Da kriegt man die Krise
Armin Veh trägt als Trainer die Hauptverantwortung. Die Eintracht-Spieler dürfen sich aber auch hinterfragen.
Natürlich trägt der jeweilige Trainer die Hauptverantwortung für die Leistungen einer Mannschaft. So ist das auch bei der Frankfurter Eintracht. Und wenn ein Bundesligist bei einem Drittligisten aus dem Pokal ausscheidet, wie die Eintracht am Dienstagabend mit dem 0:1 bei Erzgebirge Aue, hat der Trainer wenig Argumente. Auch Armin Veh nicht.
Der Coach ist noch immer ein Suchender, hat weder ein ideales System gefunden, noch die richtige Zusammensetzung des Personals, wenn es so etwas überhaupt noch gibt. Veh also trägt die Verantwortung. Aber ist er auch der Schuldige an der Misere? Bei der Eintracht deutet vieles darauf hin, dass die Probleme tiefer liegen. Auch unter Vehs Vorgänger Thomas Schaaf, war es ja nicht wirklich gut gelaufen. In Wahrheit ist es wohl kein Trainer-, sondern ein Spielerproblem. Diese Eintracht-Mannschaft 2015 wird maßlos überschätzt.
Es sind schon andere Clubs gegen unterklassige Vereine aus dem Pokal ausgeschieden. Viel alarmierender war die Art und Weise des Auftritts. Die Klasse der vermeintlich erstklassigen Frankfurter hatte nicht ausgereicht, um die nicht mehr als tapfer kämpfenden drittklassigen Auer in die Schranken zu weisen. Die Mängelliste zieht sich wie ein roter Faden durch alle Mannschaftsteile – fast alle. Ausgerechnet im Tor, wo die Eintracht mit Kevin Trapps Weggang nach Paris den schmerzlichsten Verlust zu beklagen hatte, gibt es die wenigsten Probleme. Lukas Hradecky war wieder ein guter Schlussmann, bester Spieler seines Teams.
Aber sonst? Wirklich gute Außenverteidiger fehlen. Rechts bleibt Makoto Hasebe eine Notlösung, links mutet es geradezu lächerlich an, wenn sich ein Spieler wie Bastian Oczipka über eine Boulevard-Zeitung selbst für die Nationalmannschaft ins Spiel bringt. Und Constant Djakpa ist nicht wirklich besser. In der Innenverteidigung spielt Carlos Zambrano noch immer nicht das, was er kann. Marco Russ – das mag hart klingen, ist aber der aktuelle Stand – ist derzeit nicht in der Verfassung, um in der Bundesliga zu spielen. Und David Abraham ist verletzt.
Im Mittelfeld sind die Probleme so vielfältig, dass wohl kein Trainer der Welt sie wirklich lösen könnte. Bekannt das fehlende Tempo, dass nun aber auch Technik und Präzision beim Abspiel abhanden gekommen sind, macht die Lage dramatisch. Stefan Reinartz, von Veh zum „Quarterback“ erkoren, wirft, um im Bild zu bleiben, den Ball wie ein rohes Ei durch die Gegend, trifft aber meist den Gegner. Wenn dann auch noch wie in Aue Marc Stendera in der ersten Halbzeit jeden Ball verliert, ist das Spiel lahmgelegt. Dies hat dann zunächst auch mal nichts mit der Position Stenderas zu tun, sondern mit Konzentration und mit Einstellung. Dennoch bleibt Stendera der einzige kreative Spieler und ist daher besser in der Zentrale als Außen aufgehoben.
Einen Angriff hat die Eintracht seit einiger Zeit nicht mehr. Was an der Formschwäche einzelner Spieler liegt. Stefan Aigner kommt nicht auf Touren, obwohl es nie an Einsatz mangelt. Haris Seferovic hat in Aue eine skandalös schlechte Leistung abgeliefert, geradezu lustlos. Dass er 90 Minuten auf dem Platz bleiben durfte und nicht gegen Luc Castaignos ausgewechselt wurde, bleibt ein Rätsel. Torgefährlich wird in der Regel nur noch Alex Meier. Wenn der dann zwei Chancen vergibt, die er normalerweise nutzt, wird es zappenduster. „Nesthäkchen“ Luca Waldschmidt hat zwar frischen Wind gebracht, aber ihm mangelt es an Durchsetzungsvermögen im Strafraum. Das ist noch immer Jugendfußball.
Diese Mängelliste ist lang und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Und deshalb kann es für die Eintracht in dieser Saison nur darum gehen, halbwegs ungeschoren davonzukommen. Hoffnung macht, dass viele Konkurrenten sicher nicht besser sind. Aber eben auch nicht schlechter. Traurig ist, dass jede Vorfreude auf das Heimspiel gegen Bayern München am Freitag der Angst gewichen ist, eine Vorführung zu erleben. Auch damit ist die Eintracht nicht alleine, was es aber nicht besser macht.
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