Versuch einer Trendwende: Sicherheit geht vor

Gravierende Änderungen kündigt Veh vor dem Spiel in Hannover an. Dazu gehört auch eine „andere Denke“.
Einen Punkt in seinem großen Änderungsprogramm kann Armin Veh schon einmal nicht so umsetzen wie geplant. Den Versuch der Trendwende muss er ohne David Abraham bestreiten, das Knie zwickt zu sehr. „Er hat halt Schmerzen“, sagte der Trainer der Frankfurter Eintracht vor dem Gastspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) bei Hannover 96 über seinen sonst gesetzten Innenverteidiger: „Mit Spritzen könnte er sicher spielen, aber da wollen wir kein Risiko eingehen.“ Auch unabhängig von Abraham indes wird seine Eintracht an der Leine ganz anders aufgestellt sein als vor einer Woche beim 1:5 gegen Borussia Mönchengladbach. „Das war ja nicht nur eine Formschwankung“, erinnert Veh auch an die enttäuschenden Darbietungen zuvor. „Wir hatten zu viele Defizite. Deshalb wird es schon eine gravierendere Änderung geben“, kündigte Veh an.
Diese Vorstellungen hatte er gleich nach dem Abpfiff der ernüchternden Gladbacher Lehrstunde geäußert, an ihrer Umsetzung hat er mit seiner Mannschaft unter der Woche gearbeitet. Das neue Motto des eigentlich angriffslustigen Fußballlehrers lautet: Sicherheit geht vor. „Auch wenn der Gegner stark war, darf man so viele Chancen wie gegen Gladbach in der Bundesliga nicht zulassen“, betonte Veh. „Das war keine Frage des Wollens. Aber wir haben es mit dem System und dem Personal überhaupt nicht hinbekommen.“
Eine erste Konsequenz ist die zumindest vorübergehende Einmottung der Raute. Mit dieser Mittelfeld-Formation schlug die Eintracht beim sagenhaften Comeback Alexander Meiers am vierten Spieltag den 1. FC Köln spektakulär mit 6:2, holte aus den fünf folgenden Partien aber nur noch zwei Punkte. „Mit der Raute hast du offensiv Vorteile, weil du einen Mann mehr hast, der für den Gegner schwer greifbar ist“, erläuterte Veh. „Aber wenn du es nicht gut spielst, sind defensiv die Wege weit.“
So geht es für die Eintracht ein Stück zurück in die Zukunft – zum 4-2-3-1, lange eine Erfolgsformel in Vehs erster Frankfurter Zeit. Oder zu einem auch nur um Nuancen anderen 4-4-2-Muster, das in der Vorbereitung und den ersten Saisonwochen meist erste Wahl war.
Opfer dieser Systemumstellung dürften Luc Castaignos und Johannes Flum sein. Aleksandar Ignjovski wiederum, diesmal wohl ohnehin nicht mehr erste Wahl, darf gar nicht spielen: Ihm wurde vom DFB-Sportgericht für seinen heimlichen Tritt gegen den Gladbacher Raffael nachträglich eine Partie Sperre und 10 000 Euro Bußgeld aufgebrummt. Rechts hinten verteidigt wie zum Saisonbeginn Makoto Hasebe, der nach seiner schöpferischen Pause wieder von Beginn aufläuft, und links hinten Constant Djakpa. Ins Abwehrzentrum rückt Carlos Zambrano – nun nicht für Marco Russ, sondern eben für den angeschlagenen Abraham. Im zentralen Mittelfeld dürften Stefan Reinartz und Marc Stendera defensiver spielen als zuletzt, die Flügel Stefan Aigner und der weiter vorversetzte Bastian Oczipka besetzen.
So entscheidend ist der Systemwechsel für Veh dabei gar nicht. „Wir spielen ja auch nicht was völlig Neues. Es ist aber auch eine andere Denke: Dass wir nicht immer schönen Fußball spielen wollen, sondern mehr an die Stabilität denken. Das wiederum kriegt man mit dem anderen System besser hin. Damit sind die Räume enger.“ Dass die Außen besser abgedeckt sind, ist für ihn indes ebenso nachrangig wie die Doppelbesetzung im defensiven Mittelfeld. „Der zweite Sechser reicht uns nicht. Wir müssen schon auch zweikampfstärker sein. Entscheidend wird sein, wie aktiv wir verteidigen“, fordert er.
Auf dem Trainingsplatz wurde daran gearbeitet. Jetzt gehe es darum, so Veh, das auf den Platz zu bringen. Auch der mentale Faktor spielt für ihn eine große Rolle. „Das macht immer ein paar Prozent aus, und so groß sind die Unterschiede in der Liga ja nicht. Du musst den Sieg mehr wollen als der Gegner.“ Zuletzt war das nicht eben eine Stärke seiner Frankfurter – und Hannover ist nach einem schwachen Saisonstart gerade auf den Geschmack gekommen, mit sieben Punkten aus drei Spielen. „Die kommen von unten nach oben, wir von oben nach unten“, weiß Veh vor der von Felix Zwayer geleiteten Begegnung. Aber genau dieser Trend soll sich ja ändern, trotz vieler wenig erbaulicher Frankfurter Reiseerlebnisse in Niedersachsen. Mit Sicherheit.
Eintracht: Hradecky – Hasebe, Zambrano, Russ, Djakpa – Stendera, Reinartz – Aigner, Meier, Oczipka – Seferovic.