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Demut vor dem Vereinsgericht

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Von: Stefan Fritschi

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Pyroshow im Stadion: Viele Fans mögen das trotz Verboten.
Pyroshow im Stadion: Viele Fans mögen das trotz Verboten. © Christian Klein

Wenn Fußball-Fans Pyrotechnik abbrennen, müssen sie mit harten Strafen rechnen. Es sei denn, sie zeigen Reue. Noch einzigartig in der Bundesliga: Eintracht Frankfurt geht neue Wege.

So stürmisch wie einst im Fanblock im Leverkusener Stadion verhielten sie sich gewiss nicht an der traditionsreichen Heimstätte ihres Lieblingsvereins. Demütig, ja kleinlaut betraten die beiden Hardcore-Anhänger der Frankfurter Eintracht den Konferenzraum, in dem über ihre mittelfristige Fan-Zukunft entschieden werden sollte. Verständlich, waren sie doch beim Abbrennen von farbenprächtiger Pyrotechnik identifiziert worden. Und nun galt es, mit einem blauen Auge, sprich gemäßigter Sanktion, davonzukommen.

„Sie waren einsichtig“, erinnert sich Stefan Minden, Rechtsanwalt und Vizepräsident des Eintracht Frankfurt e.V., an den „Prozessablauf“. Anstatt ein mehrjähriges Stadionverbot einzukassieren und eine mögliche vierstellige Geldstrafe, wurde ihnen ehrenamtliche Arbeit im Verein als Wiedergutmachung auferlegt. Da konnten die Endzwanziger erst mal durchatmen.

Stefan Minden ist eines von fünf Mitgliedern des sogenannten Vereinsgerichts der Eintracht. Des Weiteren gehören Rolf Heller, Helmut Weintraud (beide Ehrenrat), Ottmar Ullrich (Abteilungsleiter Fußball) und Henning Schwarz (Vorstand Fan- und Förderabteilung) diesem Gremium an.

Ein Gremium, das es laut Minden und Philipp Reschke, Leiter der Rechtsabteilung der Eintracht AG, nur in Frankfurt gebe. Das könnte sich in absehbarer Zeit jedoch ändern. Richter Hans Lorenz vom DFB-Sportgericht bezeichnet das Vereinsgericht jedenfalls als „modellhaft für die Bundesliga“.

Auslöser für die Entwicklung und Installierung dieses moderaten Sanktionsmodells waren Ausschreitungen von Eintracht-Fans im Januar 2013 – übrigens auch in Leverkusen. Es war gerade eine Viertelstunde gespielt, da sorgten SGE-Fans mit einer Pyroshow für eine sechsminütige Spielunterbrechung – und der Fußball-Bundesligist erhielt eine Rekordstrafe von 100 000 Euro aufgebrummt.

Der Hintergedanke: Einerseits ist es die Eintracht leid, für die Verfehlungen ihrer Fans ständig in die Schatulle greifen zu müssen. Andererseits, das wird freilich nach außen nicht so artikuliert, wollen die AG-Verantwortlichen einen Dauerkonflikt mit ihrer erlebnisorientierten Klientel, hauptsächlich Ultras und immerhin mehrere hundert Mann stark, nicht heraufbeschwören.

Mit dem Modell Vereinsgericht, quasi eine Mediationsstelle, wird überführten zündelnden Fans eine Brücke gebaut – aber sie werden zugleich auch in die Pflicht genommen. „Falls die Bedingungen nicht erfüllt werden, dann ist der Vergleich mit ihnen hinfällig“, betont Eintracht-Justiziar Reschke. Denn wenn geständige Pyromanen wieder zündeln, dann werde die AG, sagt Reschke, Regress einfordern, auf den sie unter gestellten Auflagen (zunächst) verzichtet hat.

Ist ein Fan als unerlaubter Feuerwerker im Stadion überführt worden, nimmt die AG mit ihm Kontakt auf. Ziel ist es, einen Vergleich zu arrangieren. Eine Voraussetzung: Er muss Vereinsmitglied sein oder es umgehend werden. Somit kann das Vereinsgericht aktiv werden. Und es wird sich – wie in dem Fall der beiden Zündlern von Leverkusen – auf die geänderte Vereinssatzung beziehen. So steht unter § 7, Absatz 1: „Der Verein und seine Mitglieder stehen für eine lebendige und friedfertige Fankultur und lehnen daher die Gefährdung von Stadionbesuchern, z. B. durch den Einsatz nicht genehmigter Pyrotechnik, ab.“

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