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„Allmählich steigt die Verzweiflung“

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Von: Thomas J. Schmidt

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Dieses Diesel-Aggregat, das die Frankfurter in die Ukraine gebracht haben, könnte Leben retten, wenn in der Frühchenstation in Charkiw der Strom ausfallen sollte. Im Abnutzungskrieg nehmen Gefahren und Bedrohungen jeder Art stetig zu.
Dieses Diesel-Aggregat, das die Frankfurter in die Ukraine gebracht haben, könnte Leben retten, wenn in der Frühchenstation in Charkiw der Strom ausfallen sollte. Im Abnutzungskrieg nehmen Gefahren und Bedrohungen jeder Art stetig zu. © Luftfahrt ohne Grenzen

Was die Helfer von Luftfahrt ohne Grenzen bei ihrer jüngsten Fahrt in der Ukraine erlebten

Die Frankfurter Hilfsorganisation Luftfahrt ohne Grenzen (LoG) hat ihren nunmehr zehnten Konvoi nach Rumänien gefahren. „Wir haben zwei große Weihnachtsfeiern veranstaltet“, berichtet der Präsident von LoG, Frank Franke. „Da musste ich mich sogar als Weihnachtsmann verkleiden.“ In Baia Mare (am Rand der Ostkarpaten), dem Hauptstützpunkt von LoG bei ihren Fahrten ins Krisengebiet, luden die Frankfurter Helfer 600 Flüchtlingskinder ein, im westukrainischen Rakiv waren es 500 Kinder. „Es sind Binnenflüchtlinge“, sagt Franke. „Strom gibt es nur manchmal. Zum Glück funktioniert die Wasserversorgung noch. Aber ein großes Problem ist die Kälte.“

Deswegen hatten die sechs Lkw dieses Mal vor allem dicke Winterkleidung geladen, Schuhe und Jacken. Alleine der Wert dieser Kleidung betrug Franke zufolge rund 300 000 Euro. LoG war wieder mit der Partnerorganisation „Menschen brauchen Menschen“ unterwegs. Verschiedene Unternehmen wie die Deutsche Vermögensberatung unterstützen LoG finanziell und mit Sachmitteln, etwa einem eigenen Lkw und Fahrer samt Hilfsgütern. Zwei der Lkw wurden umgeladen und fuhren tiefer in die Ukraine, in die heftig umkämpfte Region von Cherson, der andere nach Charkiw. Ihn hat Michael Maier begleitet.

Sandsäcke vor der Neugeborenen-Station

Michael Maier ist ein privater Helfer aus dem schwäbischen Balingen, der LoG schon bei einer früheren Hilfstour kennengelernt hat. „Wir arbeiten gut zusammen“, sagt Franke. Maier berichtet, er habe mit seinem Hilfsverein „Projekt Maier“ (Proma) Hilfsgüter in ein Krankenhaus in die Millionenmetropole Charkiw gebracht, tief im Osten der Ukraine, nahe der russischen Grenze. „Dort ist vieles zerstört. Es ist schon sehr schwer hinzukommen wegen zerstörter Verkehrswege.“ Die Gebiete nahe der Grenze werden „graue Zone“ genannt. Viele Menschen sind geflohen, auf den Straßen dominieren Militärfahrzeuge, dauernd ertönen Alarme.

In Charkiw hat Maier ein Krankenhaus besucht: „Es ist neun Stockwerke hoch. Ganz oben ist die Neugeborenenstation. Dort liegen frühgeborene Babys in Brutkästen, und an den Wänden und vor den Fenstern stapelt man Sandsäcke.“ Gegen einen Raketentreffer werden sie nicht helfen, da mache sich niemand Illusionen. Dennoch bleiben die Ärzte und Pfleger bei den Kindern, auch wenn der Alarm ertöne.

Gerade zurückgekommen aus Charkiw, hat Maier erfahren, dass er noch einmal hinfahren muss - denn er begleitet den Lastwagen mit Generatoren.

Stromaggregate für die Brutkästen

„Stromgeneratoren sind gerade in der Babyabteilung sehr wichtig, und der Strom fällt dauernd aus.“ Deswegen war er froh, einen mittelgroßen Zwölf-Kilowatt-Generator dort ins Krankenhaus bringen zu können. „Dann gibt es wenigstens Energie für die Brutkästen“, sagte er vor der Abfahrt.

Insgesamt hat Luftfahrt ohne Grenzen bei den zehn Konvois schon 64 Lastwagen auf die Straße gebracht mit zusammen rund 2000 Tonnen Hilfsgütern. „Viele Menschen wollen ihr Land nicht verlassten“, sagt Franke, „sondern lieber dort bleiben, auch wenn die Umstände widrig sind.“ Deswegen sei es sinnvoll, sie zu unterstützen. „Allmählich steigt die Verzweiflung, denn es geht in einen Abnutzungskrieg über. Die Infrastruktur ist zerstört.“ Es wird noch viel Hilfe nötig sein.

Spenden: Wer LoG unterstützen will: Die Konto-IBAN lautet DE84 5005 0201 0200 3322 44 bei der Frankfurter Sparkasse. Als Kennwort „Ukraine“ angeben. Die Spenden sind steuerabzugsfähig.

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