Der Fall Zambrano

Die einstige „Bank“ ist längst ein Wackelkandidat geworden – ein sehr gut bezahlter allerdings.
Am Sonntagmorgen, die Reservisten haben auf dem Platz trainiert, die Stammspieler waren im Wald zum Auslaufen, hat Trainer Armin Veh Carlos Zambrano nach Hause geschickt. „Er ist krank, hat Magenprobleme“, sagt der Trainer der Frankfurter Eintracht. Und hofft, dass Zambrano am heutigen Dienstag, wenn die Vorbereitung auf das Auswärtsspiel am Samstag bei Hannover 96 beginnt, wieder mitmachen kann.
Aber sicher ist das nicht. Denn bei Zambrano ist nichts mehr sicher. Und dies schon seit Monaten, im Grunde sogar schon seit mehr als einem Jahr. Die einstige „Bank“, sowohl bei Veh als auch dessen Vorgänger Thomas Schaaf als Abwehrchef „gesetzt“, ist längst ein Wackelkandidat geworden. Ein gut bezahlter allerdings.
Die Entwicklung um den inzwischen 26 Jahre alten peruanischen Nationalspieler ist nicht wirklich gut. Die ständigen Reisen in seine Heimat zu Länderspielen bringen immer nur Rückschläge für ihn und Sorgen für seinen Arbeitgeber. Die Zambrano-Story in Kurzform:
In der Vorrunde der letzten Saison hat er zehn Spiele gefehlt, weil er sich bei einem Länderspiel einen Außenbandriss im Knie zugezogen hat. Insgesamt ist er nur auf siebzehn Bundesliga-Spiele in der Spielzeit 2014/15 gekommen, viele davon nicht wirklich gut. Dazu gab es immer mal wieder Ärger wegen seiner manchmal überharten Spielweise, so den Platzverweis (Gelb/Rot) beim Auswärtsspiel in Mainz. Ein Tor hat Zambrano übrigens in der gesamten Saison nicht erzielt. Der Wertschätzung durch die Verantwortlichen hat dies keinen Abbruch getan.
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Sowohl Manager Bruno Hübner als auch der neue Trainer Armin Veh haben mit vielen guten Worten und noch mehr Geld alles getan, um Zambrano langfristig an die Eintracht zu binden. Das ist auch gelungen. Anfang August hat er nach einer monatelangen Hängepartie einen Fünfjahresvertrag bis zum Sommer 2020 unterschrieben und soll damit zum Höchstverdiener im Kader aufgestiegen sein. Angeblich soll Zambrano zwischen 2,5 und drei Millionen Euro pro Jahr verdienen, im Monat also weit mehr als 200 000 Euro. Die Gegenleistung ist in dieser Saison bislang ausgeblieben.
Während die Mannschaft am 1. Juli mit dem Training begonnen hat, musste Zambrano erst am 27. Juli starten. Nach der Teilnahme an der Copa América, als er vor allem mit einem üblen Foul gegen den Chilenen Aránguiz aufgefallen und dafür vom Platz gestellt worden war, hatte er wie einige andere Spieler auch Sonderurlaub. Dennoch hat Zambrano die ersten drei Bundesliga-Spiele für die Eintracht in Wolfsburg und Stuttgart und gegen Augsburg bestritten.
Seitdem aber kann der Trainer mit ihm nicht mehr oder nur noch eingeschränkt rechnen. Denn am 8. September hat der Abwehrspieler sich bei einem Länderspiel gegen Kolumbien drei Rippen angebrochen. Danach hat er zweimal, gegen Köln und in Hamburg, nicht für die Eintracht spielen können. Auf Schalke feierte er dann am 23. September sein Comeback, die Rippen geschützt durch einen Karbonpanzer. Nach 52 Minuten musste er wegen starker Schmerzen ausgewechselt werden.
Mehr schlecht als recht
Gegen Hertha BSC vier Tage später hat er wieder nicht gespielt, in Ingolstadt stand er dann wieder auf dem Platz, spielte mehr schlecht als recht. Und flog gleich danach, sehr zum Ärger seines Trainers, zu Länderspielen wieder in seine Heimat. Flüge nach Lima in Peru sind nicht zu vergleichen mit innereuropäischen Flügen, die manchmal kürzer dauern als eine Autofahrt von Frankfurt nach München. Zwischen 16 und 21 Stunden ist Zambrano jeweils unterwegs, sowohl beim Hin- wie beim Rückflug.
Vorm Spiel gegen Borussia Mönchengladbach am letzten Samstag kehrte er am Donnerstag zurück, setzte sich ein paar Minuten aufs Fahrrad im Kraftraum der Arena, um die Müdigkeit aus den Knochen zu bekommen. Am Freitag stand er dann zum ersten und einzigen Mal in der Vorbereitung aufs Spiel mit den Kollegen auf dem Platz. Logische Konsequenz: Trainer Veh stellte Russ und Abraham als Innenverteidiger auf, Zambrano blieb 90 Minuten auf der Bank. Am Sonntag dann war er krank. Was nach derart langen Flügen und den damit verbundenen Klimawechseln nicht wirklich außergewöhnlich ist.
Zusammengefasst: Seit der ersten Länderspielpause nach dem dritten Spieltag hat Carlos Zambrano in sechs weiteren Begegnungen viermal gefehlt, einmal durchgespielt, einmal 52 Minuten. Und natürlich wieder kein Tor geschossen, was sicher nicht seine Hauptaufgabe ist, aber durchaus mal vorkommen dürfte. Das fürstliche Honorar wird natürlich weiter bezahlt, denn Vertrag ist Vertrag. Ach ja: Im November wird er wieder zu Länderspielen in seine Heimat fliegen.
Wenn der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen sagt, die einzelnen Spieler der Eintracht müssten intensiver arbeiten und ihre Leistung deutlich verbessern, damit die Mannschaft aus der Krise kommt, trifft dies ganz besonders auch auf Zambrano zu, selbst wenn der gegen Gladbach nicht dabei war. Wer so viel Geld verdient und wem so viel Klasse zugeschrieben wird, der ist gegenüber seinem Arbeitgeber in der Bringschuld.