auf zwei weitere Regionen über. Seit Sonntag gilt eine dreitägige Staatstrauer zum Gedenken an die über 60 Toten. Experten warnten, wegen des Klimawandels könnten sich derart verheerende Brände in Zukunft häufen.

Bei dem tödlichsten Waldbrand in der jüngeren Geschichte des Landes kamen bis Montag mindestens 63 Menschen ums Leben, mehr als 60 weitere Bewohner wurden verletzt. Fünf von ihnen schwebten am Montag noch in Lebensgefahr. Unter den Toten war auch ein Franzose, wie das Außenministerium in Paris mitteilte. Nach Angaben der portugiesischen Behörden weiteten sich die Brände von der Region Pedrógão Grande auf die benachbarten Bezirke Castelo Branco und Coimbra aus.

Unter Schock

Der Brand war am Samstagnachmittag nahe der Ortschaft Pedrógão Grande ausgebrochen und hatte sich in der Hitze und angefacht vom Wind rasend schnell in vier Richtungen ausgebreitet. Viele Menschen wurden auf der Flucht vor den Bränden in ihren Autos von der Feuerwalze eingeholt, andere starben in ihren Häusern. Die Landstraße in dem Gebiet wurde für viele zu einer tödlichen Falle.

Präsident Marcelo Rebelo de Sousa sprach von einer „Tragödie“. Ganz Portugal leide mit den Familien der Opfer, doch ebenso groß sei die Solidarität, erklärte er am Sonntagabend. Die Katastrophe in der abgeschiedenen ländlichen Region treffe Menschen, „von denen man kaum spricht“, fügte er hinzu.

Binnen 24 Stunden verwandelten sich die Pinien- und Eukalyptuswälder in verkohlte Baumskelette, über dem Gebiet hing eine dichte Rauchdecke. Viele Überlebende standen unter Schock. „Wir sind gerade noch rechtzeitig rausgekommen, ich auf dem Traktor, mein Mann in unserem Lieferwagen“, erzählt die 62-jährige Bäuerin Luisilda Malheiro. Von ihren Tieren dagegen konnte sie nur zwei Ziegen retten.

Aus mehreren Ländern traf Unterstützung ein: Spanien und Frankreich schickten am Sonntag mehrere Löschflugzeuge, weitere Flugzeuge und Feuerwehrteams wurden am Montag im Rahmen der EU-Zivilschutzhilfe erwartet. Auch das krisengeschüttelte Griechenland bot Verstärkung durch seine Feuerwehr an.

Ausgelöst wurde der verheerende Brand durch ein sogenanntes Trockengewitter, bei dem kein Niederschlag fällt – die Ermittler fanden einen Baum, der vom Blitz getroffen wurde. Zentralportugal leidet derzeit unter extremer Hitze. Am Wochenende herrschten Temperaturen von über 40 Grad.

Mehr Kontrollen

Experten warnten, Portugal müsse in Zukunft häufiger mit derartig verheerenden Waldbränden rechnen. Das Land sei von der Klimaerwärmung besonders betroffen, sagte Thomas Curt vom französischen Klima- und Agrarforschungsinstitut Irstea. Nach seinen Angaben stiegen die Temperaturen in Portugal in den vergangenen 50 Jahren stets schneller an als der globale Durchschnitt.

Zudem war der Juni in diesem Jahr auf der gesamten iberischen Halbinsel wärmer und trockener als gewöhnlich. Hinzu kommt, dass Portugals Vegetation vorwiegend aus leicht entflammbaren Pflanzen besteht – wie etwa Eukalyptusbäume und Pinien, die, wenn sie austrocknen, wie Zunder brennen.

Um derart viele Opfer in Zukunft zu verhindern, rät Curt zu einer Reihe Maßnahmen. Dazu zählten kurzfristig mehr Kontrollen, mehr Feuerwehrleute sowie das Verbot offener Feuer, sagte Curtis. Langfristig dürften Wohngebiete nicht mehr so nah an Busch- oder Waldgebieten stehen, sagte er. Und „natürlich“, fügte er hinzu, „müssen wir die Klimaerwärmung selbst drosseln“.

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