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Wie die Eintracht an mehr Geld will

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Oliver Frankenbach
Oliver Frankenbach © JOACHIM STORCH (Pressefotografie Storch, Bad Hg.)

Die Frankfurter Eintracht braucht mehr Bares. Doch wo soll es herkommen? Finanzvorstand Oliver Frankenbach hat mit unseren Redakteuren über TV-Tabellen, Pokal und Europa League gesprochen, über Transfers und Etatpläne – und die Aussicht, das Stadion selbst zu betreiben.

Von Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic war zu hören, dass die Eintracht im nächsten Sommer nicht mehr Geld zur Verfügung hat als im letzten. Stimmt das? Und können Sie verstehen, dass das ein bisschen verwundert?

OLIVER FRANKENBACH: Erst einmal stimmt es nicht ganz. Vielleicht wollte Fredi Bobic den einen oder anderen im Umfeld da auch etwas wachrütteln. Wir müssen nicht zwingend Transfererlöse erzielen, um den Spielbetrieb zu sichern, so wie das letztes Jahr war. In diesem Jahr würde man das nur machen, wenn es sportlich und wirtschaftlich Sinn macht. Wir haben nicht wesentlich mehr, das stimmt, aber ein bisschen wohl schon. Aktuell ist das noch nicht ganz zu beziffern. Dafür ist es total wichtig, wo wir am Ende der Saison stehen. Wegen des TV-Rankings lautet die Frage bei uns: Zehn oder zwölf? Das sind vier Millionen Euro mehr oder weniger. Es hängt auch davon ab, wo wir uns im DFB-Pokal noch hinbewegen – und wie wir die Einnahmen verteilen. Da werden wir uns im Vorstand und mit dem Aufsichtsrat austauschen. Der Sport ist die wichtigste Komponente, aber wir haben auch infrastrukturelle Themen, in die wir investieren müssen. Wir bauen die neue Geschäftsstelle, wir wollen wachsen auf vielen Feldern.

Thema TV-Ranking: Wie muss die Bundesliga-Tabelle aussehen, um dort Zehnter zu werden?

FRANKENBACH: Wir müssten sechs Plätze vor Augsburg stehen und können uns nicht mehr als einen Platz hinter Köln leisten. Beides ist aktuell der Fall, wir bewegen uns genau auf dieser Schnittstelle. Es gibt noch andere Optionen, aber die sind eher unrealistisch. Dafür müssten zum Beispiel Wolfsburg oder Mainz absteigen. So oder so: Für alle Konstellationen müssen wir sehen, dass wir sportlich wieder in die Gänge kommen.

Wie viele zusätzliche Einnahmen hat das Erreichen des Halbfinale im DFB-Pokal der Eintracht beschert?

FRANKENBACH: Wir haben rund sechs Millionen Euro eingenommen. Davon gehen Prämien, Reise- und Spielbetriebskosten ab. Ungefähr 4,5 Millionen Euro müssten wir übrig haben.

Ist das Halbfinale schon eingerechnet? Und was wäre ein weiterer Sieg wert?

FRANKENBACH: Ja, TV-Geld und Zuschauereinnahmen in Gladbach, all das ist dabei. Für das Finale gibt es keine Richtschnur, weil das noch nicht festgelegt ist. Wenn ich das aus den Erfahrungen von unserer Final-Teilnahme 2006 hochrechne, müssten unter dem Strich aber noch mal vier Millionen bleiben.

Wäre es denkbar, die ganzen jetzt schon eingenommenen 4,5 Millionen in die Transferkasse zu stecken?

FRANKENBACH: Es geht ja nicht nur um Transfers, sondern auch um Gehälter. Aber ich glaube das nicht. Der größte Teil ja, aber wir werden sicher auch Geld für andere Themen verwenden müssen.

Geht es neben den Bauplänen am Stadion um Stärkung des Eigenkapitals?

