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Frankfurt: Petition soll Eintracht-Kneipe retten – „Das Bierhaus darf nicht schließen“

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Wirt Jürgen Liller in seinem Element inmitten der Stammgäste, die geschlossen hinter ihm stehen.
Wirt Jürgen Liller in seinem Element inmitten der Stammgäste, die geschlossen hinter ihm stehen. © Rainer Rüffer

Die Radeberger Gruppe verlängert den Pachtvertrag mit dem Bierhaus nicht. Nun starten Frankfurter Vereine eine Petition für den Erhalt der Eintracht-Kneipe.

Frankfurt - Das Bierhaus in der Villa Bonn an der Offenbacher Landstraße in Frankfurt muss überraschend zum Jahreswechsel schließen. Die Vermieterin, die Radeberger Gruppe, lässt den Pachtvertrag auslaufen und will eine neue Pächterin einsetzen, die einen Mittagstisch anbieten soll. Das geht aus einer E-Mail an die jetzigen Betreiber, die Barth Gastro GmbH, hervor, die vergangenen Dienstagabend (29. November) einging und der FNP vorliegt. Die Radeberger Gruppe hat sich bislang nicht geäußert.

Die Gäste der im Stadtteil Oberrad sehr beliebten Fankneipe von Eintracht Frankfurt können es nicht fassen. „Es ist unbegreiflich. Das kann nicht sein, dass den Oberrädern ihr zweites Zuhause genommen wird“, sagen sie. Sie haben ein Transparent „Wir kämpfen für unser Bierhaus“ angefertigt, das drinnen an der Wand hängt. Am Sonntagabend ist die geräumige Kneipe gerappelt voll, Gesprächsthema Nummer eins: der Schock und das Unverständnis über die drohende, sehr plötzliche Schließung des Bierhauses.

„Bester Wirt ever“: Gäste im Frankfurter Bierhaus können drohende Schließung nicht fassen

Während das WM-Achtelfinale über die großen Bildschirme flimmert, jubeln die Gäste nicht den Spielern zu, sondern ihrem Wirt Jürgen Liller: „Bester Wirt ever“ schallt es laut durch den Gastraum, nachdem Liller hinter seiner selbstgebauten Theke eine kurze Ansprache gehalten hat, bei der ihm die Tränen kommen. „Wir wollen dafür kämpfen, dass wir weitermachen können“, sagt er. Unterstützung ist ihm sicher: Die zahlreichen Stammgäste – darunter viele Mitglieder der TSG, des Skiclubs und des Fußballvereins Oberrad 05, die regelmäßig ihren Stammtisch im Bierhaus abhalten – haben eine Petition gestartet. In zwei Tagen haben 400 Unterstützer unterschrieben.

„Wir fühlen uns hier wohl, man kann immer hierherkommen, trifft Freunde. Wir sind seit Jahren eine eingeschworene Gemeinschaft. Mir tut es im Herzen weh, dass das vorbei sein soll“, schildert Stammgast Patrick Dickel. Er war dabei, als die SoMa der 05er während der Pandemie das Bierhaus gemeinsam renovierten. „Wir haben Geld gesammelt, gut 90 Leute haben jeder 50 Euro gespendet. Davon haben wir die Wände neu gestrichen, die Toiletten saniert, alles dekoriert, ein Sprayer hat ein Eintracht-Emblem gesprayt“, erzählt Andy Kress. „Es war unser Geschenk an Jürgen.“

Wichtiger Treffpunkt in Oberrad: Eintracht-Kneipe „Bierhaus“ steht vor dem Aus

Dass das Bierhaus keine gewöhnliche Fußballkneipe ist, sagen auch Sabine Stenger und Ulrike Kinkel-Wattad, die jeden Mittwoch nach dem Sporttraining bei der TSG vorbeikommen: „Wir fühlen uns als Frauen hier wohl. Man wird nicht blöd angemacht. Jürgen Liller schafft es, dass sich alle bei ihm wie eine Familie fühlen“, schwärmen sie.

„Alle hier halten zusammen“, fügt Alwine Daus an, die mit ihrer Uno-Frauengruppe regelmäßig kommt, „Das Bierhaus darf nicht schließen. Es ist ein wichtiger Treffpunkt für uns. Wir haben sonst nichts in Oberrad.“ Sollte ein neues Lokal einziehen, „würden es alle boykottieren“, sagen die Gäste unisono. Das Bierhaus hat längst über das Gärtnerdorf hinaus einen Namen: Nach Eintracht-Spielen im Stadion reisen viele Fans an Sachsenhäuser Kneipen vorbei bis nach Oberrad.

Bierhaus in Frankfurt soll schließen: Radeberger kündigt Pachtvertrag

Wie man ein so beliebtes und lukratives Geschäft zumachen kann, ist Bernd Neumann, dem Vorsitzenden des Oberräder Gewerbevereins, schleierhaft. Das Argument, in Oberrad fehle ein Mittagstisch, sei Unsinn. „Einen Mittagstisch haben schon viele angeboten, das lief nie. Auch das Grüne Soße öffnet erst abends. Das Bierhaus hat sich nichts zuschulden kommen lassen, war nie im Mietrückstand.“ Der Gewerbeverein stehe mit der Wirtschaftsförderung in Kontakt, um die Schließung zu verhindern.

Jürgen Liller bereitet sich indes darauf vor, auszuräumen. Das gesamte Inventar gehört ihm, das brauche also Zeit. Eigentlich wollte er an Heiligabend öffnen, „für alle, die allein sind“, ob daraus etwas wird, kann er nicht sagen. Nächstes Jahr im April hätte das Bierhaus zehnjähriges Bestehen, das wollte der Wirt mit einem Sommerfest feiern. Liller, der früher den „Hirsch“ mitbetrieben hat, hatte jahrelang gut mit Radeberger zusammengearbeitet. Das Bierhaus trägt deshalb seinen Namen: Es bot 20 Biersorten von Radeberger an. (Stefanie Wehr)

Fußballspiele gemeinsam in der Kneipe gucken gilt für viele Menschen als Erlebnis. Die hohen Preise der Bezahlsender gefährden jedoch den Spaß. Wirt Michael Walter zeigt im „Zum alten Schlagbaum“ in Bornheim keine Live-Übertragungen mehr, weil es sich nicht mehr rechnet. 

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