Eintracht Frankfurt: Nach Ausschreitungen bei einem Testspiel müssen Fans zahlen

Über drei Jahre nach Ausschreitungen bei einem Testspiel des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt gegen Leeds kam es gestern zum Prozess.
Frankfurt - Noch bevor der Unparteiische um neun Uhr den Prozess anpfeift, begeht die Verteidigerin von Roman L. ein klares Stürmerfoul. Weil sie mit der Berichterstattung nicht einverstanden ist, drückt sie einem Pressefotografen vor dem Amtsgerichtssaal ihre Handtasche ins Gesicht. Offenbar hat ihr niemand zuvor die Spielregeln erklärt: Sie ist der felsenfesten Überzeugung, dass nicht der Amtsgerichtspräsident, sondern sie allein Fotogenehmigungen erteilen dürfe. Zur Strafe wird die gewaltbereite Juristin auf die Bank geschickt, wo sie neben ihrem Mandanten, einem 25-jährigen Studenten, noch ein paar Minuten vor sich hinkeift.
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Dann geht’s endlich los. Vorwurf: Landfriedensbruch. L. soll am 21. Juli 2015 beim Testspiel von Eintracht Frankfurt gegen Leeds United in Eugendorf/Österreich mit anderen Eintracht-Fans einen Kartenkontrolleur am Eingang zu Boden gestoßen haben. Stimmt nicht, sagt L., der Einspruch gegen einen Strafbefehl über 50 Tagessätze à 20 Euro eingelegt hat, er habe nicht geschubst, sondern sei selbst von hinten geschubst worden.
Prozess: Videobeweis überführt Täter
Der Unparteiische greift zum Videobeweis. Das Video ähnelt akustisch einer Viehherde beim Almabtrieb, nur ohne Glocken. Zu sehen ist auch Roman L., aber halt nicht beim Schubsen. Das Verfahren wird gegen eine Zahlung von 300 Euro an die Familientherapieeinrichtung „Starke Bande“ eingestellt. Aber wie so oft ist nach dem Prozess vor dem Prozess: Kaum ist die Verhandlung gegen L. beendet, beginnt schon die gegen Lukas B. Dem 30-Jährigen, bis vor kurzem „Researcher bei einer Personalabteilung“, wird Körperverletzung vorgeworfen. Denn nach dem Spiel in Eugendorf und dem erfolglosen Versuch eines Eintracht-Mobs, eine Leeds-Flagge zu mopsen, war es zur Massenschlägerei auf dem Rasen gekommen, die die Eintracht wie schon das Spiel zuvor (2:1) für sich entscheiden konnte. Laut Anklage jedenfalls gingen „mehrere Leeds-Anhänger blutüberströmt zu Boden“, mindestens einer davon soll auf B.s Konto gehen.
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Eintracht Frankfurt: Beschuldigter legt Einspruch ein
Stimmt nicht, sagt B., der Einspruch gegen einen Strafbefehl über 150 Tagessätze à zehn Euro eingelegt hat. Er habe zwar tapfer dagegen angekämpft, dass „die Leeds-Fans die Oberhand gewinnen“, aber nicht getroffen. Der Unparteiische greift zum Videobeweis. Zu sehen ist, wie B. nach dem Engländer schlägt, der davon aber völlig unbeeindruckt bleibt und nach guter alter Insel-Sitte ordentlich zurückdrischt. Der Strafbefehl gegen B. wird deutlich gemildert: 90 Tagessätze à zehn Euro bedeuten eine Ersparnis von 600 Euro, auch eine Vorstrafe und ein Stadionverbot wären damit vom Tisch. Es kommt B. zugute, dass er vor Gericht einen ebenso reuigen wie vernünftigen Eindruck macht sowie seinen Verteidiger ganz gut im Griff zu haben scheint: Der schimpft zwar über den „Presseauftrieb“, verzichtet aber auf Handgreiflichkeiten.
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Das Endergebnis des damaligen Testspiels: 25 Festnahmen (Eintracht Frankfurt: 17, Leeds United: acht), acht Verletzte (drei Engländer, zwei Polizisten, zwei Ordner, SGE-Stürmer Luc Castaignos erleidet Muskelfaserriss).
von STEFAN BEHR