FRANKENBACH: Eher nicht. Wir werden am Ende der Saison ungefähr bei zehn Millionen Euro Eigenkapital enden. Wenn wir über Eigenkapitalstabilität sprechen, müssen wir uns eher über Maßnahmen von außen unterhalten, als dass wir sie innen finanziert hinbekommen. In der nächsten Saison werden wir elf, zwölf Millionen mehr Fernsehgelder haben und schaffen es wahrscheinlich erstmals seit Jahren, eine schwarze Null aus dem operativen Geschäft zu erzielen. Wir müssen aber schon schauen, dass wir einen Großteil der Mittel, die wir aufgrund unserer sportlichen Erfolge in dieser Saison mehr haben, in die Mannschaft stecken. Weil alle anderen auch mehr haben und möglicherweise mehr investieren können als wir.

Ist Ihnen bei diesen Maßnahmen das Wort „Genussscheine“ durch den Kopf gegangen?

FRANKENBACH: Nein, das war völlig unabhängig vom Produkt. Das könnte auch etwas anderes sein. Etwa die ganz normale Hinzunahme eines Gesellschafters.

Wie sieht es in dieser Saison mit Gewinnen oder Verlusten aus?

FRANKENBACH: Wir haben mit einem relativ hohen Verlust geplant, weil wir voriges Jahr den Aufstieg im TV-Ranking um zwei Plätze nicht geschafft haben und Ticket-Preiserhöhungen nicht durchführen konnten. Durch den Pokal konnten wir das abmildern. Am Ende werden wir bei etwa 2,5 Millionen Euro Minus liegen.

Wie sieht es mit der Europa League aus? Da fließen dank der letzten Teilnahme 2013/2014 bis zur nächsten Saison immer noch Gelder …

FRANKENBACH: Ja, es wäre Zeit, sich wieder zu qualifizieren, damit wir in dieser Fünfjahreswertung bleiben. In dieser oder der nächsten Saison. In dieser scheint es ja relativ einfach zu sein. Dass Gladbach, Schalke, Leverkusen und Wolfsburg auf einmal schwächeln, passiert wohl nicht so oft. Ab nächster Saison gibt es drei verschiedene Komponenten: eine Gleichverteilung über alle Bundesligisten, das sind etwa drei Millionen. Eine knappe Million kommt aus dieser Fünfjahreswertung. Und eine knappe Million aus einer Zehnjahreswertung, in der wir noch bleiben würden.

Die Eintracht will mehr Geld. Wo sehen Sie Steigerungsmöglichkeiten, abgesehen von TV-Geldern? 

FRANKENBACH: Vor allem darin, dass wir ab 2020 das Stadion selbst betreiben. Andere Wachstumsfelder gibt es im Bereich der Vermarktung. Da lautet ein Stichwort Internationalisierung, wobei etwa die Nutzung der virtuellen Banden-Vermarktung ein Thema ist. Dies bedeutet, dass in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Bandenwerbung zu sehen ist. Ein anderes Stichwort ist Digitalisierung. Wir stehen vor der Initialisierung einer CRM-Software, die uns in die Lage versetzt, mit unseren Fans und Partnern noch individueller zu kommunizieren. Das wird aber nicht von heute auf morgen zu heben sein. Wir müssen da auch selbst investieren. Da sind wir wieder bei der Verteilung der freien Mittel.

Bei diesen Themen schlafen die anderen 17 Bundesligisten auch nicht. 

FRANKENBACH: Klar, man darf auf diesen Feldern den Anschluss nicht verlieren und nicht alles kurzfristig auf den sportlichen Erfolg setzen. Das muss man sorgfältig austarieren, wo und wann man welche Mittel einsetzt.

Wie oft geraten Sie sich da mit Fredi Bobic in die Haare? 

