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Gegner-Check: Werder Bremen und die großen Ambitionen

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Bewährtes Team: Werder-Trainer Kohfeldt (links) und Max Kruse.
Bewährtes Team: Werder-Trainer Kohfeldt (links) und Max Kruse. © Carmen Jaspersen (dpa)

Ein Trainer, der beim Pokern mit seinem Kapitän die Aufstellung festlegt? Hier der nicht ganz ernst gemeinte Check des Eintracht-Gegners Werder Bremen.

  Der Trainer Florian Kohfeldt ist ein ganz anderer Typ als seine bärbeißigen Vorgänger vom Schlage eines Thomas Schaaf oder Otto Rehhagel. Der blonde, trotz seiner 36 Jahre immer noch irgendwie jungenhaft wirkende Mann gehört zum erweiterten Typus Wunsch-Schwiegersohn. Man sollte sich aber nicht täuschen lassen. Kohfeldt hat eine dunkle Seite, pflegt engen Kontakt zu so genannten Bad Boys.

Max Kruse zum Beispiel, zu dem der Coach immer gehalten hat. Auch als dessen Form nicht die beste war, eine Kilo- und Fitnessdebatte entbrannte und Kohfeldt sich fragen lassen musste, warum er ausgerechnet den nicht immer pflegeleichten Ex-Nationalspieler – zur Erinnerung: Nächtelanges Pokern und große Geldbeträge im Auto liegen lassen gehören zu seiner Kernkompetenz – zum Werder-Kapitän ernannt hatte.

Inzwischen ist ein aufschlussreicher Dialog aus dem Sommer enthüllt worden: „Ich habe ihn gefragt, wieso er Kapitän werden will. Ich habe ihm gesagt: ,Du hast doch alles, du bist gesetzt, hast alle Privilegien bei mir. Als Kapitän halst du dir nur Pflichten auf.’ Aber Max hat einfach nur gesagt: ,Ich brauche das für mich.’“ Fußball kann so einfach sein.

Kohfeldt hat sich auch eine unkonventionelle Sprache angewöhnt. Neulich, nach dem Sieg in Hannover, war ihm wohl nicht ganz geheuer vor der nächsten Aufgabe. „Jetzt geht es gegen die drei Verrückten aus Frankfurt“, meinte der Bremer Trainer. Gemeint waren allerdings keine Anstalts-Insassen sondern die Sportkameraden Haller, Jovic und Rebic.

  Die Stimmung Gerade einmal drei Punkte trennen Werder Bremen nach dem 18. Spieltag vom sechsten Tabellenplatz – und der soll es bis zum Saisonende Mitte Mai im Optimalfall sein. Der vierfache deutsche Meister will schließlich zurück nach Europa, nach Jahren der sportlichen Tristesse endlich wieder rauf auf die große Fußballbühne. Den letzten Titel gab es 2009 im DFB-Pokal. Die Entwicklung verlief auch in dieser Saison wieder in einer Wellenbewegung: einem furiosen Start – mit einem Auswärtssieg in Frankfurt – folgte ein Einbruch mit nur einem Sieg aus den letzten acht Partien der Hinrunde. Eine spielerische Aufwärtsentwicklung ist gleichwohl unübersehbar. Was noch optimistisch stimmt: Seit der Saison 2012/2013 hat Werder nach der Winterpause stets mehr Punkte verbucht als davor, die Leistungssteigerungen waren dabei zum Teil beachtlich.

  Die Mannschaft: Eins lässt sich Werders Spielen nicht nachsagen – dass sie langweilig sind. Auch beim Sieg in Hannover war wieder vieles fürs Auge dabei: Das Team kombinierte sich häufig schnell und direkt bis in den gegnerischen Strafraum, dominierte Hannover in teils beeindruckender Art und Weise. Und erspielte sich reihenweise allerbeste Gelegenheiten. Weil die – bei 14 Schüssen aufs Tor – fast allesamt verplempert wurden und auch die Bremer Deckung löchrig ist, stieg die Herzfrequenz in den letzten Minuten der Partie noch einmal deutlich an.

In Hannover war es besonders Martin Harnik, der klarste Möglichkeiten nicht verwertete. Milot Rashica, Schütze des einzigen Tores, und auch Max Kruse stellten sich nicht besser an. Es ist auch keine Erkenntnis, die neu wäre. Das Problem, Tore zu erzielen, ist schon in der ganzen Saison zu erkennen.

Aber auf der Bank lauert schließlich auch noch Torjäger-Geheimwaffe Claudio Pizarro, der auch mit 40 und grün-weißem Rollator immer noch fast so schnell ist wie Ailton.

  Die Bilanz: Der letzte Erfolg der Eintracht in der Hansestadt liegt etwas mehr als zwei Jahre zurück: Im November 2016 drehten Alex Meier und Aymen Barkok mit seinem ersten Bundesligator in der 90. Minute einen zwischenzeitlichen Rückstand noch in einen 2:1-Sieg. Und das unter Flutlicht. So kann es am Samstagabend gerne wieder laufen.

  Und das noch: Eigentlich sind ja die Frankfurter Anhänger – Stichwort „Randalemeister“ – für unschöne Auftritte bekannt. Nun sind aber auch erschütternde Einzelheiten über das Benehmen Bremer Fans bekannt worden. Auf der Rückreise aus Hannover am vergangenen Wochenende rauchten einige von ihnen laut Polizeibericht in einem Zug, wodurch Rauchmelder auslöst wurden. Zudem schalteten sie das Licht im Waggon aus und spielten laute Musik ab. In der Ortschaft Dörverden musste der Zug rund 45 Minuten halten, weil die Türen eines Waggons nicht mehr geschlossen werden konnten. Landes- und Bundespolizei griffen ein und beruhigten die Lage. Welche Abgründe werden sich wohl am Samstag auftun?

(rich)

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