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Immo-Anzeige sorgt für Wirbel: Münchner will nur an „deutsch sprechende Menschen“ vermieten

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Diskriminierung ist auch auf dem Wohnungsmarkt nicht erlaubt – allerdings auch in München gang und gäbe. Welche Einschränkungen sind erlaubt, und welche nicht?

Am Anfang des Textes klingt alles wie eine gewöhnliche Wohnungsannonce im Internet. Es geht um eine Vierzimmerwohnung im Osten der Stadt München – nicht ganz billig, aber immerhin verfügbarer Wohnraum. Ganz am Ende der Anzeige traut man dann aber seinen Augen kaum. Unter „Sonstiges“ steht da wortwörtlich „Ich vermiete die Wohnung an deutsch sprechende Menschen“. Eindeutig eine Diskriminierung. Man fragt sich: Ist so etwas eigentlich erlaubt? Und auch ganz grundsätzlich: Was darf der Vermieter einem Wohnungsinteressenten verbieten?

Wohnungsinserat im Netz: Für Vermieter kommen nur „deutsch sprechende Menschen“ infrage

Für Immobilienscout24, auf dessen Portal die besagte Anzeige veröffentlicht wurde, ist die Lage klar. „In unseren AGB steht, dass Verstöße gegen die guten Sitten beziehungsweise diskriminierende Inhalte nicht geduldet werden. Wenn uns ein Nutzer solch einen Fall meldet, wird das Inserat gelöscht“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Und: „Das haben wir auch im vorliegenden Fall so gemacht.“

Inserat in München
Im Inserat werden deutliche Ansprüche seitens des Vermieters formuliert. © Imago/Screenshot

Was ist allgemeine Rechtslage? Sebastian Bickerich, Sprecher der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, erläutert, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Diskriminierung verbiete. „Das gilt auch für den Wohnungsmarkt – etwa, wenn ein Interessent aufgrund seiner Herkunft abgelehnt wird. Leider gibt es keine konkreten Regelungen für Wohnungsanzeigen.“ Das heiße aber nicht, dass rassistische Diskriminierung hier erlaubt sei, so Bickerich.

Welche Ausschlusskriterien dürfen Vermieter anwenden?

Er führt einen Fall an, bei dem ein Interessent in ähnlicher Lage sogar eine Entschädigung bekommen hat. Der Vermieter hatte in einer Zeitung eine Wohnung „an Deutsche“ angeboten. Der Kläger, der aus Burkina Faso (Westafrika) stammte, wurde vom Vermieter abgelehnt. Das Amtsgericht Augsburg sprach ihm im Nachgang einen Anspruch auf Entschädigung gegen den Beklagten in Höhe von 1000 Euro zu. Denn hier greift das AGG. Der Vermieter sei durch die Anzeige aus dem rein privaten Bereich herausgetreten.

Wie aber verhält es sich bei anderen Ausschlusskriterien des Vermieters? Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gegen Diskriminierung greift nicht nur bei der Herkunft, sondern umfasst etwa auch Alter, Behinderungen, Geschlecht, Religion beziehungsweise Weltanschauung sowie sexuelle Identität.

Diskriminierung bei der Wohnungssuche: Effekt zeigt sich in München besonders deutlich

Nicht erfasst sind dagegen etwa Raucher, Tierhalter oder Mieter, die Musikinstrumente spielen. Wie ist hier die Lage? „Ein generelles Rauch-, Tierhaltungs- oder Musikspielverbot oder ein Verbot, Kinder zu bekommen, ist im Mietvertrag in der Regel unwirksam“, sagt Anja Franz vom Mieterverein München. Wenn aber in einem vorherigen Gespräch ausdrücklich zugestimmt wurde, dass der Mieter nicht rauchen, ein Instrument spielen oder Tiere halten wird, dann sei es vom Einzelfall abhängig, ob er sich daran halten müsse.

Ein Knackpunkt in vielen umstrittenen Fällen: Die meisten Vermieter nennen ihre Ausschlusskriterien nicht ausdrücklich in der Wohnungsanzeige und äußern diese auch nicht persönlich gegenüber den Interessenten. Anja Franz’ Erfahrung: „Prinzipiell ist es oft schwer, dem Vermieter nachzuweisen, dass er Mieter wegen der Herkunft, des Alters oder ähnlichen Kriterien nicht ausgewählt hat.“

Für viele Vermieter sind solche Kriterien dennoch ausschlaggebend. Ein vor einigen Jahren groß angelegtes Experiment von Journalisten des Bayerischen Rundfunks und des Spiegel, für das 20.000 Wohnungsanfragen mit fiktiven deutschen und nicht deutschen Profilen verschickt wurden, ergab: Besonders schwer hatten es Wohnungssuchende mit türkischer oder arabischer Herkunft. In jedem vierten Fall, in dem ein Deutscher eine Einladung zu einer Besichtigung bekam, wurden sie übergangen. In München zeigte sich der Effekt besonders deutlich. (Nina Bautz)

„Sie befinden sich in einer Partner-Konstellation außerhalb der Norm.“ Mit dieser Begründung zog ein Münchner Vermieter die Wohnungszusage für ein Paar im Jahr 2021 wieder zurück.

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