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Corona-Impfstoff: Spahn dämpft Hoffnungen - wird es nie einen geben?

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Von: Alicia Greil

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Je schneller ein Impfstoff gegen das Coronavirus gefunden würde, umso besser. Doch Gesundheitsminister Spahn drückt auf die Bremse: Bis es so weit ist, könne es noch Jahre dauern, sagt er.

Berlin - Er würde ein Ende des Lockdowns und all seiner fatalen Folgen versprechen und ist deshalb die große Hoffnung von Politikern, Wirtschaftsexperten und der Bevölkerung: Ein Impfstoff* gegen das Coronavirus. In wohl kaum einem Bereich wird derzeit mit ähnlich viel Hochdruck geforscht. Dennoch äußerte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag skeptisch über die baldige Verfügbarkeit eines Impfstoffs. 

Coronavirus-Impfstoff: Spahn macht wenig Hoffnung auf baldigen Forschungserfolg

„Ich freue mich, wenn es in wenigen Monaten gelänge“, einen Impfstoff zu entwickeln, sagte er am Sonntagabend in der ARD. „Ich finde aber, wir müssen auch realistisch bleiben: Es kann auch Jahre dauern, weil es natürlich auch Rückschläge geben kann.“ Ähnliche Töne schlug auch Forschungsministerin Anja Karliczek am Montag in Berlin an. „Wir dürfen keine Wunder erwarten“, sagte de Ministerin. Demnach sei davon auszugehen, dass ein Impfstoff frühestens Mitte nächsten Jahres zur Verfügung stehen werde - und dieser werde dann vielleicht nicht alle Erwartungen erfüllen. 

So könne es etwa sein, dass der Impfstoff vielleicht nur vor schweren Erkrankungen schützen werde oder aber die Impfung wieder „aufgefrischt“ werden müsse, erklärte sie und fügte hinzu: „Wenn wir von einem Jahr reden, wäre das rasend schnell.“ Üblicherweise nehme die Entwicklung eines Impfstoffes mehrere Jahre in Anspruch. 

Mit einem noch bedrückenderen Szenario beschäftigt sich unterdessen Dr. David Nabarro, Professor für globale Gesundheit am Imperial College in London. „Wir können uns nicht sicher sein, dass es überhaupt einen Impfstoff gegen Covid-19 geben wird - und wenn es einen geben wird, ob er alle Tests auf Wirksamkeit und Sicherheit überstehen wird“, gab Nabarro in einem Bericht von CNN zu bedenken. So weist der Forscher darauf hin, dass es auch andere Viren gibt, für die bis heute kein Impfstoff gefunden wurde. Denn häufig Scheitern die Forschungen an einem Impfstoff oder sind von herben Rückschlägen geprägt. Beispiele sind etwa Rhinoviren oder Adenoviren, die wie Coronaviren Erkältungssymptome auslösen können. Laut CNN gibt es überhaupt nur zwei Impfstoffe gegen Adenoviren.

Coronavirus: Forscher entwickeln Zukunftsszenarien über ein Leben mit Corona

Und auch gegen Krankheiten wie Aids oder Dengue-Fieber wird seit langem erfolglos an einem Impfstoff geforscht. Daher stellt sich in der Tat die Frage: Was passiert, wenn nie ein Impfstoff gefunden wird? Dafür gebe es nur zwei Szenarien, heißt es in einem Artikel von Focus.de: Ein wirksames Medikament* oder aber ein Leben mit Corona. Keith Neal, ehemaliger Professor für Epidemiologie an der Universität Nottingham skizziert im Gespräch mit CNN, wie ein Leben mit Corona aussehen würde. Einen Lockdown* könne es demnach wegen der daraus entstehenden Schäden nicht ewig geben. Für Neal steht fest: „Wir müssen das Virus anders kontrollieren.“ Wie das aussehen könnte:

Auch Dr. Peter Hotez, ein amerikanischer Tropenmediziner, erklärt gegenüber CNN: „Wir bräuchten ein Gesundheitssystem, das vieles ermöglicht.“ Als Beispiele nennt er Kontaktnachverfolgung, Frühwarnsysteme für Social Distancing und Diagnose am Arbeitsplatz. „Wenn es dann nur wenig Übertragung des Virus gibt, könnten auch wieder große Veranstaltungen stattfinden. Aber nicht dauerhaft und unter ständiger Kontrolle von Politik und Gesundheitsbehörden“, prognostiziert Hotez. 

Coronavirus: Ohne Impfstoff wäre ein Wechseln von Lockdown und Lockerung möglich

Das bedeutet jedoch, dass ein ständiger Wechsel zwischen Lockdown und Lockerungen drohen würde. So wären bei niedrigen Infektionszahlen Fußballspiele mit Publikum, Konzerte, Restaurantbesuche und ähnliches möglich - bis es zu einem Anstieg der Infektionen kommt. „Die Lockdowns, die aktuell weltweit gelockert werden, könnten jederzeit wiederkommen“, warnt auch Nabarro im Gespräch mit CNN. Es käme immer wieder zu Krankheitsausbrüchen und alles würde wieder zurückgefahren. 

Keine besonders angenehmen Aussichten. Diese Überzeugung teilt wohl auch die Bundesregierung. Denn am Montagnachmittag wurde bekannt, dass Deutschland 525 Millionen Euro für die internationale Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen das Coronavirus bereitstellen will. Das teilte Kanzlerin Angela Merkel bei einer Online-Geberkonferenz mit. 

Und auch Frankreich will sich an der internationalen Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten beteiligen: Das Nachbarland plant, diese Forschung mit 500 Millionen Euro zu unterstützen. 

Coronavirus-Impfstoff: Merkel kritisiert, dass nicht alle Länder bei Forschung kooperieren

Weniger großzügige Länder hat Bundeskanzlerin Merkel bei der Konferenz hingegen kritisiert, ohne konkret zu werden. Sie wies darauf hin, dass die Pandemie eine globale Herausforderung* sei, die auch nur mit einer weltweiten Zusammenarbeit besiegt werden könne. In diesem Zusammenhang kritisierte sie, dass nicht alle zu einer multilateralen Zusammenarbeit bereit seien. „Es ist eine Stunde der Hoffnung“, betonte sie dennoch. Und kündigte an: „Deutschland wird sich tatkräftig einbringen.“

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

cia mit dpa und AFP

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