OB-Wahl in Frankfurt: Er will die Bürger mit an Bord holen

Auch Sven Junghans, der Kapitän der Mainfähre, bewirbt sich fürs höchste Amt der Stadt. Er will vieles anders machen als Feldmann.
Frankfurt – Es gibt da diesen Satz, der den ansonsten emotional stabil verankerten Kapitän Sven Junghans so richtig auf die Palme bringt: „Ich kann das nicht entscheiden.“ Junghans, der seit 2012 mit der „Walter Kolb“ auf dem Main schippert, hat genau diese Antwort über die Jahre in den Amtsstuben der Stadt oft gehört. Etwa auf seine vielen Anfragen hin, die Zukunft und Finanzierung seines Schiffs betreffend.
Fehlende Passagiere in der Pandemie-Zeit und explodierende Energiekosten haben sein seit 400 Jahren funktionierendes Geschäftsmodell in schwieriges Fahrwasser gebracht. „Keiner fühlt sich in den Behörden der Stadt zuständig, diese Erfahrungen machen ich - und mit mir auch viele Bürger - immer wieder“, beklagt Junghans.
Frankfurter OB-Kandidat Junghans: Unterschriften schnell beisammen
Das will Junghans, der bereits bei der vergangenen Kommunalwahl angetreten war, ändern und nun selber im Römer das Ruder übernehmen. Er tritt auf Listenplatz 13 bei der Oberbürgermeister-Wahl am 5. März an - als einer von insgesamt 20 Bewerbern, davon acht Einzelkandidaten. Die erforderlichen 186 Unterschriften - doppelt so viele wie es Sitze im Stadtparlament gibt mussten es sein - habe er schnell zusammenbekommen, sagt er. Und dies gewissermaßen „en passant“, sprich: Auf seinen Fährfahrten zwischen Höchst und Schwanheim. „Manche Passagiere haben die Listen gleich mitgenommen, um in ihrer Straße weitere Unterschriften zu sammeln“, erzählt der 49-Jährige stolz.
Dass er keiner Parteilinie folgen muss, begreift er als Vorteil dafür, ein Oberbürgermeister zu werden, der für Bürgernähe steht. Er sieht sich weder links noch rechts; er möchte nicht parteiideologisch, sondern sachlich orientiert entscheiden. Sven Junghans fordert: „Die Stadtverordneten müssen endlich Politik für die Stadt und die Bürger machen.“
Frankfurt: OB-Kandidat Junghans fordert mehr Spielraum für die Ortsbeiräte
Dazu gehört für ihn auch, den Ortsbeiräte in ihrer Handlungsfähigkeit mehr Spielraum und Selbstentscheidungsrecht zu geben. Zum Stadtteilparlament in „seinem“ Frankfurter Westen, pflegt er gute Kontakte. Wiederholt hat sich der Ortsbeirat 6 in Anträgen für den Erhalt seiner „Walter Kolb“ stark gemacht - und vor allem die Menschen im Westen waren es, die ihn vor allem im ersten Corona-Jahr mit großer Spendenbereitschaft unterstützten, als dem Fährmann das Wasser buchstäblich bis zum Hals stand.
Doch nicht nur für die Menschen im Westen will er da sein. „Meine Passagiere kommen aus allen Stadtteilen und erzählen mir von ihren Sorgen und Ängsten“, stellt er klar. Viele Probleme ähnelten sich: Die Klagen über Vermüllung, zu viel Verkehr, zu wenig Parkplätze etwa. Auch die Sorge darüber, dass der soziale Zusammenhalt in der Gesellschaft verloren gehe. Was er dagegen tun will? „Die Integration stärker fördern und die Vereine besser unterstützen“, sagt Junghans. Sonst gehe auch Tradition verloren, glaubt er, dessen Mainfähre selber ein schwimmendes Kulturgut in Frankfurt ist.
Junghans will als Oberbürgermeister von Frankfurt meistens auf die goldene Kette verzichten
An diesem Donnerstag, 16. Februar, geht die Fähre nach ihrer langen Winterpause wieder in Betrieb. Erstmals hat Junghans die Pause so lange ausgedehnt, aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Bislang ging es im Januar schon weiter. Die „Walter Kolb“ gehört zwar der Stadt und untersteht als „schwimmende Brücke“ dem Amt für Straßenbau und Erschließung, aber Junghans ist der Pächter und trägt das unternehmerische Risiko. Deshalb nimmt er auch für sich in Anspruch, die Sorgen zu kennen, die speziell den Gewerbetreibenden das Leben schwer machen. Sie steuerlich zu entlasten, ist ihm entsprechend wichtig.
Dabei ist ihm bewusst, dass derlei Entscheidungen das Stadtparlament zu treffen hat, während ihm als Oberbürgermeister obliege, die Stadt zu repräsentieren. Das, so viel scheint klar, dürfte bei einem OB Junghans bedeutend hemdsärmeliger ausfallen. Die goldene Kette, vom bisherigen Amtsinhaber oft und gerne getragen, dürfte er sich eher selten um den Hals legen. „Nur wenn es das Protokoll zwingend erfordert“, stellt Junghans klar, der sich schon mit einem Schlips unwohl fühlt. „Ich bin nun mal Handwerker“, sagt er. Und fügt selbstbewusst hinzu: „Aber auch eine Stadt zu führen, ist letztlich ein Handwerk.“ (Michael Forst)