1. Startseite
  2. Frankfurt

Lokal contra Laden in Frankfurt: Was auf der Berger Straße passiert, missfällt vielen

Kommentare

Wo immer mehr Einzelhändler aufgeben, breitet sich die Gastro-Szene aus. Die Geschäftsleute auf der Berger Straße in Frankfurt suchen nach Strategien.

Frankfurt - Untere Berger Straße, Oeder Weg oder Eckenheimer Landstraße - die Einkaufsstraßen im Nordend in Frankfurt haben im Prinzip alle mit dem selben Problem zu kämpfen: Die Menschen kaufen online ein, die Einzelhändler machen dadurch weniger Umsatz, weshalb sie sich die steigenden Ladenmieten nicht mehr leisten können und schließlich aufgeben müssen. Und schwupps eröffnet schon das nächste Restaurant, weil Gastronomiebetriebe deutlich höhere Umsätze erwirtschaften als Einzelhändler. Laut Eduard Singer, Leiter City- und Stadtteilmarketing der Stadt Frankfurt, darf das Verhältnis aber nicht kippen. Denn: „Ohne Handel funktionieren Einkaufsstraßen eben nicht.“

In der jüngsten Sitzung des Ortsbeirates 3 (Nordend) skizzierte er die Arbeit der Stabstelle Stadtmarketing und stellte diverse Förderprogramme und Imagekampagnen zur Belebung der Innenstadt vor. Zentrale Punkte, die auch für die Einkaufsstraßen in den Stadtteilen zuträfen: Aufenthaltsqualität steigern, mehr Sauberkeit und Sicherheit, mehr Grün in der Stadt, Kultur- oder Musikveranstaltungen. Und natürlich habe der Magistrat auch das Thema Mieten auf dem Schirm.

Mehr Sauberkeit, mehr Sicherheit etwa auf der Berger Straße in Frankfurt

„Das ist die einzige Stellschraube. Alle Geschäfte im Oeder Weg, die weg sind, haben wegen Mieterhöhungen geschlossen“, sagte Manfred Zieran (Ökolinx) und stellte zur Diskussion, welche Möglichkeiten es außer Subventionen gebe, um den Geschäftsleuten zu helfen. Kaweh Nemati, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Untere Berger Straße, hat da genaue Vorstellungen: Ein Stopp bei den Nutzungsänderungsgesuchen, weil es ein Überangebot an Gastronomie in der Unteren Berger gibt. Wenn also ein Geschäft schließt, müsste die Fläche wieder als Laden vermietet werden, eine Restaurant-Nutzung wäre somit ausgeschlossen. Mit diesem Vorschlag könne sie sich anfreunden erklärte Martina van Holst, Fraktionsvorsitzende der Linken.

Laut Nemati wäre damit allen geholfen, Geschäftsleuten wie Anwohnern. Die Mieten würden nicht mehr steigen, wahrscheinlich sogar sinken. Die Anwohner hätten in unmittelbarer Nähe mehr Auswahl und angesichts einer begrenzten Anzahl von Restaurants und Kneipen sei es abends leiser. Ungelöst sei das Thema Erreichbarkeit: Weil Parkplätze wegfallen und der Radverkehr gefördert werden, kämen keine Kunden mehr aus dem Umland. „Mit denen machen wir aber 30 bis 40 Prozent unserer Umsätze“, sagte Nemati.

Welche Rolle spielen Menschen aus Umland auf Berger Straße oder Oeder Weg?

Immer mehr Restaurants und Kneipen machen sich in der unteren Berger Straße breit und drängen den Einzelhandel zurück. Die Entwicklung wird zunehmend mit Sorge betrachtet.
Immer mehr Restaurants und Kneipen machen sich in der unteren Berger Straße breit und drängen den Einzelhandel zurück. Die Entwicklung wird zunehmend mit Sorge betrachtet. © Monika Müller

Dr. Noemi Fernández Sánchez, die bei der IHK Frankfurt das Geschäftsfeld Standortpolitik verantwortet, bewertet die Situation noch aus einer anderen Perspektive. Frankfurt sei nicht nur ein Handelsstandort für diejenigen, die hier wohnen. Frankfurt habe auch eine Versorgungsfunktion für Menschen aus dem Umland, sagte sie. Eine Umfrage bei Passanten auf der Zeil habe ergeben, dass 70 Prozent wegen des Einzelhandels in die Stadt fahren. Sterbe das Angebot, kämen die Kunden auch nicht mehr zurück. Genau das befürchteten die Geschäftsleute aber im Oeder Weg. Und genau aus diesem Grund wollten Geschäftsleute mit einbezogen werden in die Entscheidung, ob eine Straße in eine fahrradfreundliche Nebenstraße umgewidmet werde.

Gewerbetreibenden in Frankfurt sollen Quartiersmanagement installieren

Ortsvorsteherin Karin Guder (Grüne) hält es für sinnvoll, dass sich die Gewerbetreibenden organisieren. Früher habe es im Oeder Weg einen Gewerbeverein gegeben, der viel angestoßen habe. Auch einen Kümmerer wie etwa auf der oberen Berger Straße hält sie für ein gutes Mittel, um die Einkaufsstraße voranzubringen. Singer hält das Kümmerer-Projekt zwar für wichtig, deutlich effektiver sei es aber, wenn ein professionelles Quartiersmanagement mit Kontakten zur Stadtverwaltung oder auch zu Immobilienbesitzern installiert werde.

Sabine Döpfner, die in der Humboldstraße wohnt, erinnerte daran, dass jeder etwas gegen das Ladensterben tun könne. „Wir alle sind Käufer und können etwas tun“, forderte sie die Anwesenden zum Einkaufen beim kleinen Händler um die Ecke auf. (bit)

Auch interessant

Kommentare