1. Startseite
  2. Eintracht

Eintracht Frankfurt nach dem Sieg in Hoffenheim: Etwas Luft zum Atmen

Erstellt:

Von: Ingo Durstewitz, Thomas Kilchenstein

Kommentare

Leichte Last: Schütze Bas Dost trägt Vorlagengeber Mijat Gacinovic auf Händen.
Leichte Last: Schütze Bas Dost trägt Vorlagengeber Mijat Gacinovic auf Händen. © dpa

Eintracht Frankfurt zeigt in Hoffenheim eine taktisch disziplinierte Leistung und stoppt mit dem 2:1-Sieg fürs Erste den freien Fall.

Der Frankfurter Trainer Adi Hütter hat das Ende einer „fürchterlichen Auswärtsbilanz“ nicht besonders überschwänglich oder gar euphorisch bejubelt. Zweimal die Fäuste geballt, als die Partie in Sinsheim dann endlich abgepfiffen war, die Trainerkollegen inklusive des Sportdirektors kurz umarmt. Auch später, bei der verbalen Nachbearbeitung des 2:1 (1:0)-Erfolges bei der TSG Hoffenheim, hatten die Töne in Moll dominiert. „Ich sage nicht, dass alles super war“, fasste der Fußballlehrer die 90 Minuten im Kraichgau zusammen. Die Erleichterung darüber, den berühmten Bock endlich umgestoßen zu haben, war dennoch mit Händen zu reifen, Anlass für ausgedehnte Jubelszenen sah er nicht, so ganz traut er dem Braten offenbar noch nicht.

Eintracht Frankfurt mit dem ersten Schritt

Hat Eintracht Frankfurt also den Turnaround geschafft? Nach dem ersten Sieg nach sieben sieglosen Bundesligapartien?

Der Erfolg in Sinsheim war zumindest ein erster Schritt heraus aus der Krise, war ohne jeden Zweifel ungemein wichtig. Wichtig für das Selbstvertrauen der Mannschaft, das zuletzt ziemlich im Keller steckte, wichtig für die Stimmung im Klub, vor allem wichtig, um den Abstand zu den Abstiegsplätzen zu gewinnen. Und wichtig im Hinblick auf weiche Faktoren: Endlich konnte Eintracht Frankfurt mal wieder das Gefühl eines süßen Sieges schmecken. Ein Gefühl, das die Hessen fast schon nicht mehr kannten, der letzte Erfolg, man weiß es, datiert vom 2. November, 5:1 gegen Bayern München, zehn lange Wochen ist das her. Kein Wunder also, dass der Trainer hinterher von einem „absoluten Befreiungsschlag“ sprach. Oder wie der sehr souverän wirkende Torwart Kevin Trapp sagte: „Jetzt können wir ein bisschen durchatmen.“

Eintracht Frankfurt: Die Pause tat allen gut

Kaum ein Team in der Liga hat die Winterpause so sehr herbeigesehnt wie die Vielspieler der Eintracht. „Sie hat uns gutgetan“, fand Sportvorstand Fredi Bobic. Die Frankfurter haben die knappe Zeit genutzt, verloren gegangene Kräfte zu sammeln, sich neu aufzustellen und dabei unter anderem ein neues taktisches System einzustudieren. Hütter schickte sein Team - ohne den erkrankten Makoto Hasebe - erwartungsgemäß mit einer Viererabwehrkette in die Partie gegen die TSG Hoffenheim, Almamy Touré, Martin Hinteregger, David Abraham und Evan Ndicka bildeten sie. „In unserer Situation ist es wichtig, hinten kompakt zu stehen. Das ist uns gelungen. Daran haben wir in den vergangenen Wochen gearbeitet, das hat sich auf dem Platz widergespiegelt“, sagte der von seiner Schulterblessur genesene Trapp, der letztmals beim bisher einzigen Auswärtserfolg auf dem Platz stand, dem 2:1 bei Union Berlin am 27. September.

