Super Arbeit mit den Spielern: Weiter so, Herr Kovac!
Man kann immer wieder staunen über diese Eintracht – und über ihren Trainer. Und man kann so wunderbar daneben liegen mit Prognosen. Von den hier zuletzt diagnostizierten „Problemen im Positionsspiel und im Spielaufbau“ jedenfalls war bei der Eintracht in der Partie gegen Mönchengladbach lange nichts zu sehen. Und zwar wohl deshalb, weil Niko Kovac so eisern tut, was ein Trainer nun einmal zu tun hat: Seine Spieler besser machen.
Der Trainer ist dafür da, den Spieler besser zu machen. Das ist ein Grundsatz in der Trainerausbildung und wird dort eindeutig als Hauptaufgabe eines Trainers definiert. Dafür ist der Trainer da, dafür bekommt er an der Trainerschule das Handwerkszeug verpasst – in vielen Fällen allerdings nur, um das draußen im echten Leben gleich wieder zu vergessen.
Auch bei der Eintracht waren schon reichlich Trainer am Start, die der Meinung waren, ein Profi müsse ein fertiger Fußballer sein und nur noch Anweisungen umsetzen. Eine Ansicht, die noch nie zu etwas geführt hat. Gut, dass Niko Kovac die Mühe nicht scheut, die die Weiterentwicklung von Spielern nun einmal bereitet.
Dauerthema bei der Eintracht ist die Verbesserung des Spielaufbaus. Zwei Komponenten haben da seit der Winterpause zu einer erheblichen Steigerung geführt. Die eine ist Omar Mascarell, der nach leichten Anlaufproblemen im Spiel gegen Freiburg nun zum Dreh- und Angelpunkt in der Zentrale geworden ist. Er kann eben beides: gegen den Ball Lücken schließen und abräumen und sich im Spielaufbau immer wieder in eine offene Position bringen und so das Übergangsspiel koordinieren. Das hat der Eintracht gefehlt.
Doch das allein würde gar nichts nützen, hätte Kovac nicht so viel Arbeit in Simon Falette und vor allem Carlos Salcedo investiert, deren Ungenauigkeit im Passspiel in den ersten Monaten der Saison noch fast rekordverdächtig war. Mittlerweile sind beide zumindest zu passablen Aufbauspielern geworden, die zusammen mit Makoto Hasebe nicht nur einen prima Job in der Dreierkette machen, sondern sich auch trauen, im Spielaufbau breit zu stehen, gegen anlaufende Stürmer den Ball anzunehmen und gegen tief stehende Gegner anzudribbeln. Hut ab vor der Entwicklung dieser beiden Stammspieler des Tabellenvierten der Bundesliga.
Weitere Beispiele dafür, dass es sich lohnt, an und mit einzelnen Spielern zu arbeiten, sind natürlich Marius Wolf und Ante Rebic. Bei beiden sieht man auch, dass es nicht nur rein fußballerische Aspekte sind, die der Trainer im Blick haben muss. Das Vertrauen, dass Kovac in Wolf gesteckt hat, hat sich absolut gelohnt. Der Spieler zahlt es mit tadellosem Einsatz zurück und weiß ganz genau, dass er technisch noch einige Dinge verbessern muss. Beide, Trainer und Spieler, bekommen was sie brauchen. Genauso wie bei Ante Rebic, der sich vom divenhaften Aktionsspieler zu einem gewissenhaften Arbeitstier entwickelt hat. Diese Verbesserung war dringend nötig, und auch hier ist wieder klar zu sehen, dass sich die Arbeit mit dem Spieler für beide Seite lohnt. Rebic ist nicht nur im Konterspiel und im Eins-gegen-eins eine Waffe, sondern inzwischen auch wesentlicher Bestandteil des gefürchteten Pressings der Eintracht.
Mutige Eckballvariante
Auch Deckungsvarianten bei gegnerischen Eckbällen waren hier schon Thema. Und natürlich das Umschaltspiel, sprich das schnelle Angreifen nach Ballgewinnen. „Darauf, das weiter zu verfeinern, wird es in den nächsten Wochen ankommen, gerade in den Heimspielen“, hieß es in der letzten Taktiktafel nach dem Sieg der Eintracht in Wolfsburg. Dieser Meinung war offensichtlich auch Niko Kovac, der gegen Mönchengladbach ins Risiko ging.
Vermutlich hat sich die Idee beim Videostudium der Mönchengladbacher Eckbälle ergeben. Jedenfalls wich Niko Kovac diesmal von einer bislang konsequent durchgezogenen Linie ab: Bisher wurden bei Eckbällen für den Gegner stets alle zehn Feldspieler der Eintracht in den eigenen Strafraum zurückgezogen. Mindestens fünf Mann agierten in Raumdeckung am eigenen Fünfmeterraum, die übrigen blockierten etwas weiter vorne die Laufwege der Gegenspieler oder waren einem Angreifer direkt zugeordnet. Das funktionierte fast immer, zuletzt gegen Freiburg aber einmal nicht – der Ausgleichstreffer fiel nach einer Ecke. Das Problem war bei aller Effizienz in der Verteidigung sonst immer das gleiche: Wurde der Ball abgewehrt, landete er zwangsweise gleich wieder beim Gegner.
Mönchengladbach schickte bei seinen allerdings nur wenigen Eckbällen vor allem die langen Defensivspieler Vestergaard, Ginter, Kramer und Wendt nach vorne, Niko Kovac zog mit Sébastien Haller seinen besten Kopfballspieler an den Fünfmeterraum zurück und ließ die übrigen Defensivleute gegen den Mann spielen – Boateng etwa war für den 1,99-Meter-Riesen Vestergaard zuständig. Und Kovac stellte mit Wolf rechts und Rebic links zwei Sprinter an die Mittellinie. Das war ungewöhnlich und mutig und hätte sich um ein Haar früh ausgezahlt. In der sechsten Minute, gleich bei der ersten Gladbacher Ecke, klärte Haller per Kopf zu Mascarell, der schickte Rebic und nach dessen Zuspiel an den Fünfmeterraum verpasste Wolf das 1:0 nur um Zentimeter (siehe Grafik). Und auch wenn der Ball knapp vorbei ging: Diese neue und vor allem mutige Variante war den Versuch wert. Weiter so, Herr Kovac!