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Bischof warnt bei Karlsamt vor Populismus

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Von: Gernot Gottwals

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Wandte sich gegen nationale Spalter im brüchigen Konstrukt Europa: Ivo Muser, Bischof der Diözese Bozen-Brixen.
Wandte sich gegen nationale Spalter im brüchigen Konstrukt Europa: Ivo Muser, Bischof der Diözese Bozen-Brixen. © Rainer Rueffer-- FRANKFURT AM MA

Gut 1000 Katholiken versammelten sich am Samstagabend zum Karlsamt im Kaiserdom. Ivo Muser, Bischof der Diözese Brixen-Bozen in Südtirol, forderte ein Europa der Integration und der Einheit in der Vielfalt.

Der Dom erstrahlt im hellen Lichterglanz, als Bischof Ivo Muser zusammen mit den Limburger Domkapitularen und zahlreichen Ordensrittern und –damen der Templer, Malteser, Johanniter und des Deutschen Ordens zur festlichen Sinfonie G-Moll von César Franck einzieht. „Carolus Magnus, Kaiser, Beschützer unserer Stadt“, intonieren die rund 1000 Besucher vollmundig. „Heute ist unser Bartholomäusdom tatsächlich ein Kaiserdom“, betont Stadtdekan Johannes zu Eltz bei der Begrüßung – eine Hommage an die Königswahlen und Kaiserkrönungen, die hier von 1356 bis 1792 stattfanden.

Eine lange Tradition

Auch dieser langen Tradition verdanken Dom und Stadt die bis heute lebendige Verehrung des zweiten Patrons neben dem heiligen Apostel Bartholomäus, der im August mit einem Stadtkirchenfest gefeiert wird. Doch nur zwei deutsche Städte ehren Karl den Großen zu seinem Todestag am 28. Januar 814 mit einem traditionellen Pontifikalamt, zu dem ein europäischer Bischof eingeladen wird: Frankfurt und Aachen. Denn für Generationen von Frankfurtern galt der als „Vater Europas“ titulierte Frankenkaiser auch als Gründer ihrer Stadt und der frühmittelalterlichen Salvatorkirche, der Vorgängerin des heutigen Kaiserdoms Sankt Bartholomäus.

Heute wissen wir dank historischer und archäologischer Forschungen, dass die fränkische Siedlung am Main bereits 300 Jahre existierte, als Karl der Große hier 794 die Reichssynode einberief. Die weiße Hirschkuh, die dem Frankenkaiser im Krieg gegen die heidnischen Sachsen den Weg über die Frankenfurt wies, ist längst als fromme Legende enttarnt. Und das Salvatorstift wurde erst 852 von Karls Enkel Ludwig dem Deutschen gegründet.

Die Legende lebt

Doch die Legende Karl lebt, zieht neben den Katholiken auch evangelische Glaubensgeschwister in ihren Bann: So erklingt das Eröffnungslied „Carolus Magnus“, als handele es sich um eine jahrhundertealte Hymne auf den Imperator. Dabei wurde das Lied erst vor drei Jahren von Lutz Riehl und Peter Reulein geschrieben. Der Refrain „Christus regnat, Christus imperat“ (Christus ist Sieger, Christus ist König!) erinnert an die traditionellen Kaiserlaudes, die in Aachen als Ursprungsort der Karlsverehrung schon im 8. Jahrhundert angestimmt wurden. In Frankfurt ist das Karlsamt mit Unterbrechungen seit 1332 belegt und wurde 1959 wiederbelebt. Die Kaiserlaudes wurden ebenso von Aachen übernommen wie eine im 12. Jahrhundert entstandene Karlssequenz.

In diesen Gesängen wird Karl als Beschützer und Friedensstifter gepriesen. Die Realität war anders, betonte Bischof Muser in seiner Predigt: „Karl hätte öfter auf seinen Berater Alkuin hören sollen, der darauf drängte, das Christentum nicht durch militärische Gewalt durchzusetzen, sondern durch Überzeugungskraft und Predigt.“

Heute brauche es ein einiges, integratives Europa der Vielfalt, frei von populistischen Tendenzen: „Man sollte nirgendwo zündeln und alte Wunden aufreißen“, warnte der Bischof von Brixen-Bozen vor dem Angebot der österreichischen Staatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler.

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