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100 Jahre alter KZ-Wärter vor Gericht: Beihilfe zum Mord in 3518 Fällen

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Eine Baracke des KZ Sachsenhausen. Ein 100 Jahre alter ehemaliger Wachmann steht vor Gericht.
Eine Baracke des KZ Sachsenhausen. Ein 100 Jahre alter ehemaliger Wachmann steht vor Gericht. © Paul Zinken/dpa

Zehntausende Häftlinge kamen im Konzentrationslager Sachsenhausen vor und während des Zweiten Weltkriegs ums Leben. Ein ehemaliger Wachmann muss sich verantworten.

Neuruppin – 3518 – das ist die Zahl der Mordfälle, für die sich ein ehemaliger KZ-Wachmann ab dem 7. Oktober 2021 vor dem Landgericht Neuruppin in Brandenburg wegen seiner Beteiligung verantworten muss. Der inzwischen 100-jährige Angeklagte soll zwischen 1942 und 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen unter der Leitung der Nationalsozialisten nahe Berlin wissentlich und willentlich Hilfe zur grausamen Ermordung von Lagerinsassen geleistet haben, heißt es in der Anklage. Es gehe um Beihilfe zum Mord in 3518 Fällen.

Das Gericht hat insgesamt 22 Verhandlungstage bis in den Januar 2022 terminiert. Der 100 Jahre alte Mann ist nur eingeschränkt verhandlungsfähig, wie ein Gutachten festlegte. Daher ist es ihm nur möglich, wenige Stunden an der Verhandlung teilzunehmen. „Deswegen wurden so viele Verhandlungstage festgesetzt“, sagte Gerichtssprecherin Iris le Claire.

KZ Sachsenhausen: 100 Jahre alter Wachmann vor Gericht

Für die Hinterbliebenen der durch die Nationalsozialisten getöteten Lagerinsassen ist die juristische Aufarbeitung wichtig. Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen mit Sitz in Ludwigsburg ermittelt noch lebende Wachleute.

Wurde ein ehemaliger Wachmann gefunden, wird das Verfahren an die zuständige Staatsanwaltschaft gegeben. Aber auch dann ist es nicht sicher, dass ein Prozess stattfindet: Immer wieder werden Verfahren eingestellt, weil die Beschuldigten zwischenzeitlich verstorben sind oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr vor Gericht erscheinen können.

KZ Sachsenhausen: Nazis inhaftieren über 200.000 Menschen

Das KZ Sachsenhausen wurde am 21. März 1933 von einer örtlichen SA-Standarte in einem leer stehenden Fabrikgebäude errichtet. Dort waren in der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs zwischen 1936 und 1945 nach Angaben der dortigen Gedenkstätte mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Unter den Häftlingen befanden sich politische Gegner des NS-Regimes, laut NS-Ideologie „minderwertige“ Gruppen wie Juden, Sinti und Roma oder „Asoziale“. Zehntausende Häftlinge kamen dort durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen der Nationalsozialisten. (marv/dpa)

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