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Vor 15 Jahren: 9 Tote bei Flammen-Hölle in Ludwigshafen – Ursache für immer ungeklärt?

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Von: Peter Kiefer

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Rheinland-Pfalz - Bei einem Brand in einem Wohnhaus in Ludwigshafen sterben vier Frauen und fünf Kinder. Jetzt jährt sich die Katastrophe zum 15. Mal. Die Ursache bleibt ein Rätsel:

Es sollte der fröhlichste Tag des Jahres in Ludwigshafen werden – der Fastnachtssonntag 2008. Doch jener 3. Februar wurde zum bis heute schlimmsten Tag der Nachkriegsgeschichte der an Katastrophen nicht armen Chemiestadt, den wahrscheinlich kein Ludwigshafener jemals vergessen wird. Bei einem verheerenden Feuer in einem mehrstöckigen Mehrfamilienhaus im Stadtteil Mitte sterben neun Menschen in den Flammen: fünf Kinder und vier Frauen.

Vor Flammen gerettet: Mann lässt Baby Onur aus Fenster fallen, Polizist fängt ihn auf

Kurz nach dem gemeinsamen Fastnachtsumzug der Städte Ludwigshafen und Mannheim, der direkt am Unglückshaus vorbeiführte, brach das Feuer aus. In Minutenschnelle fressen sich die Flammen vom Keller bis hoch in den Dachstuhl durch. Angesichts zehntausender Zuschauer des närrischen Lindwurms, die die Straßen verstopften, eine zusätzliche Herausforderung.

Wegen des brennenden Treppenhauses war vielen Bewohnern der oberen Etagen der Rettungsweg ins Freie abgeschnitten. Die Folge: Viele versuchten, sich durch Sprünge aus den Fenstern in Sicherheit zu bringen.

Einsatzkräfte der Feuerwehr bei Löscharbeiten am 4. Februar 2008 an einem ausgebranntem Wohnhaus in Ludwigshafen (RLP). Bei dem Brand tags zuvor kamen neun Menschen ums Leben, 60 weitere wurden dabei verletzt. (Archivfoto)
Einsatzkräfte der Feuerwehr bei Löscharbeiten am 4. Februar 2008 an einem ausgebranntem Wohnhaus in Ludwigshafen (RLP). Bei dem Brand tags zuvor kamen neun Menschen ums Leben, 60 weitere wurden dabei verletzt. (Archivfoto) © Ronald Wittek/picture alliance/dpa

„Das vergesse ich nie!“ – Polizist erinnert sich an Feuer-Katastrophe

Unvergessen, wie Bewohner Kamil Kaplan, der selbst letztendlich acht Familienmitglieder (darunter seine Ehefrau und mehrere Kinder) in den Flammen verliert, seinen erst wenige Monate alte Neffen Onur aus einem Fenster im 3. Stockwerk in die rettenden Arme des Polizisten Uwe Reuber fallen lässt.

In einer SWR-Doku erinnert sich der Retter: „Das vergesse ich nie. Der hatte pechschwarze Augen, der Kamil. Wir sind aus Leibeskräften am Hochrufen: ‚Nein, nein, nein, mach es nicht, mach es nicht!‘ Ich habe diese Augen gesehen. Ich wusste: Er lässt ihn fallen. Er hat ihn nicht geworfen, er hat ihn fallenlassen, den kleinen Mann.“

Ausgebranntes Wohnhaus in Ludwigshafen
Das ausgebrannte Wohnhaus in Ludwigshafen rund drei Wochen nach der Katastrophe am 3. Februar 2008. (Archivfoto) © picture-alliance/ dpa

Brand-Katastrophe in Ludwigshafen mit 9 Toten – auch Ministerpräsident Erdogan reiste an

Da alle neun Opfer sowie die meisten der rund 60 teils schwer Verletzten in dem Haus am Danziger Platz im Stadtteil Mitte unweit des Rathaus-Centers türkischer Herkunft sind, reiste damals sogar der damalige türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan mit seiner Frau Emine wenige Tage später extra nach Ludwigshafen zur Unglücksstelle, um den Hinterbliebenen sein Beileid auszusprechen und die Arbeit der Ludwigshafener Einsatzkräfte zu würdigen.

Jetzt jährt sich die schreckliche Feuer-Tragödie vom 3. Februar 2008 mit neun toten Frauen und Kindern bereits zum 15 Mal, über die auch LUDWIGSHAFEN24 berichtet hat.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (2.v.l.) spricht im Beisein des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten, Kurt Beck (SPD - 2.v.r.), der Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer (re.) und seiner Frau Emine Erdogan (li.) vor dem ausgebrannten Wohnhaus in Ludwigshafen. (Archivfoto)
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (2.v.l.) spricht im Beisein des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten, Kurt Beck (SPD - 2.v.r.), der Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer (re.) und seiner Frau Emine Erdogan (li.) vor dem ausgebrannten Wohnhaus in Ludwigshafen. (Archivfoto) © Ronald Wittek/picture alliance/dpa

Feuer in Ludwigshafener Wohnhaus mit 9 Toten – Ursache bis heute unklar

Schon kurz nach dem schrecklichen Brand machen schlimme Gerüchte die Runde – war es Brandstiftung? Türkische Medien verbreiten sogar die Behauptung eines Brandanschlags von Rechtsextremen. Zudem wird der Feuerwehr der ungeheuerliche Vorwurf gemacht, absichtlich nicht schnell genug vor Ort gewesen zu sein. Obwohl die Einsatzkräfte bereits nach wenigen Minuten am Danziger Platz waren, wurden sie teils beschimpft und bespuckt.

Die Stimmung schaukelte sich gefährlich hoch. Kurt Beck, der damalige SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, sowie weitere hochrangige Politiker kommen nach Ludwigshafen, um die Lage zu beruhigen. Fakt ist: Die genaue Brandursache ist bis heute unklar – und wird es wohl auch für immer bleiben. Während Brandstiftung ausgeschlossen wurde, war das Feuer vielmehr fahrlässig unter der Kellertreppe ausgebrochen.

Brandkatastrophe in Ludwigshafen
Die Brandkatastrophe vor 15 Jahren am Danziger Platz mitten in Ludwigshafen (RLP). (Archivfoto) © picture alliance / Boris Roessler/dpa

Der SWR erinnert in der dreiteiligen Doku „Feuerkinder – Über Leben nach der Katastrophe“ an die Tragödie von Ludwigshafen. Zu sehen ab dem 20. Februar in der ARD Mediathek sowie als 90-minütiger Film am 22. Februar (20:15 Uhr) im SWR Fernsehen. (pek)

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