Frankfurter Traditionsmetzgerei schließt - Kunden beginnen mit Hamsterkäufen
Sie ist eine der letzten ihrer Art in Frankfurt: Eine beliebte Metzgerei schließt ihre Pforten. Damit endet eine 90-jährige Tradition.
Frankfurt - In der EU leben knapp 450 Millionen Menschen. Gefühlt gibt es auch mindestens so viele Verordnungen, Richtlinien und Gesetze. Sie sollen einen gleichberechtigten Handel, gleiche Voraussetzungen schaffen. Eine dieser Vorgaben wurde jetzt Metzgermeister Stefan Schmidt aus der Korffstraße in Frankfurt-Harheim zum Verhängnis. Hier leben etwa 5300 Menschen. Vom Ende dieses Jahres an müssen sie auf den letzten Metzger mit einem Ladengeschäft in ihrem dörflichen Stadtteil verzichten. Stefan Schmidt macht zu. Nach 24 Jahren. „Um noch selber produzieren zu dürfen, müssten wir nach EU-Richtlinien den Laden umbauen. Das würde mich Tausende kosten. Das könnte ich vielleicht noch stemmen, aber uns fehlt es auch an Personal.“
Als Schmidts Großvater Johann Seibler die Metzgerei vor über 90 Jahren eröffnete, gab es noch zahlreiche ausgebildete Mitarbeiter. Stefan Schmidt und seine Ehefrau Nicole, die das Geschäft seit 1999 mit ihrem Mann führt, bildeten 2004 den letzten Gesellen aus. Doch nicht nur der Mangel an Fachkräften, sondern auch die schlechte Energiesicherheit und steigende Rohstoffpreise sind für die Schmidts ein Problem. In den vergangenen Jahren haben sie deshalb stetig ihre Öffnungszeiten reduziert. „Aber die Aussichten werden nicht besser“, sagt Stefan Schmidt. Die EU-Auflagen haben das Fass nun zum Überlaufen gebracht.
Traditionsmetzgerei in Frankfurt schließt: Vor 90 Jahren fing alles an
Alle paar Jahre führt das Regierungspräsidium Darmstadt Kontrollen durch, dieses Jahr habe ein neuer Prüfer Mängel festgestellt, die Investitionen bedeuten würden. „Bislang waren die Vorschriften nicht so streng“, sagt Schmidt. „Das sind dieselben wie für eine Großschlachterei.“

Im Schnitt schlachtet der Metzgermeister 15 Schweine pro Woche, die ihm von seinem Cousin Axel Schmidt, einem Landwirt in Harheim, geliefert werden. Für die Fleischwurst nach eigener Rezeptur kämen Kunden aus ganz Frankfurt. Und für die legendären Mettbrötchen.
Frankfurter Metzger schlachtet 15 Schweine pro Woche - Doch nun ist Schluss
Früher habe sein Vater auch Rinder geschlachtet, das sei wegen Lagerungsrichtlinien schon lange nicht mehr möglich. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Schmidts ein großes Sortiment zusammengestellt und stellen rund 95 Prozent der Ware selbst her.
Nach der Schließung am 31. Dezember werden die Schmidts ein bis zwei Monate für die Auflösung des Ladens und die Rückgabe geleaster Maschinen brauchen. Zwar wird durch die Auflagen nur die Schlachtung eingestellt, doch andernorts schlachten lassen wolle er nicht. „Das kommt wegen der Transportwege und der verminderten Frische nicht infrage“, sagt er. Er ist noch nicht sicher, ob sie die Metzgerei verpachten oder in eine Wohnung umwandeln. Aber eines steht fest: Die Familie will nicht verkaufen.
Viele Frankfurter tätigen Hamsterkäufe
Auch langjährige Stammkunden der Metzgerei trifft die bevorstehende Schließung. Viele seien schockiert und überfragt, wo sie denn nun ihr Fleisch kaufen sollen. Einige hätten sogar mit Vorratskäufen begonnen. Die meisten Kunden holen Fleisch nur bei der Metzgerei, so Nicole Schmidt, nicht etwa im Supermarkt.
Bereits in seiner Kindheit hat Schmidt seinen Eltern samstags geholfen, Schlachtvieh auszuwählen. Vor 44 Jahren stieg er selbst in den Betrieb ein, absolvierte seine Meisterprüfung und übernahm das Geschäft schließlich selbst. Nun steht ein neuer Lebensabschnitt bevor, bis zur Rente muss Stefan Schmidt noch sieben Jahre arbeiten. Was er genau machen möchte, weiß er noch nicht. Seine Frau ist sechs Jahre jünger als er und überlegt, als Industriekauffrau in ihren Ausbildungsberuf zurückzukehren.
Schmidts Metzgerei ist einer der drei letzten Betriebe in Frankfurt, die selbst schlachten. Nach der Schließung wird es allerdings keinen mehr geben, der auch im eigenen Laden verkauft. (Chiara Scinetti)
Auch das Frankfurter Traditionslokal Heck Meck steht vor dem Aus, da die Miete verdreifacht werden soll. Stammgäste setzen sich für den Erhalt ein.