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Billiger bauen: Wohnprojekt in Oberrad

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OB Feldmann (2. v. re.) griff mit anderen Beteiligten zum Spaten. Aber nicht deshalb sinken die Kosten.
OB Feldmann (2. v. re.) griff mit anderen Beteiligten zum Spaten. Aber nicht deshalb sinken die Kosten. © Rainer Rueffer-- FRANKFURT AM MA

In den vergangenen Jahren kannten die Baukosten nur eine Richtung: nach oben. Auch deshalb steigen die Mieten immer weiter. Die ABG zeigt, dass es auch anders geht. In Oberrad baut sie 46 Wohnungen, die 20 Prozent billiger sind als üblich.

Beim symbolischen ersten Spatenstich für zwei neue Wohnhäuser in der Gräfendeichstraße in Oberrad donnert am Freitagmittag ein Flugzeug über das Grundstück. In den Wohnungen sollen die Mieter davon nicht gestört werden. „Wir haben alle Vorgaben zum Lärmschutz eingehalten“, versichert der Architekt Michael Schumacher. Auch sonst gebe es keine Abstriche beim Komfort, alle Bauvorschriften würden eingehalten – trotz eines ehrgeizigen Sparprogramms.

Die 46 Wohnungen, die das Büro Schneider + Schumacher im Auftrag der ABG Holding geplant hat, sind preiswert, aber nicht schlicht. Kosten gespart werden vor allem durch außenliegende Treppenhäuser und den Verzicht auf Aufzüge. „Das ist der holländische Haustypus“, sagte Schumacher im Gespräch mit der FNP. „Die Holländer bevorzugen es, von außen in die Wohnung hineinzugehen.“ Darüber hinaus haben die Architekten für das Pilotprojekt getüftelt, um die Konstruktion zu optimieren.

20 Prozent günstiger als sonst bei der ABG üblich werden die Häuser dadurch. Bei der städtischen Gesellschaft kosten Neubauwohnungen normalerweise rund 12 Euro (kalt) pro Quadratmeter, bei privaten Bauherrn sind die Mieten in der Regel noch höher. „Bis zu 17 Euro werden verlangt. „Aber das können nicht viele bezahlen“, sagte ABG-Geschäftsführer Frank Junker.

Keine Fördermittel

In Oberrad hingegen zahlen die Mieter nur 10 Euro, ohne dass öffentliche Fördermittel eingesetzt werden. Die ABG hat das Projekt so gerechnet, dass es sich trägt. Das Grundstück, eine ehemalige Brachfläche am nördlichen Ortsrand von Oberrad, hat das Unternehmen laut Junker zum „üblichen Marktpreis“ erworben. Dieser Kostenblock, der in der wachsenden Mainmetropole am stärksten zu den explodierenden Wohnungspreisen beiträgt, konnte nicht beeinflusst werden.

Stattdessen drehte die ABG an anderen Stellschrauben. Erstmals nutzt sie die Möglichkeiten der vor wenigen Wochen beschlossenen neuen Stellplatzsatzung. Statt der früher vorgeschriebenen 46 Parkplätze entstehen nur 20 in einer kleinen Tiefgarage, wodurch erhebliche Kosten gespart werden. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir nicht alle Parkplätze vermieten konnten“, sagte Junker. Stattdessen setze man auf neue Mobilitätsformen. Vor dem Mietshaus werde ein Car-Sharing-Fahrzeug stationiert.

Beim Energiekonzept wird nicht ganz das bei der ABG sonst übliche Passivhausniveau erreicht. Auf eine dicke Styropordämmung verzichten die Architekten größtenteils. „Wir bauen normale Ziegelwände, in die man auch einen Nagel schlagen kann“, erläuterte Schumacher. „Aber durch die Solarkollektoren auf dem Dach ist der Primärenergieverbrauch sogar geringer als beim Passivhaus.“

Der Verzicht auf Aufzüge hat zur Folge, dass nur die Erdgeschoss-Wohnungen barrierefrei sind. „Aber wenn es nötig ist, können Aufzüge auch noch nachträglich außen angebaut werden“, betont der Architekt. „Das war uns wichtig wegen der Langlebigkeit.“ Im Februar 2018 sollen die beiden drei- und viergeschossigen Wohnhäuser fertiggestellt sein.

Initiativen für kostengünstigeres Bauen habe schon viele gegeben, sagte Junker. Meist sei es aber bei der Theorie geblieben. „Wir haben es jetzt einfach mal gemacht.“ Und es habe sich gezeigt, dass sich eine Kostenreduzierung auch innerhalb der bestehenden Bauvorschriften umsetzen lässt.

Vorbild für weitere Bauten

Die beiden drei- bis viergeschossigen Häuser passten sich städtebaulich in die Umgebung in Oberrad ein, erläuterte Schumacher. Das Bauprinzip aber sei auch auf andere Standorte übertragbar. „Wir werden diesen Gebäudetypus für andere Grundstücke weiterentwickeln. Hier haben wir Satteldächer, es lässt sich aber auch mit Flachdächern verwirklichen.“ Wichtig sei das angepasste Erscheinungsbild. „Häuser vom Fließband sind nicht unsere Vorstellung von Architektur.“ Die Gebäude sollten auch in 50 oder 100 Jahren noch nutzbar sein.

Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) verspricht sich von dem Pilotprojekt wertvolle Erkenntnisse für kostengünstiges Bauen – und erinnert an die Ära des Stadtbaurats Ernst May, der in den 20er Jahren im großen Stil Wohnungen ermöglichte, die sich breite Bevölkerungsschichten leisten konnten. Tatsächlich will es die ABG nicht beim Pilotprojekt belassen. Junker hat schon das nächste Grundstück für ein kostengünstiges Mietshaus im Auge. Wo es liegt, verrät er noch nicht.

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