Die Eintracht agierte deutlich geschlossener als zuletzt, ließ in der tat wenig zu. Trapp musste normale Torwartarbeit verrichten, beim zwischenzeitlichen Ausgleich durch Konstantinos Stafylifdis (47.) per Fernschuss war er machtlos, einmal musste noch der deutlich verbesserte Djbril Sow (76.) per Kopf auf der Linie klären, große Gefahr beschworen die Kraichgauer aber nicht herauf. „Das war eine tolle Mannschaftsleistung“, sagte Hütter, „taktisch war das unglaublich diszipliniert.“ Sebastian Rode beispielsweise hatte sich komplett der Mannschaft untergeordnet, lief defensiv alle Räume zu, störte den Gegner, fiel dadurch aber für den eigenen Spielaufbau praktisch aus.

Adi Hütter lobt gute Trainingsarbeit

Was denn nun im einzelnen den Ausschlag dafür gegeben hat, mal wieder einen Sieg eingefahren zu haben, noch dazu „einen verdienten“, vermochte der Coach nicht zusagen: die neu gewonnene Frische, die Systemumstellung, die Rückkehr von Leistungsträgern wie Kevin Trapp und Kapitän David Abraham oder das zurückgekehrte Spielglück - so erzielte Timothy Chandler just zu dem Zeitpunkt das Siegtor (62.), als Hoffenheim am Drücker war und die Partie zuungunsten der Eintracht zu kippen drohte. Sicherlich haben alle Faktoren eine gewisse Rolle gespielt.

Hütter empfand als entscheidend, dass das Team endlich 14 Tage am Stück gemeinsam hatte trainieren können. „Ich habe viele Sachen gesehen, die wir zuletzt trainiert haben“, sagte der Österreicher. „Viel vertikaler, viel schneller, viel gefährlicher“ als zuletzt habe man nach vorne gespielt. Und: In den nächsten beiden Wochen bleibt es bei diesem Samstag-Samstag-Rhythmus, erst der Februar bringt den Hessen erneut eine Mehrfachbelastung mit DFB-Pokal (gegen RB Leipzig) und Europa League (gegen RB Salzburg).

Eintracht gegen RB Leipzig: Duell am kommenden Samstag

Mit ein bisschen mehr Konsequenz im Abschluss hätte der Sieg zum einen früher feststehen, zum anderen höher ausfallen können. Mijat Gacinovic, der ein gutes Spiel machte und die Führung durch Bas Dost (18.) fein vorbereitete, hätte zwei Tore erzielen können (27. und 84.), Filip Kostic, der Sprinter auf dem linken Flügel, hatte zweimal die Latte getroffen (28. und 90.), schließlich vergab der eingewechselte Danny da Costa mutterseelenallein vor dem Hoffenheimer Torwartdebütanten Philipp Pentke kläglich (88.). „Wir hatten Chancen für fünf, sechs Tore“, sagte Schlussmann Trapp. Am Ende reichte es dennoch.

Eintracht gegen Hoffenheim: Die Spieler in der Einzelkritik

Ob der Sieg als Initialzündung taugt? Das bleibt abzuwarten. Am kommenden Samstag kommt ein Hochkaräter in den Stadtwald, Tabellenführer RB Leipzig, zudem mit sechs Siegen die beste Auswärtsmannschaft der Liga. Aber mit der wieder gezeigten Mentalität, mit der mannschaftlichen Geschlossenheit und diesem Willen ist wenigstens ein bisschen von dem lange verschütteten Gefühl zurückkehrt, wieder konkurrenzfähig zu sein. Das war man ausgangs der Hinrunde nicht. „Wenn wir so weiter spielen, haben wir gegen jeden Gegner eine Chance“, fand Gacinovic. Auf der Leistung von Sinsheim könne man „mehr als aufbauen“, lobte Keeper Trapp.

Fredi Bobic wünscht sich nun, diesen Schwung mitzunehmen in die Rückrunde, die viele ambitionierte Aufgaben für die Eintracht bereithält. „Wir haben die DNA gezeigt, die uns ausmacht und die wir brauchen, um erfolgreich zu sein. Wenn wir in diesem Stil weitermachen, kommen die Punkte automatisch.“

Und dann wurde der Sportchef noch gefragt, ob er je am eingeschlagenen Weg gezweifelt habe: „Nö“, hat der Vorstand kurz und knapp geantwortet. Zumindest Fredi Bobic hat nichts von seinem Selbstbewusstsein eingebüßt.

Auch interessant

Kommentare