Eintracht Frankfurt gewährt in Doku-Serie seltene Einblicke

Zu den Europapokalspielen bietet die Eintracht seltene Einblicke – und furiose Auftritte. Mit drei Punkten am Donnerstag könnte das auch noch länger so weitergehen.
Und in der Halbzeitpause ertönt dann irgendwo aus dem Nirgendwo die Stimme des Routiniers Jonathan de Guzman. Im Stakkato hämmert der gute alte Johnny ein paar Sätze in das Heiligtum einer Fußballmannschaft: „Wir sind einer mehr, bleibt konzentriert, der Schiri ist mit Karten schnell dabei.“ Kurz darauf geht es dann wieder raus in den brodelnden Fußballtempel im Frankfurter Süden, es gilt, die 2:1-Halbzeitführung gegen Lazio Rom zu verteidigen oder gar auszubauen. Diese Devise hat Eintracht-Trainer Adi Hütter ausgegeben. „Wir gehen auf das dritte Tor.“ Exklusiv und live zu sehen. Direkt aus der Kabine.
Solche Einblicke in das Innenleben einer Profimannschaft gibt es in der sehr ansehnlichen Doku von RTL Nitro zu begutachten, in sieben Teilen zeigt der Spartensender seine aufwendig produzierte Reihe „Countdown für Europa“, an jedem Europapokalspieltag ab 19.45 Uhr, am Donnerstag zum dritten Mal. Das Format kommt an, 700 000 Menschen hätten schon eingeschaltet, der Zugriff in der Mediathek auf die einzelnen Folgen sei ungleich höher als bei allen anderen Sendungen, heißt es. Das hört sich dennoch nicht nach ungeheuer großer Resonanz an, für den RTL-Ableger sei die Quote rund um dieses Pilotprojekt aber ein guter Wert.
Das Stadion als Tollhaus
Die Eintracht musste sich dazu natürlich auch ein Stück weit öffnen, lässt Nähe zu, gewährt Einblicke, die nicht spektakulär, aber für den Fußballfan eher selten zu sehen sind, Teile der Ansprache von Trainer Adi Hütter etwa oder Kevin Trapp in seinem Hotelzimmer. Vorstand Axel Hellmann glaubt, dass es kein Zufall ist, dass sich der TV-Sender die Eintracht herausgepickt hat. Der Club, sagt Hellmann, habe an Strahlkraft gewonnen und werde von allen deutschen Europa-League-Startern am meisten beachtet. „Wir haben die meiste Aufmerksamkeit und die größte Reichweite. Auf uns wird geguckt.“
Auch am Donnerstag wieder, wenn das zweite Heimspiel der Europa League ansteht, dann gegen Apollon Limassol (21 Uhr/Nitro und Dazn), den weitgehend unbekannten Gegner aus Zypern, der mit einem erzielten Punkt gemeinsam mit Olympique Marseille das Tabellenende ziert, während die zurzeit so furios auftretende Eintracht mit sechs Zählern und 6:2 Toren das Tableau anführt. Morgen wird sich das Stadion wieder in ein Tollhaus verwandeln, viele fleißige Helfer basteln die nächste Choreographie zusammen, die Arena wird erneut ausverkauft sein. Der europäische Dachverband Uefa verfolgt das, was in Frankfurt rund um die Europa-League-Auftritte geschieht, mit großer Zufriedenheit: Die Eintracht ist ein Zugpferd des Wettbewerbs, der immer im Schatten der Königsklasse steht, nach Anerkennung sucht und zuweilen auch stiefmütterlich behandelt wird. Mit Bildern wie jenen gegen Lazio Rom lässt sich so ein Produkt ganz anders vermarkten.
Vor Rom soll alles klar sein
Sportlich ist die Partie von einiger Bedeutung, denn die beiden Schwergewichte der Gruppe, Marseille und Rom, hat die Eintracht schon besiegt, gegen den vermeintlich leichtesten Kontrahenten aus Zypern müsste noch zwingend ein Dreier her, um den sechs Bonuspunkten den richtigen Wert zu geben und einen riesengroßen Schritt Richtung Sechzehntelfinale zu machen. Mit neun Zählern wären die Hessen zwar nicht durch, aber sie hätten mehr als die halbe Miete im Sack. Ein Punkt in Limassol zwei Wochen später sollte dann reichen.
Das interne Ziel ist daher klar umrissen: Vor dem abschließenden Gruppenspiel in Rom am 13. Dezember will die Eintracht den Einzug in die nächste Runde bereits perfekt gemacht haben: Zum einen, um unbedingt ein Zitterspiel bei den auf Wiedergutmachung brennenden Italienern zu vermeiden. Zum anderen soll in Rom eine ungetrübtes, ausgelassenes Fest mit rund 15 000 Frankfurter Fans gefeiert werden.
Doch die morgige Partie gegen Apollon ist kein Selbstläufer. Martin Lanig, der international große Momente mit den Frankfurtern erlebte, das Siegtor vor 12 000 Fans in Bordeaux schoss und auf Zypern seine Karriere ausklingen ließ, warnte jetzt im HR, und es klang ganz plausibel, was der kluge Ex-Eintrachtler so sagte: „Man sollte das Spiel zu 100 Prozent ernstnehmen“, denn: „So eine zypriotische Mannschaft ist immer irgendwie gefährlich, weil ein gewisses Maß Unberechenbarkeit im Spiel ist, weil es Eventualitäten gibt, mit denen man nicht rechnet. Die Spiele können in alle Richtungen abdriften.“ Hört sich so ein bisschen nach Fußball im Wildwestformat an.
Schwarzsehen wollte er aber nicht, der 34-Jährige: „Sollte die Eintracht eine ordentliche Leistung bringen, müsste das reichen, um das Spiel zu gewinnen.“ Es muss ja nicht immer eine Gala sein. Auch wenn man sich in Frankfurt so ein bisschen daran gewöhnt hat.