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Neun Festnahmen bei Razzia gegen Schwarzarbeit in Frankfurt

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Bei einer bundesweiten Aktion gegen Schwarzarbeit überprüfen Beamte in Frankfurt Papiere von 66 Beschäftigten in zwölf Lokalen.

Frankfurt - Es wirkt eher, als hätten sich viele Freunde zu einem Drink vor dem Wochenende verabredet. Statt Uniform tragen die Männer und Frauen T-Shirts, Hemden und Jeans - eben das, was Leute tragen, wenn man sich auf ein Bier trifft. Umso größer ist die Überraschung bei Kellnern und Betreibern, als leise das Wort „Zollkontrolle“ fällt und orangene und gelbe Armbinden mit der schwarzen Aufschrift „Zoll“ sichtbar werden. Erst dann kommen die Männer und Frauen mit dunklen Westen nach, auf deren Rücken „Finanzamt“ und „Steuerprüfung“ steht.

Die Beamten in zivil verteilen sich geräuschlos und unauffällig im Raum und lassen niemanden, der arbeitet, aus den Augen. Gäste registrieren kaum, dass etwas anders ist als sonst. „Über unseren Besuch freut sich üblicherweise niemand“, sagt Einsatzleiter Andreas R. (53) vom Hauptzollamt Frankfurt.

Razzia gegen Schwarzarbeit in Frankfurt: „Wir wollen den Betrieb nicht stören“

Deutschlandweit gab es vergangenen Freitag eine Aktion gegen Schwarzarbeit - auch in Frankfurt waren Beamte im Einsatz und kontrollierten in zwölf Lokalen, ob die Beschäftigten angemeldet sind. FOTOs: Sabine Schramek
Deutschlandweit gab es vergangenen Freitag eine Aktion gegen Schwarzarbeit - auch in Frankfurt waren Beamte im Einsatz und kontrollierten in zwölf Lokalen, ob die Beschäftigten angemeldet sind. FOTOs: Sabine Schramek © Schramek

Die Betreiber sind kurz hektisch und nervös, lassen sich aber nach wenigen Minuten nicht mehr anmerken, dass sie sauer sind. Sie sind viel zu sehr Gastgeberprofis, um laut zu werden. „Wir wollen den Betrieb nicht stören, darum überprüfen wir diskret nacheinander jeden einzelnen Mitarbeiter, damit der normale Betrieb weiterlaufen kann“, so R. Die Kontrollen seien „nicht anlassbezogen und ohne Verdacht. Das muss damit natürlich im Verhältnis stehen und auch die Akzeptanz uns gegenüber ist damit höher.“

Der Zollamtsrat hat lange Erfahrung auf den Gebieten Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung, die Umgehung des gesetzlichen Mindestlohns, der im Oktober vergangenen Jahres auf zwölf Euro brutto angehoben wurde, Kassenmanipulation, Scheinselbstständigkeit, die Umgehung von Sozialversicherungsbeiträgen und illegaler Beschäftigung. „Wenn jemand nicht sozialversichert ist, wird auch keine Lohnsteuer gezahlt“, fasst R. es kurz.

Der Paragraph 266a des Strafgesetzbuches zum „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ werde oft missachtet. Nicht immer ginge das vom Arbeitgeber aus. „Wir hatten schon Fälle, in denen Arbeitgeber Leute für drei Tage anmelden wollten, an denen sie gebraucht wurden, sich die Mitarbeiter aber geweigert haben, angemeldet zu werden. Das Leben ist auch diesbezüglich bunt und es gibt Fälle, die einem richtig leidtun können.“

In Frankfurt sind 63 Beamte bei der Aktion gegen Schwarzarbeit im Einsatz

Bundesweit wurden vergangenen Freitag in einer groß angelegten Aktion Hunderte Betriebe überprüft. In Frankfurt sind 63 Beamte zeitgleich in mehreren Gruppen im gesamten Stadtgebiet unterwegs. Im Durchschnitt brauchen sie jeweils eine gute Stunde in insgesamt zwölf Lokalen, Bars und Restaurants, um Personal, Kassen und Papiere zu überprüfen. Manche Betriebe sind vorbildlich, andere nicht. Neunmal bei insgesamt 66 überprüften Personen klicken Handschellen, weil Mitarbeiter keine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung haben.

Pressesprecherin Christine Straß vom Hauptzollamt Frankfurt weist darauf hin, dass es in der Gastronomie fast genauso viele Minijobber wie sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gibt. „Auch Mehrfachbeschäftigung gibt es oft, Arbeitszeitaufzeichnungen werden nicht geführt wie vorgeschrieben und verschleiert und nicht korrekt gebuchte Einnahmen werden als Schwarzlöhne ausgezahlt.“

Die Einsatzkräfte tauchen wie aus dem Nichts auf und verschwinden auch genauso. Sie arbeiten leise, manchmal bleiben einige vor der Tür und benehmen sich wie Leute, die abends unterwegs sind und überlegen, wo sie etwas trinken oder essen wollen. Selbst die beschrifteten Westen machen Gäste nicht sonderlich misstrauisch. „Die haben wahrscheinlich gerade Feierabend“, mutmaßen manche, andere machen Scherze darüber, dass sie wohl „auf dem Weg zu einer Junggesellenparty sind“. Bestellungen steht nichts im Weg, es wird ganz normal bedient und serviert.

Aktion gegen Schwarzarbeit: Im vergangenen Jahr wurden 546 Personen überprüft

Gleichzeitig werden die Beamten in einigen Lokalen fündig. Bis spät in die Nacht verzeichnen sie nicht nur die neun vorläufigen Festnahmen, sondern 25 Verdachtsfälle, dass Personal nicht bei der Sozialversicherung angemeldet ist und 43 Hinweise darauf, dass keine Sofortmeldung an die Rentenversicherung abgegeben wurde. Das wird jetzt überprüft und Kontrollen wird es weiterhin unangemeldet geben.

Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 170 Betriebe und 546 Personen von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit überprüft. Dabei sind 230 Strafverfahren eingeleitet worden, weil Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt wurden, es gab 323 Bußgeldverfahren inklusive 59 Verstöße gegen das Mindestlohngesetz und 39 Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht. Es gibt also viel zu tun. (Sabine Schramek)

Bereits im März waren Zoll, Polizei und Finanzamt bei einer größer angelegten Aktion gegen Frankfurter Lohnbetrüger vorgegangen.

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