Trigema-Chef Wolfgang Grupp: „Wenn Sie der Letzte in einer Branche sind, sind Sie automatisch der Größte“

Die schwäbische Textilfirma Trigema ist stolz darauf, noch vollständig in Deutschland zu produzieren. Geschäftsführer Wolfgang Grupp weiß um sein Alleinstellungsmerkmal, gibt aber auch zu, dass es an Konkurrenz fehlt.
Burladingen - In der Textilbranche gibt es heute nur noch wenige Firmen, die ihre Produkte in Deutschland fertigen lassen – schon gar nicht vollständig. Umso erstaunlicher erscheint es, dass ein 1.200-Mann-Betrieb aus Burladingen auf der Schwäbischen Alb noch immer sein Versprechen, 100 Prozent in Deutschland zu produzieren, halten kann: Trigema ist über die Grenzen von Baden-Württemberg hinaus bekannt und positioniert sich klar als nachhaltiger Kleidungshersteller mit Tradition. Seit dem Ukraine-Krieg kämpft Geschäftsführer Wolfgang Grupp mit steigenden Energiepreisen – dennoch betont er stets, dass bei Trigema keine Entlassungen zu befürchten sind. Wie schafft es der Mittelständler, in Krisenzeiten noch immer so gut dazustehen?
Trigema ist das einzige vollstufig produzierende Textilunternehmen Deutschlands
„Trigema ist Deutschlands größter Hersteller von Sport- und Freizeitkleidung“, sagt Wolfgang Grupp in einem Vortrag, der derzeit auf TikTok viral geht. „Aber bitte messen Sie diesem Ausdruck nichts bei. Wenn Sie der Letzte in einer Branche sind, sind Sie automatisch der Größte oder der Kleinste. Und da ich gerne auch mal ein bisschen was sage, sage ich gerne der Größte.“ Zwar macht der Trigema-Boss bekanntlich gerne mal einen Witz, verstecken muss er sich allerdings nicht. Die Verkaufszahlen sprechen für sich: Mehr als 4,5 Millionen Kleidungsstücke verlassen Jahr für Jahr das Trigema-Werk. Mit einem Umsatz von 122,3 Millionen Euro jährlich (2020) zählt die Firma mehr als 100 Jahre nach ihrer Gründung als erfolgreiches Familienunternehmen.
Heute ist Trigema das einzige noch vollstufig produzierende Textilunternehmen in Deutschland, mit dem Hauptwerk in Burladingen sowie Zweitwerken in Altshausen und Rangendingen. Alle Produktionsschritte – vom Entwurf über die Herstellung bis zum Marketing und Vertrieb – sind unter dem Dach von Trigema vereint. Zehn Tonnen Garn werden hier täglich verarbeitet, rund um die Uhr laufen vollautomatische Rundstrickmaschinen. Jeweils knapp 2.000 Nadeln produzieren insgesamt rund viereinhalb Millionen Maschen in der Minute. Würde man diese Menge von Hand stricken wollen, bräuchte man dafür fast 80.000 Strickerinnen.
Seit mehr als einem halben Jahrhundert an der Spitze des schwäbischen Unternehmens: Wolfgang Grupp. Der Firmenpatriarch ist stolz, „bis zu drei Generationen gleichzeitig“ in der Firma zu beschäftigen. Laut eigenen Angaben pflegt er einen guten Draht zu seinen Angestellten. Nun scheint allerdings die Zeit gekommen, die Firma in eine neue Generation zu überführen. Noch im Jahr 2023 will Grupp all seine Firmenanteile an seine Frau übergeben, bevor diese Trigema an eines der zwei Kinder übergibt. Ob Sohn Wolfgang Junior (*1991) oder Tochter Bonita (*1989) in Zukunft im Chefsessel sitzen wird, ist noch nicht abschließend geklärt.
Wolfgang Grupp: Auch nach seiner Zeit als Geschäftsführer will er in der Firma mithelfen
Auch, wenn er sich Ende des kommenden Jahres als Geschäftsführer zurückzieht, bedeutet das nicht, dass Grupp Senior sich vollständig verabschieden wird. Obwohl er sich getrost zurücklehnen und seine Freizeit genießen könnte, denkt der Trigema-Chef nicht, dass ihn das glücklich machen würde. „Das Schönste im Leben ist nicht, sein Geld zu zählen, sondern gebraucht zu werden“, sagt er. „Und solange man mir noch das Gefühl gibt, dass ich hier gebraucht werde, komme ich gerne her.“