Bockenheim: Hier lebt man gerne

Fast 40 000 Menschen leben in Bockenheim, so viele wie in keinem anderen Frankfurter Stadtteil. Die Gründe liegen auf der Hand: Als Bockenheimer muss man das Quartier selten verlassen. Er bietet gute Einkaufsmöglichkeiten, Kneipen, Kunst, Kultur und Parks. Wer trotzdem mal „’raus“ will, findet ein fast perfektes Nahverkehrsangebot. Bis die 40 000-Einwohner-Grenze gesprengt wird, dürfte es nicht lange dauern.
Fast 40 000 Menschen leben in Bockenheim, so viele wie in keinem anderen Frankfurter Stadtteil. Die Gründe liegen auf der Hand: Als Bockenheimer muss man das Quartier selten verlassen. Er bietet gute Einkaufsmöglichkeiten, Kneipen, Kunst, Kultur und Parks. Wer trotzdem mal „’raus“ will, findet ein fast perfektes Nahverkehrsangebot. Bis die 40 000-Einwohner-Grenze gesprengt wird, dürfte es nicht lange dauern.
Bockenheim wächst, derzeit vor allem im Westen der S- und Güterbahn-Schienen, die den Stadtteil durchschneiden. Zwar ist die Gothe-Universität bereits 2001 ins benachbarte Westend gezogen und verlassen auch die Institute und Fachbereiche nach und nach die Heimat berühmter Frankfurter wie Parkschöpfer Heinrich Siesmayer, Elektrogerätepionier Max Braun oder Eintracht-Legende Manfred Binz. Doch vor allem für Studenten und junge Familien ist Bockenheim eine beliebte Adresse.
Als Oberbürgermeister Franz Adickes mit Bockenheim 1895 den Eingemeindungsvertrag schloss, war es ein Städtchen mit starker Wirtschaft, jedoch bereits mit Frankfurt so stark baulich verbunden, dass die Grenzen verschwammen. Schon 1872 fuhr die erste Frankfurter Tram, von Pferden gezogen, von der Hauptwache nach Bockenheim, heute als Leipziger Straße die Hauptschlagader des Stadtteils. Die Senckenberg-Gesellschaft baute ihr Naturkundemuseum und förderte die Entstehung der Königlichen Universität zu Frankfurt, die später zur Goethe-Uni wurde. Und 2018 feiert Bockenheim seinen 1250. Geburtstag, wurde es anno 768 doch erstmals urkundlich erwähnt. Frankfurt wurde jene Ehre erst 26 Jahre später zuteil. FNP-Reporter Ben Kilb durchstreifte den Stadtteil.
Obelisk als Symbol
Der Kurfürstenplatz erinnert an Wilhelm I., den von Napoleon vertriebenen Kurfürsten. Im 19. Jahrhundert war er ein Sumpfgebiet, das die Garten- und Landschaftsgärtner Gebrüder Siesmayer 1868 unentgeltlich trockenlegten und umgestalteten. Einer der beiden, Heinrich, schuf zudem den Palmengarten. Der Kurfürstenplatz war jahrzehntelang Markplatz und der Obelisk im von Bürgern gespendeten Brunnen war Symbol für einen aufstrebenden Stadtteil.
Die Hauptschlagader
Die Leipziger Straße ist die Hauptschlagader Bockenheims; sie verläuft 780 Meter von der Bockenheimer Warte bis zur Friesengasse. Bis1965 fuhr hier eine Straßenbahn. Zudem war die „Leipziger“ eine der ersten Einbahnstraßen in Deutschland, in der testweise das Radfahren gegen die Fahrtrichtung eingeführt wurde. Sie ist geprägt von Einzelhandel, Lebensmittelläden, Handwerksbetrieben, Gaststätten, Obst- und Gemüseständen. Doch auch hier weichen die inhabergeführte Lädchen zunehmend Schnellimbissen, Bäckereifilialen, Handyläden und Wettbüros. Auch das Leipziger Straßenfest ist beliebt, es fiel allerdings in den letzten beiden Jahren aus. Es fehlen ehrenamtliche Helfer.
Wochenmarkt leidet unter Universitäts-Wegzug
Jeden Donnerstag steigt an der Bockenheimer Warte zwischen 8 und 18 Uhr der Wochenmarkt. Seit 1988 existiert er. Doch der Wegzug der Goethe-Uni vom Campus Bockenheim war für etliche Händler ein schwerer Schlag. Etliche tausend potenzielle Kunden waren von einem Tag auf den anderen nicht mehr da.
