Banner basteln für die eigene Meinung

Artikel 13 der UN-Kinderrechte besagt, dass Kinder ihre Meinung frei sagen dürfen. Aber werden sie auch gehört? Was ist ihnen wichtig? Und wie können sie mitbestimmen? Fünft- bis Siebtklässler der Carlo-Mierendorff-Schule ergründen das zurzeit in einem Ferienworkshop.
„Kinder haben Rechte“ oder „Mehr Bäume“ steht auf den Plakaten. Alexandra (10) und Cheyenne (12) dagegen wollen, dass Hundehalter die Haufen ihrer Tiere wegmachen. „Hundekacke an den Schuhen – meine Mutter hat genug zu tun“, hat Alexandra geschrieben. Daneben hat sie einen Hund gemalt, der gerade sein Häufchen macht – und das Bild rot durchgestrichen. „Hier in der Siedlung liegen immer Hundehaufen, auch auf unserem Schulweg“, beschwert sie sich. Entstanden sind die Plakate während eines Ferienworkshops in der Carlo-Mierendorff-Schule.
Dessen Thema sind Kinderrechte, im Speziellen die Artikel 13 (Meinungsfreiheit) und 17 (Zugang zu Informationen) Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. „Das ist der Schwerpunkt der Woche des Kindes, die die Stadt anlässlich des Tags der Kinderrechte rund um den 1. Juni veranstaltet“, sagt Künstler Lukas Sünder, der den Workshop gemeinsam mit dem Verein Kubi organisiert. „Wir haben überlegt, wie wir das Thema umsetzen können. Da bot sich an, über die Kunst bei Demonstrationen zu gehen. Dort werden Meinungen in Form von Plakaten ausgedrückt, Banner werden aufgehängt.“
„Meinungsallee“ entsteht
Genau solche Banner entwickeln die Kinder, um sie am 28. Mai in der „Meinungsallee“ in der zentralen Grünanlage der benachbarten Karl-Kirchner-Siedlung zu zeigen. Kitas und Schulen sind eingeladen, um sich dann auch mit Meinungsfreiheit zu befassen. „Wir stellen Material zur Verfügung, so dass jeder ein eigenes Plakat kreieren kann“, sagt Sünder.
Aber was haben liegengelassene Hundehaufen mit Meinungsfreiheit zu tun? Sehr viel, findet Quartiersmanagerin Angela Freiberg von Frankfurter Programm Aktive Nachbarschaft. „Herumliegende Hundehaufen werden an mich oder den Bürgertreff herangetragen.“ Es gehe auch darum, dass Kinder Wünsche und Bedürfnisse aussprechen. Schließlich sei auch ihr Wohlempfinden wichtig – etwa nicht ständig in Hundehaufen zu treten.
„Die Kinderrechte beziehen sich darauf, dass oft Erwachsene bestimmen – auch bei Themen, die Kinder betreffen. Und das oft, ohne sie zu fragen“, sagt Lukas Sünder. Mädchen und Jungen sollten lernen, ganz selbstverständlich ihre Meinung sagen zu können, und dass es Orte gibt, an denen sie gehört wird. „Etwa von den Kinderbeauftragten, Nachbarschaftsvereinen oder beim Ortsbeirat“, ergänzt Quartiersmanagerin Freiberg.
Wissen,was wichtig ist
Doch erst einmal haben sich die Kinder damit auseinandergesetzt, was sie sich wünschen und was ihnen wichtig ist, sagt Kubi-Mitarbeiterin Julia Winter. Zunächst befragten sich Menschen in der Karl-Kirchner-Siedlung, was ihnen in Preungesheim, in ihrem Quartier gefällt und was nicht sowie was verbesserungswürdig ist. Dann überlegten sie sich spielerisch mithilfe von Themenkarten, was ihnen selbst wichtig ist und wie man entscheidet, was mehr und was weniger bedeutsam ist.
Ihr Beispiel dabei ist ein Rettungsboot mit nur wenig Platz. Die Aufgabe der Kinder: Entscheiden, was unbedingt mit muss und was nicht. Nahrung sei wichtig, wirft Justin (11) ein, „aber nicht Fastfood“. Spielzeug sei weniger wichtig, die Jungen hätten stattdessen ihre Fahrräder mitgenommen. „Die Mädchen haben das umgekehrt gemacht.“ Mobiles Internet nähmen sie mit, sagt Melih (10), „um Kontakt zur Zivilisation zu halten“. Wichtig waren ihnen aber auch weitere abstrakte Dinge: Grundrechte wie freie Religionsausübung und die eigene Kultur praktizieren zu dürfen, waren unter den sieben Dingen, die am Ende übrig blieben, sagt Winter.
Die „Meinungsallee“ am 28. Mai sei nicht nur eine öffentliche Aktion zum Tag der Kinderrechte, erklärt Freiberg. „Der Fokus des Quartiersmanagements liegt in diesem Jahr auf der Grünanlage im Herzen der Karl-Kirchner-Siedlung.“ Mit zahlreichen Aktionen im Sommer wolle sie die Nachbarschaft animieren, Kinder wie auch Erwachsene, ihre Ideen einzubringen, wie die Grünflächen schöner werden können. „Die ,Meinungsallee‘ ist dazu der Auftakt.“