FRANKENBACH: Gar nicht. Er denkt über das Sportliche hinaus. Wir verstehen uns so gut, dass wir fast täglich fünf bis zehn Minuten zusammensitzen und über solche Themen sprechen. Er hat dafür Verständnis, auch wenn er in der Öffentlichkeit sportlichen Erfolg und Misserfolg verantworten muss. Aber er weiß, mit welchen Mitteln wir hier kämpfen und hat auch Interesse, nicht alles in den Sport zu stecken. Vor der Saison hat er den Stab rund um die Mannschaft umgebaut und dafür in Kauf genommen, Spieler abgeben zu müssen oder viel mit Leihspielern zu arbeiten, weil er gesagt hat: Das Drumherum ist auch wichtig und hat vielleicht nachhaltigeren Erfolg.

Viele Spieler sind ausgeliehen, da liegt es nicht in Ihrer Hand, wie es weitergeht. Bei einem schon: Ante Rebic. Sind alle Mittel weg, wenn bei ihm die Kaufoption gezogen wird? 

FRANKENBACH: Nein. Ich gehe davon aus, dass wir gewillt sind, das umzusetzen, aber das liegt letztlich in der Hand des Trainers und des Sportvorstands. Die Summe ist jetzt auch nicht so, dass wir uns vollständig aller Reserven entledigen müssten. Ich denke, dass wir da eine gute Option verhandelt haben. Der Spieler war ja auch überall ein bisschen gescheitert. Niko Kovac hat ihn dorthin gebracht, wo er schon mal war. Jetzt schauen wir, dass wir das auch ernten können.

Wer hat im Vorstand den Hut auf, wenn ein Millionen-Angebot für einen Profi wie Lukas Hradecky reinkommt?

FRANKENBACH: Wir sind ja zu dritt, da gibt es notfalls eine 2-1-Entscheidung. Aber ich glaube, wir würden auch immer wieder eine gemeinsame Entscheidung hinbekommen. Ich habe es angesprochen: Fredi Bobic hat genug Weitblick. Wenn für wen auch immer ein Angebot käme, wie wir es nie wieder bekommen würden, denken wir sicher scharf darüber nach, ob wir den Spieler auf dem Markt platzieren. Vorausgesetzt, wir haben jemanden, den wir nachschieben können. Da ist unsere Sportliche Leitung aber immer sehr weit. Das hat ja im Fall von Kevin Trapp mit Lukas Hradecky auch gut geklappt.

Gerade war Ihr ehemaliger Vorstandschef Heribert Bruchhagen mit dem HSV zu Gast. Ist seine Zementierungsthese, wonach die Bundesligatabelle vom Geld bestimmt ist, außer Kraft?

FRANKENBACH: In diesem Jahr in geballterer Form. Zwischen Platz vier und sieben sind vier Mannschaften, die man nicht so weit vorne erwartet hätte. Auf Dauer stimmt die Aussage aber sicher.

Was hat sich nach Bruchhagens Abgang im vorigen Sommer verändert?

FRANKENBACH: Schwer zu sagen. Wenn man in einem Vorstand zusammenarbeitet, in dem alle ähnlich alt sind, diskutiert man gewisse Sachverhalte vielleicht anders, ist vielleicht auch bereit, in das eine oder andere Geschäftsfeld zu investieren, was man vorher nicht gemacht hat. Das hat aber nichts mit Heribert Bruchhagen zu tun, sondern mit einem Generationenkonflikt. Mit 45 denkt man in anderen Sphären als mit Ende 60. Beide Wege können richtig oder falsch sein.

Ist das auch eine Frage der finanziellen Situation?

FRANKENBACH: Als Eintracht Frankfurt hatten wir in den letzten Jahren immer nur ein begrenztes Budget zur Verfügung, Klotzen war nie drin. Aber man muss auch dazu sagen: Die sehr erfolgreiche Saison 2012/2013 und die jetzige sind in gewisser Weise vergleichbar. Damals kamen wir aus der Zweiten Liga, jetzt haben wir sie gerade so vermieden. Und in beiden Jahren mussten wir mit begrenzten Mitteln einen Kader zusammenstellen. Das führt vielleicht dazu, dass man viele Entscheidungen noch einmal genauer reflektiert, als wenn man ein paar Millionen mehr zur Verfügung hat. Weil man weiß: Man hat nur einen Schuss, der muss sitzen.

