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Auf der Motto-Parkbank besser ausruhen

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Das Künstler-Paar Elmar Lixenfeld und Angela Pfotenhauer sitzt noch „in der Luft“, vor dem Foto des Bankmodells mit der mit einem Spruch verzierten Lehnbohle. Die Bank und die bereits betextete Bohlen sind in der Werkbund-Galerie zu sehen. FOTO: uwe dettmar
Das Künstler-Paar Elmar Lixenfeld und Angela Pfotenhauer sitzt noch „in der Luft“, vor dem Foto des Bankmodells mit der mit einem Spruch verzierten Lehnbohle. Die Bank und die bereits betextete Bohlen sind in der Werkbund-Galerie zu sehen. © FFF_Bankprojekt_LIX01

Das Künstler-Paar Elmar Lixenfeld und Angela Pfotenhauer will Frankfurter zum Innehalten bewegen - mit einer „Inne-Halte-Stelle“.

Frankfurt -Dabei will er doch einfach „nur mal so da sein“. Spätestens seit Loriots humorvollem Sketch vom knollennasigen Gatten, der im Wohnzimmer-Plüsch sitzen und seine freie Zeit so gar nicht mit Nützlichmachen füllen will, ist der Wunsch nach dem Sein ohne Tun zum oft zitierten Witz avanciert. Vor allem jetzt, in den Osterferien, wenn sich statt der ersehnten Freizeit mancher gleich wieder vor einer vollen To-do-Liste sieht, wäre eine „Inne-Halte-Stelle“ eine feine Sache.

Mottos in Handarbeit

Aber, darf man das überhaupt - vor sich selbst und vor der Whats-App-Gruppe: mal „vorübergehend nicht erreichbar“ sein? Oder, als Steigerung des Verschnaufens, für einen kurzen Moment mal „keine weiteren Ziele“ haben? Sich sozusagen eine „Sitzpause statt standby“ zu gönnen?

Unbedingt, appellieren die passionierten Weitwanderer Elmar Lixenfeld und Angela Pfotenhauer in ihrem Frankfurter Sitzbank-Projekt, dem die oben zitierten Mottos entlehnt sind. In seiner kleinen Ausstellung „vorübergehend nicht erreichbar“ in der Werkbund-Galerie präsentiert das Künstler-Paar seine Idee für eine Serie von Bänken in Parks - mit einer feinen Besonderheit: In die die oberen Lehnbohlen sollen Sinnsprüche geschnitzt werden, die zum Weiterdenken, Lächeln, Sich-freuen und Hinsetzen anregen. Die Ausstellung zeigt dazu Beispiele.

„Alles handgeschnitzt“, darauf legt Gestalter Elmar Lixenfeld Wert. Und tatsächlich, ergänzte ein fachkundiger Gast bei der Ausstellungseröffnung, während er ehrfürchtig mit dem Zeigefinger über die vertieften Pixel in einer Holzbohle fühlte: „Kaum eine Maschine ist in der Lage, solche eckigen, steilen Kehlen in hartes Douglasienholz zu fräsen.“

In Frankfurt „heute kein Ereignis“

Den Typografen Lixenfeld schreckt die Handarbeit nicht. Er empfindet es als sinnvolle, erfüllte Zeit, einen Sinnspruch wie „heute kein Ereignis“ mit Hingabe in ein hartes Brett zu schneiden. Die von ihm eigens für die Bänke entworfene Schrift, eine Pixeltype, schwebt zwischen zwei Welten: Einerseits verweist der Kerbschnitt auf das Permanente (auf antike, in Stein gemeißelte Inschriften - gleichsam für die Ewigkeit), andererseits auf das Flüchtige (auf leuchtende, digitale Anzeigen wie in der U-Bahn - alles ist vorläufig).

Wie kam es zu dem Projekt? Pfotenhauer: „Auf unserer Fußreise von Frankfurt nach Basel stellten wir fest, wie oft wir uns eine Pausenbank erträumten, einfach zum Sitzen und Schauen.“ Und Lixenfeld ergänzt: „Ja, gerade wir Frankfurter sind ja verwöhnt, wir haben schon viele dieser formschönen und robusten Parkbänke! Ich weiß, dass unsere Stadt darin im Vergleich zu anderen ein Vorreiter ist. Und dennoch: Jede einzelne der mehr als 7000 Bänke muss erhalten und gepflegt werden.“ Vor diesem Hintergrund sollen die sorgfältig eingearbeiteten Sinnsprüche daran erinnern, dass jede Parkbank ein Unikat ist. „Eben. Und gerade eine älter werdende Stadtgesellschaft braucht mehr Bänke im öffentlichen Raum“, so Pfotenhauer. „Ältere Menschen verlassen oft das Haus nicht, wenn es keine Sitzbänke gibt. Und nicht jede und jeder will sich gleich einen Cafébesuch erlauben, um sich mal kurz hinzusetzen und zu plaudern.“

Bänke ermöglichen Kommunikation

Nur kurz konnten sich die beiden für den Fotografen setzen. Ein „bleib doch noch ein bisschen“ erlaubt die Muskelkraft nicht, denn den Bankentwurf hat Lixenfeld ausgedruckt und auf die Ausstellungswand geklebt. „Genau so oder anders“ soll es später aussehen, scherzt Lixenfeld, und Pfotenhauer liest trotz Muskelbrennen vor: „Die Vorteile überwiegen.“

Humorvoll und leicht wirkt das Parkbank-Projekt. Es ist das Augenzwinkern, das inspirieren soll - über die Nutzung des städtischen Raums nachzudenken und vielleicht sogar selbst eine neue Bank anstelle einer maroden zu spenden. Die Idee hinter den Mottobänken ist ein verschlüsseltes Spiel mit Worten, das in der Zeit des Barock populär war. Lixenfeld hat sich mit der damaligen Begeisterung für Embleme beschäftigt: „Unser Spiel geht bei den Bänken so: Ein Motto verbindet die sitzende Person auf rätselhafte Weise mit ihrer Umgebung und dem persönlichen Augenblick. Die Mottos wollen von den üblichen Gedankenschlaufen wegführen, um im besten Falle sogar zu einem säkularen Meditieren zu gelangen.“ Und Pfotenhauer wirft eines der eigenen Zitate ein: „Standpunkt neu berechnen!“

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