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Aussteiger protestieren gegen Friedensfestival

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250 Teilnehmer waren beim Friedensmarsch in Bornheim dabei. Bedenken gibt es gegen die Organisatoren.
250 Teilnehmer waren beim Friedensmarsch in Bornheim dabei. Bedenken gibt es gegen die Organisatoren. © RÜFFER

Seit Jahren warnen Sekten- und Weltanschauungsexperten vor der Neureligion Shincheonji aus Korea. Aussteiger und das Zentrum Ökumene haben beim „Art for Peace Festival“ gegen die Gruppierung protestiert.

Frankfurt -Es klingt schön, wenn Kunst zum Frieden beitragen soll. Am Samstag gab es freien Eintritt beim „Art for Peace Festival“ im Saalbau Bornheim, das ab 15 Uhr zu Workshops zum Thema Kunst und Frieden und zu Performances aufgerufen hatte und vorher zu einem „Peace Walk“ (Friedensmarsch). Wer vor dem „Peace Walk“ in den Saal kommt, wird nach seinem Namen gefragt, der notiert wird. „Wir sind für eine Welt des Friedens“, sagt eine junge Frau sehr freundlich. Der Saal ist in Reihen bestuhlt, auf einem großen Bildschirm spricht Lee Man-hee (91), der im Jahr 1984 in Seoul die Neureligion Shincheonji gegründet hat.

Vor dem Haus steht die Polizei

Vor ihr warnen Sekten- und Weltanschauungsexperten seit Jahren. Der Mann, der auf der Leinwand spricht, ist auch „zufällig“, wie es auf mehrmalige Nachfrage heißt, der Vorsitzende von HWPL, der „Heavenly Culture, World Peace, Restoration of Light“-Gruppe, die zu dem Tag eingeladen hat. Den Namen Shincheonji hört man nicht, auch auf den Info-Flyern steht er nirgends.

Polizei steht vor dem Saalbau, die den „Peace Walk“ bis zur Friedberger Anlage und zurück begleitet. Beim Ordnungsamt wurde das, was öffentlich „Peace Walk“ genannt wird, vom Verein Deutschland Zion Gemeinde als Demonstrationszug „Für Frieden in Frankfurt“ angemeldet mit 300 bis 400 Teilnehmern. In der Halle will man sich erst vom Verein Deutschland Zion Gemeinde distanzieren und sagt, dass man damit nichts zu tun habe. Später gibt es eine Entschuldigung. „Ich bin noch nicht so lange dabei“, sagt die junge, freundliche Frau. „Wir haben so viele Gruppen bei uns, da kenne ich nicht alle.“

„Unendliches verdankt die Welt den Müttern“

Neben einem Stand von einigen Aussteigern der Sekte, die ein Schild „Für Frieden - gegen Desinformation“ dabei haben, steht einer der Teilnehmer der Demo, der sich besser auskennt. „Unter dem Namen ,Shincheonji‘ dürfen wir keinen eingetragenen Verein anmelden“, sagt er. Den Grund kenne er nicht. Laut Vereinsregister des Amtsgerichts wurde der Verein im Jahr 2010 als Frankfurt-Korea Internationale Missionsgemeinde gegründet, zwei Jahre später in Frankfurter Friedensgemeinde umbenannt und trägt seit 2017 seinen jetzigen Namen. Die Website führt zu Shincheonji.

Gut 200 Leute kommen aus dem Saal und sammeln sich zu ihrem Friedensmarsch. Mit Trommeln, bunten Schildern und einem Banner vorne. „10. Jährliche Gedenkfeier zur Deklaration des Weltfriedens und Friedenslauf“ steht darauf, und weist auf eine Charta der Sekte hin, die sich DPCW nennt.

„Kein Krieg, nur Frieden“, „Peace“ und „We are One“, „Frieden beginnt mit Dir“ und „Unendliches verdankt die Welt den Müttern“ steht darauf. Einhörner, Herzen, Friedenszeichen, Hände und Menschen sind auf die bunten Plakate gemalt. Lautes Trommeln, Indianergeheul, Jubeln, laute Friedensrufe und immer wieder „HWPL“ sind auf dem Weg zu hören. Passanten und Leute, die bei schönstem Sommerwetter in Cafés sitzen, gucken irritiert zu den lauten und lächelnden Teilnehmern. Knapp 250 zählt die Polizei, während die Gegenveranstaltung an der Saalbau bleibt.

Aussteiger: Junge Leute „rutschen rein“

Robin (24) und Sophia (25) sind zwei der vier Aussteiger hier. Sie erzählen, wie gerade junge Leute reinrutschen können und erst nicht bemerken, was dahintersteckt. Vorgeschobene Umfragen für Uni-Arbeiten, Kontaktaufnahmen über soziale Medien, die Interesse an der gläubigen Person zeigen seien beliebte Methoden. Bibelkreise kämen danach. „Manipuliert wird von Anfang an und langsam wird Druck aufgebaut.“ Geschichtsrevisionismus und das Arbeiten in Jugend- und Frauengruppen mit Camps gehören dazu.

„Man zahlt zehn Prozent des Nettoeinkommens, wird perfide zu weiteren Spenden aufgerufen, arbeitet kostenlos und wird aus seinem sozialen Umfeld gezogen. Schleichend“, sagen sie. Bis man erfahre, dass HWPL ein Teil von Shincheonji ist, sei man gefangen in der vermeintlichen Friedensbewegung.

Die Aussteiger haben sich verfolgt gefühlt, als sie die Gemeinde verlassen haben. Zwei von ihnen haben den Podcast „ExCited“ gegründet. Auch das Zentrum Oekumene ist vor Ort und warnt mit einer 24-Seiten-Broschüre vor der Sekte. „Empfehlungen zum Umgang mit Shincheoji“ heißt sie und wurde in Kooperation mit Sekten- und Weltanschauungsexperten herausgegeben. Die Bewegung aus Korea mit ihren Tarnorganisationen wächst. Allein in Frankfurt sind laut den Aussteigern mehr als 500 Mitglieder, die auch neue Mitglieder werben.

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