2013 führte der Weg in die Europa League. Was würde das jetzt helfen?

FRANKENBACH: 2013/2014 war das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr, mit zehn Millionen Euro Gewinn. Die einmalige Teilnahme ist schon lukrativ, die Langzeitwirkungen kommen hinzu. Für uns wäre es ein extrem großer Hebel, wenn wir das noch mal schaffen würden.

Sitzen Sie deswegen genauso angespannt auf der Tribüne wie letztes Jahr im Abstiegskampf?

FRANKENBACH: Nein, jetzt geht es eher darum, das eine oder andere Thema etwas entspannter angehen zu können. Dass der große Abstand, den wir auf die Plätze acht und abwärts hatten, extrem geschmolzen ist, ist schade – auch wenn es zu befürchten war. Drei, vier Punkte fehlen, dann wären wir weiter auf Kurs. Vielleicht berappeln wir uns wieder, und vielleicht holen sich andere die Krise ab, die sie noch nicht hatten.

Wann erwarten Sie Planungssicherheit beim Thema Hauptsponsor? Und würde da die Europa League auch helfen?

FRANKENBACH: Unsere Verhandlungen laufen auf Hochtouren. Wegen der Planungssicherheit sehe ich da keine Probleme. Die bisherigen Gespräche zeigen, dass Eintracht Frankfurt eine attraktive Marke ist – und das unabhängig von der Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb.

Wie viele Mitarbeiter hat die Eintracht AG aktuell?

FRANKENBACH: 130 ungefähr. Wir wachsen ständig, aber stoßen hier in den Räumlichkeiten an Grenzen.

Für wie viele Mitarbeiter wird die neue Geschäftsstelle ausgelegt?

FRANKENBACH: Für 250. Da muss man perspektivisch denken. Wenn ich zehn Jahre zurückdenke, waren es 50. Wenn wir das Stadion selbst betreiben, kommen noch ein paar hinzu. Das ist in den Planungen berücksichtigt.

Können Sie genauer beziffern, was es für die Eintracht ausmachen würde, das Stadion selbst zu betreiben?

FRANKENBACH: Kann ich, werde ich jetzt aber nicht (lacht, Anmerkung der Redaktion). Wir wollen auch gar nicht den Schwarzen Peter der Stadt zuschieben. Im Gesamtkonstrukt Eintracht Frankfurt/Stadion gibt es die Säulen Betrieb und Vermarktung. Beim Betrieb kann man sicher sehen, dass die Kostenstruktur etwas verändert wird, bei den Erlösen kann man sehen, dass wir mehr daran partizipieren, vor allem beim Namensrecht. Das viel spannendere Thema aber ist die Vermarktung. Die Vermarktung des Stadions liegt jetzt bei Lagardère. Ab 2020 sind wir in der Lage, das eigenständig umzusetzen. Der Kuchen kann vielleicht noch ein bisschen größer gemacht werden. Vor allem muss der Kuchen dann aber nur noch zwischen uns und der Stadt verteilt werden. Da sehe ich das größte Potenzial für uns.

2015/2016 fiel der Personaletat geringer aus, weil wegen des sportlichen Misserfolgs weniger Punktprämien fällig wurden. Wie sieht es jetzt aus?

FRANKENBACH: Letztes Jahr waren es 36,5 Millionen Euro, jetzt werden wir wohl irgendwo bei 39 Millionen herauskommen. Wir haben mehr Punkte geholt, waren im Pokal besser. Das nächste Jahr hängt auch davon ab, wo wir im TV-Ranking landen. Wenn es Platz zehn bleibt, könnten wir deutlich erhöhen, wären dann bei 42 Millionen – auch ohne Europa League.

Das wäre das erste Mal über der 40-Millionen-Marke.

FRANKENBACH: Ja. Das könnte auch dieses Jahr schon passieren, aber da müssten wir noch ein bisschen was tun (lacht, Anm. d. Red. ).

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