Im Abstiegskampf

Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt steht heute vor einer ganz schweren Aufgabe: Der Meister kommt.
Wenn Armin Veh mit Jerry, seinem geliebten Flat Coated Retriever durch den Taunus spaziert, dann hat er noch Zeit zum Träumen. Wenn der Trainer von Eintracht Frankfurt dann aber wieder zu seinem Arbeitsplatz im Stadtwald eilt, dann holt ihn von Kilometer zu Kilometer mehr die Realität ein.
Und die ist trübe. Lediglich ein Sieg in den letzten sechs Punktspielen, dann auch noch die Pokal-Blamage von Aue im Kopf und das heutige Heimspiel gegen Bayern München (20.30 Uhr) vor sich. Da ist der zwölfte Tabellenplatz trügerisch. Und deshalb rief Veh am Donnerstag unverblümt den Abstiegskampf aus: „Dass wir auf Platz zwölf stehen, ist kein Weltuntergang. Aber man muss die Realität sehen und ganz klar sagen, dass wir derzeit darum kämpfen, drei Teams hinter uns zu lassen.“ Dafür werde er alles tun.
Vor der Saison und auch in den letzten Wochen waren die Hoffnungen groß, andere Ziele ausgeben zu können. Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing hatte öffentlich von Porto und Bordeaux, also vom erneuten Erreichen der Europa League geträumt.
„Ich träume auch gerne, aber man muss auch realistisch sein“, erklärte Veh gestern. Der Auftritt in Aue sei „beschämend“ gewesen, und bei den kommenden Gegnern sei in den nächsten Wochen alles möglich, ein weiteres Abrutschen oder ein Aufwärtstrend.
Dafür gibt es jedoch derzeit keine Hinweise. Zu viele Spieler sind weit entfernt von ihrer Normalform. Der 54-Jährige will nicht auf sie draufhauen, denn „der Charakter der Jungs ist total in Ordnung“. Keiner sei „stinkig faul“, aber mit zu vielen negativen Dingen beschäftigt. Und Veh vermisst, von Torhüter Lukas Hradecky abgesehen, die unbedingte Siegermentalität. Deswegen der Blick nach unten: „Ich kann nicht Dinge verlangen, die wir im Moment nicht können.“
Erklären kann er den Formverlust nicht wirklich. Ein Stefan Reinartz habe in der Vorbereitung einen überragenden Eindruck hinterlassen. Jetzt sei er „völlig von der Rolle“. Aber auch andere Stützen wie Haris Seferovic oder auch Alex Meier bringen nicht das gewohnte Niveau. Die Kritik, Meier müsse als Kapitän mehr voran gehen, lässt Veh nicht gelten: „Keiner zweifelt daran, dass Alex einen einwandfreien Charakter hat. Aber das Tragen einer Binde verändert ihn nicht, er ist halt so wie er ist.“ Nicht er, alle müssten hart daran arbeiten, um wieder ein wettbewerbsfähiges Team zu bilden.
Keine guten Voraussetzungen also für das Gastspiel des deutschen Rekordmeisters, der in dieser Bundesliga-Saison bisher nur Siege gefeiert hat. Natürlich sind die Bayern der Goliath, aber das dürfe doch den David nicht daran hindern, „gewinnen zu wollen, auch wenn das nicht unbedingt realistisch ist. Aber was ist denn der Urgedanke des Sports? Man will immer gewinnen.“
Und deshalb grübelt Armin Veh noch über die beste Taktik nach. Beton anrühren, um dann doch ein Tor zu kassieren? Oder mutig vorne drauf gehen, „denn irgendwann werden auch die Münchner Punkte abgeben.“ Immerhin ist David Abraham wieder fit, steht als Alternative für die Innenverteidigung zur Verfügung.
Entscheidend wird weniger sein, wer im ausverkauften Stadion aufläuft, sondern mit welcher Einstellung jeder in die Partie geht. „Ich will, dass wir das Beste aus uns herausholen“, fordert Veh, der erneut einen Rücktritt wie in Stuttgart im November 2014 ausschloss. Er will kämpfen und versuchen, dass die Spieler trotz der Niederlagen Spaß an ihrer Arbeit haben. „Wenn ein neuer Trainer kommt, heißt es immer, dass die Spieler wieder Spaß haben.“ Deshalb dürfe man den auch bei einem alten Trainer nicht verlieren.