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Ärger mit Eurowings: Schob Airline falsche Gründe vor, um Entschädigung zu sparen?

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Ein Flug von Köln nach Wien wurde von Eurowings einfach gestrichen. Eine Entschädigung verweigert die Airline – und schiebt das Wetter vor. Eine bekannte Masche laut Flugrechtsexperten.

Köln – Als Karin G. mit ihren beiden Kindern an einem schönen Sommertag am Flughafen Köln/Bonn ankam, war die Urlaubswelt noch in Ordnung. In wenigen Stunden sollte es für die Drei nach Wien gehen. Die Vorfreude war groß. Bis es reichlich Ärger mit Eurowings gab.

Es war der 24. Juli 2023, als die Frau aus Bad Honnef (Rhein-Sieg-Kreis) am Airport per Mail und SMS zunächst um 16:40 Uhr benachrichtigt wurde, dass Flug EW754 eine Stunde später, also erst um 19:20 Uhr Richtung Österreich abhebt.

Bodencrew hatte bei Durchsage der Annullierung Tränen in den Augen

Airbus A320 der Eurowings auf dem Vorfeld Flughafen Köln/Bonn
Kein Boarding, kein Abflug: Ein Eurowings-Flug von Köln nach Wien wurde am 24. Juli 2023 einfach gestrichen. © Eibner / Imago

Um 19:03 Uhr, als das Bodenpersonal die letzten Vorbereitungen zum Boarding vollzog, zahlreiche Passagiere am Gate bereits aufgestanden waren, wurde der Abflug erneut verschoben, diesmal auf 19:40 Uhr. Wenig später wurde er annulliert. „Vor Ort hat uns niemand über die Gründe aufgeklärt“, erinnert sich Karin G. Seltsam sei für sie gewesen, dass ein Mitglied der Bodencrew bei der Durchsage der Annullierung Tränen in den Augen hatte.

Die Bad Honneferin bekam um 20:58 Uhr, also fast zwei Stunden nach der Annullierung, eine E-Mail von Eurowings. Der Inhalt: „Ihr Flug EW754 wurde leider annulliert. Wir arbeiten an einer Lösung.“ Einen schnellen Lösungsversuch von Seiten der Airline gab es an dem Abend nicht, so wurde zum Beispiel versäumt, zumindest einen Teil der Passagiere mit der Deutschen Bahn nach Frankfurt zu bringen, um sie dann mit Austrian Airlines (wie Eurowings eine Tochter der Lufthansa) um 21:50 Uhr nach Wien zu fliegen. Stattdessen passierte nichts.

Entschädigung für den gestrichenen Flug: Eurowings lehnt ab

Karin G. fuhr wieder nach Hause, buchte selbstständig auf einen Abflug zwei Tage später um, erinnerte sich aber an die Möglichkeit, gemäß der europäischen Fluggastrechteverordnung eine Entschädigung von Eurowings einzufordern. Für drei Passagiere wären das aufgrund der sehr kurzfristigen Annullierung ohne ersichtlichen Grund drei Mal 250 Euro. Auf ihre Mail reagierte Eurowings allerdings nicht wie erwartet, die Airline führte an, dass ein Start „witterungsbedingt“ nicht möglich gewesen sei, somit „außergewöhnliche Umstände“ vorlägen und eine Ausgleichszahlung daher nicht erfolgt.

Angesichts der Tatsache, dass in Köln-Bonn im fraglichen Zeitraum problemlos alle anderen Airlines (und auch Eurowings selbst) starten konnten, was auch der Flughafen-Betreiber auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte und sich mit Daten von Flightradar24.com deckt, korrigierte Eurowings die Begründung. Diesmal seien es „witterungsbedingte Gründe auf der Flugroute“, die eine Annullierung notwendig gemacht hätten.

Wo genau will (kann oder darf) Eurowings nicht sagen – eine Aussage dazu ist erst vor Gericht erforderlich. Bei Eurowings herrscht auch auf Anfrage unserer Redaktion maximale Intransparenz, simple Anfragen werden über Wochen nicht beantwortet. Fakt ist: In Wien landeten am Abend des 24. Juli zahlreiche Maschinen. Zur fraglichen Zeit hob auch ein Austrian-Flieger auf der sehr ähnlichen Route vom Flughafen Frankfurt/Main nach Wien ab. Und dass zum Beispiel eine vermutlich den gesamten Abend zwischen Montabaur und Limburg hängende Gewitterzelle dafür sorgt, dass ein Flug gestrichen werden muss, anstatt verspätet abzufliegen, kann zwar sein, erscheint aber wenig glaubhaft.

Flugrechtsexperte: „Airlines schieben bei Annullierungen oft unwahre Gründe vor“

„Dass Airlines bei Annullierungen unwahre Gründe vorschieben, ist in meinen über 1500 Fällen, die ich pro Jahr betreue, üblich“, erklärt Matthias Böse. Der auf das Luftfahrtrecht spezialisierte Rechtsanwalt hält die „außergewöhnlichen Umstände“, auf die sich Airlines bei Fällen von Erstattungsansprüchen häufig berufen, ohnehin für Unsinn.

Böse erläutert, dass entscheidend vielmehr sei, ob es nicht doch eine Möglichkeit gab, rechtzeitig(er) an das Ziel zu gelangen, und sei es mit anderen Verkehrsmitteln. Böse: „Ergreift ein Luftfahrtunternehmen solche Maßnahmen nicht, ist es zur Ausgleichsleistung verpflichtet, selbst wenn außergewöhnliche Umstände die Verspätung oder Annullierung verursacht haben.“

Familie G. steht derzeit weiterhin mit Eurowings in Kontakt, hofft auf eine Einigung – zur Not über den juristischen Weg. (fu/IDZRNRW) Autor: Felix Ulrich.

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