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Andreas Lobenstein: „So reich, wie wir tun, sind wir nicht“

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Kreisvorsitzender der AfD und jetzt Oberbürgermeister-Kandidat: Andreas Lobenstein. FOTO: Enrico Sauda
Kreisvorsitzender der AfD und jetzt Oberbürgermeister-Kandidat: Andreas Lobenstein. © Enrico Sauda

Am 5. März haben die Frankfurter die Wahl: 20 Kandidaten bewerben sich um das Amt des Stadtoberhauptes. In einer Serie stellen wir einzelne Kandidaten vor. Heute: Andreas Lobenstein (AfD).

Frankfurt -Einige Bände von Erich Frieds Shakespeare-Übersetzungen. Romane in Russisch, darunter Samjatins „Wir“ und Dostojewskis „Schuld und Sühne“. Einige Bände Houellebecq, die Bibel, Homer und Henry Kissinger: Wer in dieses Buchregal schaut, glaubt nicht, dass es Mann gehört, den viele für rechtsradikal halten. „Nein, das bin ich nicht“, sagt Andreas Lobenstein lachend. Der AfD-Kreisvorsitzende möchte Oberbürgermeister werden.

Stimmt es denn, was man über die AfD lesen kann - dass sie islamfeindlich ist? Nein, es stimme nicht, sagt Lobenstein. „Ich bin nicht islamfeindlich. Ich bin migrationskritisch, wenn die Migration unkontrolliert erfolgt“, so der Kandidat der AfD. Im Übrigen sei er mit einer Russin verheiratet - und habe Putin schon kritisiert, als Angela Merkel noch die Nord-Stream-2-Pipeline bauen ließ.

Nichts erinnert an Politik

In seiner Wohnung erinnert nichts an Politik. Alles ist nüchtern und aufgeräumt, nicht verschwenderisch, nicht ärmlich. Eine Tür führt zum Balkon, eine großzügige Sofagarnitur dominiert. Der winzige Hund fordert jeden Besucher zum Spielen auf.

Lobenstein ist seit eineinhalb Jahren im Parlament. „Wir haben uns überlegt, ob wir antreten, wenn die Abwahl gegen Feldmann gelingt.“ Nachdem dies geschehen war, kam die Frage, wer kandidieren sollte. Das bekannteste Gesicht der AfD-Fraktion, Patrick Schenk, habe beruflich zu viel zu tun gehabt, Markus Fuchs und Anna Nguyen wollten auch nicht. „Da habe ich gesagt, ich mache es“, sagt Lobenstein. Wer die Lippen spitze, müsse auch pfeifen.

Keine Millionen für den Klimaschutz

Seine Mitbewerber bei der OB-Wahl in Frankfurt betrachtet er differenziert. „Wir können nicht Millionen für den Klimaschutz ausgeben, wie Manuela Rottmann es will.“ Mike Josef hingegen findet seine Anerkennung: „Er sagt, dass das Geld, das verteilt werden soll, erst einmal erwirtschaftet werden muss.“ Uwe Becker, der Kandidat der CDU, sei der AfD in herzlicher Abneigung zugetan. Die Frage, welchem der drei Konkurrenten er am ehesten mit einer Wahlempfehlung schaden möchte, beantwortet Lobenstein mit einem Lachen.

Dann wird er wieder ernst: „So reich, wie wir tun, sind wir nicht. Wenn jemand mit 1800 Euro netto in Frankfurt überleben will, wird es schwer. Rentner haben im Meridian nur 800 Euro Rente.“ Frankfurt habe 100 000 Einwohner hinzugewonnen, die Wohnungen seien nicht im gleichen Maße gewachsen. Dann stiegen halt die Mietpreise.

Kritischer Blick auf die Bundespartei

Lobenstein schimpft auf die Grünen. „Wenn man sagt, wir dürfen nichts versiegeln, dann darf man auch keinen günstigen Wohnraum versprechen. Erst recht nicht, wenn man private Investoren verschreckt. Diese Politik macht alles zunichte“ - zum Beispiel bei den Günthersburghöfen, die von Planungsdezernent Olaf Cunitz auf den Weg gebracht und dann doch nicht gebaut wurden.

Im Stadtparlament, hat er festgestellt, sei der Hass weitgehend weg, der seiner Partei noch in der vorigen Legislatur entgegengeschlagen ist. „Lediglich bei Ökolinx und bei der Fraktion ist das noch da“, sagt Lobenstein. Von Koalitionen jedoch sei die AfD noch entfernt. Vielleicht in der nächsten Legislatur? Womöglich normalisiere sich das Verhältnis der anderen Parteien zu den Neulingen bei der AfD ebenso, wie vor 30 Jahren das Verhältnis der SPD zur Linken, oder vor 40 Jahren zu den Grünen. Nur dass es diesmal die CDU ist, die sich gewöhnen muss.

Keine Krawall-Typen in der Römerfraktion

Und natürlich müsste sich die AfD gewöhnen. Hier sieht Lobenstein kaum Hindernisse: Die Römerfraktion sei von Krawall-Typen auf Bundesebene, etwa Björn Höcke, weit entfernt. „Den haben wir noch nie eingeladen.“ Parteifreunde in Sachsen sieht Lobenstein ebenfalls kritisch: „Teilweise sind das Wutbürger mit Mandat.“ Und dennoch: Die AfD in Frankfurt könne keinen Stammtisch für Interessierte veranstalten: „Dieser Gaststätte würde die Antifa die Scheiben einschlagen.“

Politisch sieht Lobenstein einige ganz große Probleme in Deutschland, zuerst die Migrationspolitik und die Energiepolitik. Die verfehlte Energiepolitik habe die Strompreise so hoch steigen lassen, dass die Industrie das Land verlässt, etwa die Chemieindustrie. „Grün wählen muss man sich leisten können. Für Geringverdiener ist es schwierig.“ Dabei sei es einfach, CO2-frei Energie zu erzeugen, so Lobenstein: mit neuen Atomkraftwerken.

Seit Lobenstein im Parlament ist, hat er seinen Job bei der französischen Großbank BNP Paribas auf 80 Prozent reduziert und arbeitet viel von zu Hause. „Wir überprüfen Kredite von Firmenkunden“, sagt er, „Back Office.“ Heute ist noch ein Ausschuss im Römer, da hat Lobenstein nachmittags frei. Er schaut auf die Uhr. Eine Stunde. „So langsam muss ich los“, sagt er. Mit dem Fahrrad. „Ich erledige 80 Prozent meiner Fahrten mit dem Rad“, sagt er, „und wenn es regnet, mit der U-Bahn. Ich kann das, weil ich in der Stadt lebe.“ Nur: Man müsse auch an die Leute am Stadtrand denken, dürfe Verkehrspolitik nicht nur von denen aus machen, die in den Quartieren wohnen. Verkehrspolitik wie in der Berliner Straße hingegen sei „irre“.

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