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Tief in der Sackgasse

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Frust pur: Auch Haris Seferovic kann die Pleite kaum fassen.
Frust pur: Auch Haris Seferovic kann die Pleite kaum fassen. © Christian Klein (FotoKlein)

Beim Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt läuten die Alarmglocken. Trainer Armin Veh rückt vom geliebten Ballbesitz-Fußball ab.

Unten in den Katakomben des Stadions, da biss sich Axel Hellmann ein paar Minuten nach dem Abpfiff lieber auf die Zunge, als dass er seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Schließlich ist er im Vorstand der Frankfurter Eintracht nicht für den Sport zuständig. Schön zu reden war zwar nichts nach diesem 1:5 (1:1) gegen Borussia Mönchengladbach, aber öffentliche Kritik, die wollte Hellmann lieber anderen überlassen.

Die Fans hatten es da einfacher. Tausende der insgesamt 50 700 Zuschauer hatten das Stadion bereits vor dem Abpfiff verlassen. Die Treuen in der Nordwestkurve empfingen die gefrusteten Profis mit einem ordentlichen Pfeifkonzert. Distanz war angesagt, kein Spieler traute sich weiter als bis zum Fünf-Meter-Raum. Rumdrehen, Kopf nach unten, ab Richtung Kabine.

Es war der bisherige Tiefpunkt einer bisher insgesamt nicht zufriedenstellenden Saison. Noch ist es zwar Tabellenplatz dreizehn, aber die Tendenz zeigt eindeutig nach unten. Der Abstiegskampf hat begonnen. Vorstandschef Heribert Bruchhagen ist Realist genug, um die den Ernst der Lage zu erkennen. „Sorgen macht mir vor allem, dass Mannschaften wie Stuttgart und Hoffenheim hinter uns stehen, die viel Potenzial haben. Und Mannschaften wie Darmstadt und Ingolstadt konstant Punkte holen“, sagte er am Sonntag, als er entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten beim Auslaufen vorbei schaute.

Armin Veh hatte noch am Samstagabend deutliche Worte gefunden. Der Trainer, der gerne offensiven Ballbesitz-Fußball spielen lässt, gab zu, dass dieses Vorhaben zumindest derzeit nicht zu dieser Mannschaft passt: „Wir müssen was ändern. Wir kommen nicht durch mit dem, was wir wollen.“

Schon in Hannover am kommenden Samstag wird sich die Eintracht in einer anderen taktischen Grundordnung präsentieren. Das 4-4-2 mit Raute im Mittelfeld wird eingemottet, weil die Spieler insgesamt zu langsam sind, weil so Räume entstehen, die von den Gegnern, besonders wenn sie die Qualität der Gladbacher besitzen, schonungslos genutzt werden.

Raffael (16., 57.), Dahoud (51.) und Hahn (82., Foulelfmeter, 90.) bezwangen den im Stich gelassenen Lukas Hradecky, wobei der Eintracht-Keeper noch Glück hatte, dass er nicht ein paar weitere Male hinter sich greifen musste.

Hinten offen, vorne harmlos, lediglich mit einem Foulelfmeter (Torhüter Yann Sommer an Luc Castaignos) konnte die Eintracht dank Alexander Meier (29.) zwischenzeitlich etwas Hoffnung auf ein gutes Ende schöpfen. Aber auch die Rückkehr von Haris Seferovic brachte nicht viel, eigene Chancen blieben aus.

„Wir stecken ziemlich in der Scheiße, der Trainer und die Mannschaft auch“, fand Armin Veh deutliche Worte. Im Gegensatz zum 0:2 in Ingolstadt habe diesmal aber wenigstens die Einstellung gestimmt: „Diesmal gibt es keine Predigt, Druck hat jetzt jeder schon genug.“

Neun Punkte nach neun Spielen, das ergibt hochgerechnet 34 Zähler am Ende. Damit kann man absteigen.

Es rächt sich nun, dass im Sommer zu wenig an den bekannten Schwachstellen gearbeitet wurde. Weder im linken Mittelfeld noch auf der rechten Außenverteidiger-Position wurden Verstärkungen geholt. Schlimmer noch, mit Takashi Inui wurde sogar eine Alternative für die linke Seite billig abgegeben. Auch das führt dazu, dass aus dem Mittelfeld viel zu wenig nach vorne geht, dass der einzige Sechser häufig überfordert ist, weil die Außen in der Mittelfeld-Raute zu offensiv ausgerichtet (Marc Stendera) und zu langsam sind, um die notwendigen weiten Wege zu gehen.

Armin Veh hat angekündigt, in dieser Woche besonders an der „Kompaktheit“ zu arbeiten. Er wird vermutlich auf ein 4-2-3-1 umstellen, um der Defensive mehr Stabilität zu verschaffen. Hinten „Südamerika-Fahrer“ Carlos Zambrano für den derzeit überforderten Marco Russ, davor die Doppelsechs mit Stefan Reinartz und „Zwangs-Urlauber“ Makoto Hasebe, Alex Meier hinter der einzigen Spitze Seferovic, so könnte man im ungeliebten Hannover, wo es häufig auf die Mütze gab, auflaufen.

Oder auch im „flachen“ 4-4-2-System mit Doppelsechs und den Stürmern Meier und Seferovic. Es wäre das System des Thomas Schaaf, der sich zwar wenig Freunde in Frankfurt gemacht hatte, aber am Ende auf sehr ordentliche 43 Punkte verweisen konnte. Und so nebenbei Alex Meier bester Torschütze der Liga wurde.

Es ist ein Dilemma, in dem die gesamte Eintracht-Truppe derzeit steckt. Einerseits wird in Frankfurt nicht nur erfolgreicher, sondern auch noch schöner Fußball erwartet, andererseits passt genau dies derzeit nicht zur Mannschaft. Armin Veh hatte mit seiner Art nach dem trockenen Schaaf-Jahr eine Aufbruchstimmung erzeugt, hatte die Stimmung im und um das Team deutlich verbessert. Nun muss der Coach aufpassen, dass kein Bumerang-Effekt eintritt.

„Ich bin ja nicht ganz unerfahren“, sagte Veh am Samstag. Schwierige Situationen sind ihm nicht fremd. Doch er wird liefern müssen, möglichst schon in Hannover. Denn dann kommen die Bayern. Normalerweise kein Gegner, der sich dazu eignet, seine Situation zu verbessern.

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