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60 Freiwillige sammeln Müll von den Feldern

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Thomas Breckheimer entfernt mit tatkräftiger Unterstützung Sitzkissen, Flaschen und Bambusblumenkübel.
Thomas Breckheimer entfernt mit tatkräftiger Unterstützung Sitzkissen, Flaschen und Bambusblumenkübel. © Michael Faust

Im Gärtnerdorf Oberrad ist es Tradition, beim jährlichen Frankfurt Cleanup-Tag mitzumachen. Stundenlang haben am Samstag 60 Oberräder mit Mülltüten, Zangen und Handschuhen an den Feldern den Dreck eingesammelt und geschleppt.

Die Wege zwischen den Oberräder Feldern zwischen Bahndamm und bewohntem Gebiet sind weit. Felder, in denen zarte Pflanzen sprießen, die frisch gepflügt oder voller kleiner bunter Blumen sind. Meisam (12), Aland (10) und Thomas Breckheimer (32) wagen sich dorthin, wo Brombeerhecken stehen. Nach zehn Minuten sind drei Müllsäcke voll. "Das ist eklig", sagt Aland und angelt mit der kleinen Holzzange Schuhe, Jacken und Hundekotbeutel. Meisam findet Plastikrohrstücke, verrostetes Metall und Bierdosen. Breckheimer schleppt Sitzsäcke, zerbrochene Holzstühle und eine randvolle Tüte mit Glasflaschen, Scherben, Plastik, Klamotten und einem riesigen Eimer Sauerkraut, der erbärmlich stinkt. Einen riesen Plastik-Pflanzenkübel mit totem Bambus müssen drei Leute herauszerren, weil er so schwer ist. "Ich wohne seit letztem Jahr in Oberrad am Waldrand. Da liegt auch immer wieder Müll und ich habe einfach die Schnauze voll von dem Dreck", so der Industriedesigner in Shorts. Er fischt ein Wahlplakat von 2018 aus tiefem Gras, an dem sich Ameisen abarbeiten.

Ähnlich geht es den Bewohnern in der neuen Wohneinrichtung für Flüchtlinge in der Wiener Straße. Auch sie wollen ihr neues Umfeld sauber haben. Frank Goldberg ist Vorsitzender des Regionalrats und findet es "toll, gemeinsam aufzuräumen und gleichzeitig ein paar Gesichter kennenzulernen. Neubewohner kommen den Oberrädern näher und umgekehrt", sagt er, bepackt mit Müllsack, Handschuhen und Zangen.

Saubermachen statt Kicken

Organisiert hat den Cleanup Day in den Feldern Susanne Reichert, die Grüne-Soße-Königin. "Ich hätte nie gedacht, dass so viele mitmachen", sagt sie. "Zum Glück sind die Felder so weitläufig, dass wir viele kleine Gruppen bilden können, um die Coronaregeln und Abstände problemlos einhalten zu können." 30 junge Fußballerinnen in grünen Trikots von der Spielvereinigung 05 Frankfurt-Oberrad sind dabei und fischen Alufolie, Flaschen, einen alten Autoreifen, einen kaputten Kinderwagen und Radkappen aus Feldrändern und schleppen den Müll schwitzend zum Buchrainplatz, wo alles gesammelt wird. "Das ist echt eklig, was die Leute hier machen", ist immer wieder zu hören. Klaus Dünwald, der Abteilungsleiter für Frauenfußball der Spvgg 05, ist stolz auf seine Mädels. "Jeden Tag wollten mehr dabei sein. Für sie ist Oberrad einfach wichtig und gleichzeitig sehen sie sich auch mal wieder." Seit 50 Jahren ist er bei einem der größten Frauenfußballclubs in Hessen dabei. 60 Mädchen und 60 Frauen gehören dazu. "Sie kommen aus ganz Frankfurt zu uns", erzählt er. Training sei wegen Corona schwierig und "jetzt ist erst einmal wieder Schluss. Jeden Tag ein Corona-Test für Trainer und Training in Fünfergruppen lässt sich einfach nicht umsetzen", sagt er und betrachtet die 30 fröhlichen Mädchen, die ein Herz und eine Seele sind.

Vom Vereinsring sammeln Peter Keller und Karin Knechtel Zigarettenkippen und Schnapsflaschen in Mülltüten und schütteln den Kopf. "Es ist so schön hier, warum lassen es die Leute nicht einfach so?"

60 prall gefüllte Säcke gesammelt

Ortsvorsteher Christian Becker (CDU) kommt aus dem Staunen gar nicht raus. Er entdeckt ein massives Klo, einen Föhn, um den das Kabel sorgfältig gewickelt ist. "Wer um Himmels Willen kommt auf die Idee, eine Toilette und Frisiergeräte hier abzuladen?", sagt er fassungslos. Rostiger Draht, Unmengen an leeren Glas- und PET-Flaschen, Dosen, Pizzakartons und jede Menge undefinierbarer Müll landen im Sack. 60 davon sind am Ende gefüllt, alle schwitzen und sind glücklich. Selbstgebackener Kuchen und verpackte Kekse sind neben Mineralwasser die Belohnung, die die CDU-Ortsbeiratsmitglieder an einem Feldrand aufbauen. Gärtner, die Erbarmen haben, wegen der schweren Last, packen einen Teil der Müllsäcke in ihre Transporter und fahren sie zum Buchrainplatz, wo der Unrat später von der Frankfurter Entsorgungs- und Service (FES) GmbH abgeholt wird.

"Das sollten wir einfach jeden Monat machen", sind sich die fleißigen Helfer einig. "Wer einmal den Müll anderer entsorgt hat, wird nichts mehr wild wegwerfen", ist auch Breckheimer überzeugt. "Das ist wie das 'Broken-Windows-Syndrom'. Wenn eine Scheibe zerbricht, kann sie schnell repariert werden. Wenn nicht, folgen weitere und mit dem Verfall folgt Kriminalität, weil einer es dem anderen gleichtut." Meisam und Aland verstehen das zwar noch nicht, aber aufräumen wollen sie weiter. "Unser Oberrad soll sauber sein. Das ist für alle schön."

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