Von der Universität ist nur noch die Bibliothek da
Die Universitätsbibliothek war nach ihrer Gründung im 15. Jahrhundert noch eine Stadtbibliothek. 1914 übernahm diese gemeinsam mit der Senckenbergischen Bibliothek die Literaturversorgung für die neu gegründete Universität Frankfurt. Beide Bibliotheken wurde 1964 im heutigen Standort an der Bockenheimer Warte untergebracht und sind seit dem Jahr 2005 in der Unibibliothek zusammengeschlossen. Mit sechs Millionen Medien ist sie heute die größte ihrer Art im Lande. Neben einigen Fachbereichen und Instituten ist die Bibliothek das einzige, was von der Uni geblieben ist.
Das Rebstockbad
Mit 2800 Quadratmetern Wasserfläche und 600 000 Besuchern im Jahr ist das 1982 eröffnete Rebstockbad das größte Hallenbad Frankfurts. Seine zeltartige Dachkonstruktion ist ein Hingucker. Doch einige Holzträger sind morsch und so sorgt seit 2017 ein Gerüst für Standsicherheit – allerdings wohl nur für fünf weitere Jahre. Einige Stadtpolitiker fordern den Abriss des Bades. In diesem Jahr soll die Entscheidung fallen, wie es weitergeht. Für viele ginge mit einem Abriss auch ein Stück Frankfurter Geschichte verloren.
Im „Spargel“ ist nichts mehr los
Doch, doch: Der „Ginnheimer Spargel“ steht auf Bockenheimer Gemarkung. Dabei heißt Hessens höchster und Deutschlands zweithöchster Fernmeldeturm „Europaturm“. Er ist 337 Meter hoch und wurde im Jahr 1974 erbaut. Seitdem ist der „Ginnemer Sparschel“ das höchste frei stehende Gebäude im Lande. Das Berliner Äquivalent ist zwar 30 Meter höher, allerdings nur aufgrund seiner Antennen. Eigentümerin des Europaturms ist die Deutsche Telekom. Aus betrieblichen Gründen ist der Turm seit fast 20 Jahren für die Öffentlichkeit verschlossen. Vorher boten die Panoramafenster einzigartige Ausblicke. Auch eine Disco gab es mal darin, zahlreiche Parties und Fernsehshows fanden dort statt.
Teil der Landwehr
Die Bockenheimer Warte steht „eigentlich“ im Westend, wurde im 15. Jahrhundert als Teil der Landwehr im gotischen Stil errichtet. Von dort aus schützten die Frankfurter die nach Köln führende Handelsstraße und konnten auch sich der Stadt nähernde Feinde früh sichten. Heute beherbergt die Bockenheimer Warte ein Eiscafé und einen Kiosk.
Bundesbank ist Frankfurts „Fort Knox“
Ebenso wie der „Spargel“ wird auch das Areal der Deutschen Bundesbank meist dem Stadtteil Ginnheim zugeordnet, obwohl es auf Bockenheimer Gemarkung steht. Mit knapp 4500 Mitarbeitern ist die Bundesbank einer der größten Arbeitgeber in Frankfurt – und wohl der reichste: Auf über 3000 Tonnen beläuft sich der Goldbesitz Deutschlands und ein Großteil soll in der Bundesbank lagern. Deutschlands „Fort Knox“ wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als „Bank deutscher Länder“ gegründet und ist seit dem Jahr 1999 Teil des Europäisches System der Zentralbanken.
Das Senckenberg bietet mehr als Dinosaurier
Neben dem Berliner Museum für Naturkunde ist das Senckenberg Naturmuseum das größte deutsche Museum für Biologie- und Geologie-Exponate. Doch kein anderes Haus stellt mit 18 Arten mehr Dinosaurier-Skelette aus. Errichtet wurde der Bau zwischen 1904 und 1907 von der Senckenberg-Gesellschaft für Naturkunde, die auch zu den Gründern der Frankfurter Goethe-Uni gehörte. Zuvor hatte die Gesellschaft am Eschenheimer Tor das sogenannte „Öffentliche Naturalienkabinett“ betrieben, den Vorläufer des Senckenberg-Museums. Im Jahr 2016 besuchten es knapp 380 000 Menschen.
Vom Depot zum Theater
Im seit 1979 denkmalgeschützten Depot, 1900 erbaut, befanden sich einst ein Betriebshof und die Hauptwerkstatt der Straßenbahn. Ausgerechnet ein Feuer, nämlich 1987 in der Oper, sorgte für eine Wiederbelebung des ziegelgemauerten Prachtstücks: Es wurde für 14 Millionen Mark zum Theater umgebaut.