1. Startseite
  2. Eintracht

Schalke wird zu seinem Glück gezwungen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Roland Stipp

Kommentare

Das Team von Trainer Niko Kovac war mit dem Tabellenzweiten Schalke 04 über weite Strecken auf Augenhöhe, konnte einen 2:0-Vorsprung aber nicht über die Zeit bringen. Was auch damit zu tun hatte, dass Gästetrainer Domenico Tedesco nicht stur an seiner taktischen Marschroute festhielt, sondern die Stärke des Gegners respektierte.

Im Grunde könnte man die Taktiktafel nach dem Spiel zwischen der Eintracht und Schalke 04 auch mal in der Trainerkabine stehen lassen und stattdessen die Liste der Grundtugenden und Prinzipien hervorkramen, die beide Fußballlehrer ihren Teams mit auf den Weg gegeben haben.

Denn natürlich war das Spiel einerseits wieder eine Taktikschlacht zwischen zwei Trainern, die im Laufe der Vorrunde das Spielsystem ihrer jeweiligen Mannschaft entwickelt und schon weit vorangebracht haben – auch durch die Anpassung ihrer Idee an die vorhandenen Spieler. Andererseits war so kurz vor der Winterpause auch vieles eine Willensfrage. Und ein starker Wille zeichnet ja beide Teams aus. Dazu kam, dass die gegenseitige Analyse funktioniert hatte. Eine Partie mit wenig Torchancen und vielen Zweikämpfen war die logische Folge.

Dass doch Tore fielen, hatte natürlich mit Fehlern tun, aber im Fall der Eintracht auch damit, dass die Spieler in den entscheidenden Momenten auf verinnerlichte Prinzipien zurückgreifen konnten. So wie beim 1:0, als Ante Rebic wusste, dass es zu seinen Pflichten gehört, lang geschlagenen Bällen seiner Abwehrspieler – in diesem Fall von Simon Falette – nachzugehen, notfalls auch gegen mehr als einen Gegenspieler. Rebic blieb dem Prinzip treu, worauf sich Mijat Gacinovic verlassen hatte, der deshalb durchgestartet war und zur Stelle, um letztlich für Luka Jovic aufzulegen.

Nicht mehr aufzuhalten

Ein weiteres Prinzip, ein weiteres Tor: Wenn man vorne attackiert und ein Stürmer Druck auf den Ball machen kann, müssen die Mitspieler zumindest in unmittelbarer Nähe vor ihre Gegenspieler rücken, damit diese nicht anspielbar sind und das Pressing auflösen können. So geschehen vor dem 2:0, als Schalkes Torhüter Ralf Fährmann den Ball zu seinem Verteidiger Benjamin Stambouli in die Ecke neben dem eigenen Strafraum spielte, Jovic energisch von innen anlief und Timothy Chandler sowie Kevin Prince Boateng ihren Gegenspielern zumindest so sehr auf die Pelle rückten, dass sich Stambouli für den Versuch entschied, eine Linie zu überspielen, also zu Alessandro Schöpf zu passen.

Das erkannte Gacinovic, schob sich im letzten Moment vor den Schalker, eroberte den Ball und war auf dem Weg zu seiner zweiten Torvorbereitung dann nicht mehr aufzuhalten.

Domenico Tedesco hatte damit genug gesehen und gab den bis dahin konsequent über die drei Verteidiger und den sich pausenlos anbietenden Max Meyer vorgetragenen Spielaufbau auf. „Wir haben umgestellt und auf den zweiten Ball gespielt“, erklärte Schalkes Trainer später. Heißt: Der Ball wurde nun fast nur noch hoch und weit nach vorne geschlagen. Übrigens, Max Meyer: Dieser eine „Sechser“ vor der Dreierkette der Schalker war und ist eine Besonderheit, die sich auch Niko Kovac ganz genau angeschaut haben dürfte. Dieses Spiel mit zwei Dreierketten, einer eng stehenden ganz hinten und einer breit aufgefächerten davor, davor wiederum zwei offensive Mittelfeldspieler und zwei Stürmer – zumindest über die sich daraus ergebende Raumaufteilung lohnt es bestimmt, sich Gedanken machen.

Frage des Charakters

Dass die Ergebnisse bei Schalke stimmen, hat ganz sicher auch mit Ballsicherheit und taktischer Finesse zu tun, war beim Spiel in Frankfurt aber auch eine Frage des Charakters. Wie beim 4:4 in Dortmund ackerten die „Knappen“ bis zuletzt und wurden dafür belohnt. Und zwar verdient, wie auch Niko Kovac zugab. Er konnte locker so generös sein, weil er sich wieder einmal darauf hatte verlassen können, dass auch seine Mannschaft die von ihm auferlegten Prinzipien verinnerlicht und die von ihm eingeforderten Tugenden angenommen hat.

Auch interessant

Kommentare