Frankfurt: So wirbt Bündnis auf der Zeil für die Abwahl von Oberbürgermeister Peter Feldmann
Breites politisches Bündnis ist samstags an der Hauptwache in Frankfurt vor dem Bürgerentscheid gegen Oberbürgermeister Peter Feldmann aktiv.
Frankfurt -An diesem regenfeuchten Samstagnachmittag könnte man sich auch einfach auf dem Wohnzimmersofa einkuscheln. Doch für Hendrik Gienow ist das keine Option. Stattdessen harrt der Kommunalpolitiker, Mitglied der CDU Bockenheim, geduldig an dem Infostand an der Hauptwache in Frankfurt aus, mustert die Vorbeilaufenden: Wer erwidert seinen Blick? Wem könnte er einen Flyer in die Hand drücken? Wen könnte er ansprechen, um für sein Anliegen zu werben? Dieses Anliegen, das Kommunalpolitiker von Grünen, CDU, FDP, Volt und SPD seit Monaten umtreibt: möglichst viele Frankfurter davon zu überzeugen, dass sie beim Bürgerentscheid über die Abwahl von Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) am 6. November mit „Ja“ stimmen.
Um das zu erreichen, haben sich Parteien unterschiedlichster Couleur an der Hauptwache zusammengefunden: Neben CDU-Politiker Gienow werben auch Vertreter von Grünen, FDP und Volt um Stimmen gegen Feldmann. Nur die SPD fehlt. Sie unterstütze zwar das Abwahlverfahren, stelle es aber ihren Mitgliedern frei, ob sie sich dafür engagieren wolle, erläutert Gienow. Anders als die anderen vier Parteien habe sie deshalb keine Dienste für den Infostand organisiert. Auch Plakate hängt die SPD nicht auf.
Frankfurt: Abstimmung über Abwahl von Peter Feldmann rückt näher
Davon lassen sich die Aktivisten der übrigen vier Parteien nicht verdrießen. Während ein paar Meter weiter zwei Prediger lautstark Gottes Güte preisen, versuchen sie unermüdlich, Passanten für ihr Ziel zu gewinnen. Das ist gar nicht so einfach. Nicht nur deshalb, weil viele lieber das nächste Kaufhaus anpeilen, als sich in ein Gespräch über Kommunalpolitik verwickeln zu lassen. Zwar sei ein Großteil der Frankfurter, die er anspreche, gegen Feldmann, sagt Gienow. Doch etwa die Hälfte der Passanten lebe nicht in der Stadt und dürfe nicht abstimmen. Immerhin: Auch von Menschen aus dem Umland schlage ihm viel Verständnis entgegen. „Ihr tut uns so leid, weil Ihr so einen störrischen Oberbürgermeister habt; wir würden ihn auch abwählen“ - solche Sätze höre er immer wieder. Feldmann-Befürworter tauchten hingegen nur vereinzelt auf.
Nebenan diskutiert FDP-Stadtverordneter Julian Langner mit zwei jungen Frauen. Sein Pech: Auch sie leben nicht in Frankfurt, sondern in der Wetterau. Aber, erzählt die eine, ein Freund von ihr wohne hier. Deshalb wolle sie sich nun informieren, um ihn zum Wählen zu animieren. Langner drückt ihr einen Flyer in die Hand. „Haben Sie weitere Freunde in Frankfurt, die Sie überzeugen könnten?“, erkundigt er sich. Leider nein.
Frankfurt: 30 Prozent der Wahlberechtigten müssen abstimmen, damit Ergebnis zählt
Zwar wüssten viele über Feldmanns Verfehlungen Bescheid, sagt der FDP-Politiker: „Das große Problem ist aber, dass viele noch nicht realisiert haben, dass 30 Prozent der Wahlberechtigten für die Abwahl stimmen müssen.“ Vor allem den EU-Ausländern, die auch wahlberechtigt seien, sei oft nicht bewusst, dass sie mit abstimmen könnten.
Gut 150 000 Voten gegen den Oberbürgermeister, das sei eine hohe Hürde, räumt auch Hendrik Gienow ein. Julia Eberz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Römer, und der stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende Sebastian Papke sind optimistischer. Beim Bürgerentscheid in Sachen Rennbahn habe man vor sieben Jahren immerhin eine Wahlbeteiligung von gut 20 Prozent erreicht, obwohl das Thema nur wenige interessiert habe, sagt Papke und prophezeit: „Ich glaube, wir werden am 6. November eine positive Überraschung erleben.“ Auch Volt-Vorsitzende Grit Winkler spricht von „guten Gesprächen“, die sie am Infostand führe: „Viele sehen die Abwahl als Chance.“

Frankfurt: Peter Feldmann bricht Rücktrittsversprechen schon vor der Abstimmung
Eine Passantin, der Julian Langner gerade einen Flyer in die Hand gedrückt hat, wirkt hingegen skeptisch: Ob denn das Abwahlverfahren wirklich nötig sei, schließlich habe Feldmann doch angeboten, dass er im Januar gehen wolle, will sie wissen. Langner schüttelt den Kopf: „Ich versichere Ihnen, der wäre nicht gegangen.“ Die Frau wirkt nicht ganz überzeugt, verspricht aber beim Gehen: „Ich werde wählen gehen.“ Sein Rücktrittsversprechen für Ende Januar hat Feldmann längst kassiert und will nun bis Mitte 2024 bleiben.
Dass die Kommunalpolitiker konkurrierenden Parteien angehören, die sich sonst gegenseitig attackieren - davon ist bei dem Infostand nichts zu spüren. Im Gegenteil. Vorhin, erzählt Hendrik Gienow, sei er sogar einem Vertreter der Grünen zu Hilfe gekommen. Der sei von einem angetrunkenen Fußballfan angegangen worden, der sich über Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang echauffiert habe. Und Julia Eberz merkt an, dass sie zusammen mit ihrer Partnerin, die bei der CDU aktiv ist, Plakate für den Bürgerentscheid aufhängt: „Das wird wohl das erste und letzte Mal sein, dass wir das zusammen machen können.“ (Brigitte Degelmann)
Die Grüne-Soße-Festivalmacherin Maja Wolff bewirbt sich in Frankfurt um die Feldmann-Nachfolge als Oberbürgermeisterin.