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Petition will „Abschiebezentrum“ für Asylsuchende am Berliner Flughafen verhindern

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Menschen demonstrieren am 10. November gegen das geplante „Abschiebezentrum“ am Flughafen BER.
Menschen demonstrieren am 10. November gegen das geplante „Abschiebezentrum“ am Flughafen BER. © Martin Müller/ Imago

Eine Petition wehrt sich gegen den Bau eines geplanten Ein- und Ausreisezentrums am Flughafen BER. Der Vorwurf: Es handele sich um ein „Abschiebezentrum“ für Geflüchtete.

Am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) planen die Bundesregierung und die Landesregierung Brandenburg ein Einreise- und Ausreisezentrum für Geflüchtete. Dabei handele es sich um ein „Abschiebezentrum“, mahnen Pro-Asyl und mehr als 60 andere Organisationen. Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert in einer Petition, dass der Bau verhindert wird. „Dieses Abschiebezentrum repräsentiert eine Politik der zunehmenden Kriminalisierung von Flucht und Migration“, heißt es in der Petition. Das Brandenburger Innenministerium wehrt sich gegen die Bezeichnung.

Vor Kurzem hatte Pro Asyl schon das neue Chancen-Aufenthaltsrecht kritisiert, mit dem geduldete Personen eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung bekommen sollen. Das Gesetz schließe „gut integrierte Geduldete“ aus, heißt es.

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Petition richtet sich gegen „Abschiebungshaft“ am Berliner Flughafen BER

Gegenüber BuzzFeed News DE von IPPEN.MEDIA bestätigt Andreas Carl, Sprecher des Innenministeriums Brandenburg, dass in dem geplanten „Transitgebäude“ unter anderem Asylsuchende untergebracht werden sollen. Es handele sich jedoch speziell um Asylsuchende, die „aus einem sicheren Herkunftsstaat einreisen“ oder bei der Einreise „keinen gültigen Pass vorweisen können“. Geflüchtete, die von der Bundespolizei zurückgewiesen werden, weil sie entweder keinen gültigen Pass haben, noch Asyl beantragen, sollen dort ebenfalls unterkommen.

Nach Angaben des Brandenburger Innenministeriums geht es bei dem Einreise- und Ausreisezentrum darum, eine „menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten, auch wenn sie nur kurze Zeit dauert“. Der Flüchtlingsrat Brandenburg fürchtet im geplanten Transitgebäude hingegen eine „Abschiebungshaft“ der Geflüchteten. „Freiheitsentzug ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte“, kritisiert er in der Petition.

Vowurf der Petition: Mit „Abschiebezentrum“ will der Bund „effizienter abschieben“

In der Petition heißt es weiter, dass in dem Abschiebezentrum 118 Plätze vorgesehen sind, „in denen unter anderem geflüchtete Menschen inhaftiert werden können“. In einem „Rückführungsgebäude“ wolle der Bund Abschiebungen vornehmen. „Das Abschiebezentrum steht klar für eine Politik, die ,effizienter‘ abschieben anstatt Teilhabe- und Bleiberechtsmöglichkeiten ausbauen will“, heißt es in der Petition.

„Der Begriff ‚Abschiebezentrum‘ ist verfehlt“, so Andreas Carl vom Innenministeriums gegenüber BuzzFeed News DE. Das geplante Gebäude habe keinen Einfluss darauf, ob die Abschiebungen stattfinden oder nicht. „Abschiebungen unterliegen rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahren, die gerichtlicher Überprüfung zugänglich sind.“

Er betont, dass das Zentrum nicht nur zur Ausreise, sondern auch zur Einreise diene. Am BER „sollen Geflüchtete ihr Asylgesuch äußern können und nach Registrierung in andere Bundesländer weitergeleitet werden, anstatt erst nach Eisenhüttenstadt reisen zu müssen“. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) werde in dem Zentrum zudem „Folgeverfahren und Widerrufsprüfungen, aber auch Sprachprüfungen für Integrationskurse durchführen“.

Abschiebungen durch das BAMF sind keine Seltenheit. Nach Aserbaidschan hat Deutschland mutmaßlich sieben Geflüchtete abgeschoben, obwohl sie später in dem Land verhaftet wurden.

Ablehnungsquote bei Flughafenasylverfahren habe sich verzehnfacht

Am Flughafen BER sollen auch sogenannte Flughafenasylverfahren durchgeführt werden, wie Carl gegenüber BuzzFeed News DE schreibt. Die Petition kritisiert das, denn in Flughafenverfahren gehe es darum, „ob Asylsuchende überhaupt Zugang zum regulären Asylverfahren erhalten“. Durch das Transitzentrum soll es laut Petition zu einer Verzehnfachung solcher Verfahren kommen, also zu 300 bis 400 Schnellverfahren pro Jahr.

Das Problem: Im Vergleich zu regulären Asylverfahren gelten bei Flughafenasylverfahren nach Angaben der Petition „extrem kurze Fristen und eingeschränkter Rechtsschutz“. Und in den letzten Jahren habe sich die Ablehnungsquote in Flughafenasylverfahren von 5,1 Prozent in 2013 auf 52,7 Prozent in 2019 verzehnfacht. Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert deshalb, dass das Flughafenverfahren abgeschafft wird.

Das Einreise- und Ausreisezentrum ist ein gemeinsames Projekt vom Bund und dem Land Brandenburg. Das wird aus einer Mitteilung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) deutlich. Laut der Petition stellt die Brandenburger Landesregierung hunderte Millionen für das Einreise- und Ausreisezentrum zur Verfügung. Der Flüchtlingsrat Berlin fordert, dass das Geld stattdessen für die „Teilhabe geflüchteter Menschen, sozialen Wohnungsbau und steigende Energiekosten“ investiert wird.

Mehr zum Thema Flucht und Migration? Innenministerin Nancy Faeser (SPD) erntete vor kurzem scharfe Kritik: „Macht Stimmung gegen Menschen in Not“: Scharfe Kritik nach Faesers Aussage zu Geflüchteten.

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