Brasilianer am Flughafen Frankfurt grundlos abgeschoben: Bundespolizei räumt Fehler ein
Obwohl er kein Visum brauchte und die Familie am Flughafen Frankfurt auf den Gast wartete, wurde einem jungen Brasilianer die Einreise verweigert.
Frankfurt – Ende Juli, als die FR den Fall öffentlich machte, wies die für den Flughafen Frankfurt zuständige Bundespolizeidirektion Kritik noch in vollem Umfang zurück: Sie habe dem Brasilianer Gabriel Roque (Name geändert) am ersten Juliwochenende die Einreise verweigert, weil Zweifel an der Finanzierung seines Aufenthaltes in Hessen bestanden hätten. Auch habe dem 21-Jährigen eine „Einladungsverpflichtungserklärung“ der Angehörigen gefehlt, die er besuchen wollte.
Rund 30 Stunden nach seiner Ankunft und vielen Klärungsversuchen der wartenden Familie wurde der Student nach Brasilien abgeschoben. Der Vorfall – bei dem ihm auch in einem Formular unterstellt wurde, eine Gefahr zu sein, obwohl er nie polizeilich auffällig geworden war – traumatisierte ihn, erschütterte sein Vertrauen in den deutschen Staat. Er hatte den Eindruck, aufgrund seiner dunklen Hautfarbe „herausgepickt“ und diskriminiert worden zu sein. Die Familienmitglieder blieben fassungslos zurück.
Flughafen Frankfurt: Bundespolizei dementiert Vorwurf des Racial Profiling nach wie vor
Mittlerweile hat die Behörde zum Teil Fehler eingestanden. Nachdem Roques Rechtsanwalt Gerhard Grüner vor das Verwaltungsgericht Frankfurt gezogen war und in einer mündlichen Verhandlung die Rechtswidrigkeit feststellen lassen wollte, beantragte die Bundespolizei, die Klage abzuweisen – da sie inzwischen eingeräumt habe, dass die Einreiseverweigerung rechtswidrig gewesen sei. Sie nahm die damalige Verfügung am 9. August zurück.

Auf FR-Anfrage teilte die Bundespolizei am vergangenen Freitag mit, sie habe bei einer Prüfung festgestellt, dass man „bei der Bewertung des Sachverhaltes auch zu einem anderem Entschluss hätte kommen können“. Roque verfügte demnach durch die Unterbringung bei der Familie und die Übernahme der Kosten durch die Verwandten „sehr wohl“ über die entsprechenden Mittel. Und: Die Entscheidung hätte an dem Wochenende ausgesetzt werden können, bis die zuständige Ausländerbehörde am Montag die sogenannte Verpflichtungserklärung hätte anerkennen können.
Den Vorwurf, Roque sei Opfer von Racial Pofiling geworden, bestreitet die Bundespolizeidirektion indes nach wie vor. Der Brasilianer sei gemäß den geltenden Gesetzen „wie jeder andere Drittstaatsangehörige“ kontrolliert worden.
Bundespolizei macht Eingeständnis, Traumatisierung für Tourist bleibt
Das Vorgehen im Juli war mehr als merkwürdig: Kaum eine Stunde nach der Landung berichtete ein Polizist einem Angehörigen am Telefon offenbar, die Einreiseverweigerung sei endgültig. Die Familie stellte umgehend Garantien und Nachweise zur Verfügung, auch zur Finanzierung, zum Beispiel einen Gehaltsnachweis. Zudem wurde die Einladung bestätigt. Rechtsbeistand Grüner bat die Bundespolizei in einer Mail, eine Reaktion des Verwaltungsgerichts abzuwarten. Doch wenig später wurde Roque abgeschoben.
Er beklagte unter anderem, mehrfach gefragt worden zu sein, ob er kriminell sei und schon mal mit der Polizei zu tun gehabt habe. Darüber hinaus hätten die Polizist:innen über ihn gelacht und seine Argumente nicht berücksichtigt. Nach Auffassung der Familie hat die Bundespolizei schon kurz nach der Verweigerung gewusst, dass es dafür keine Grundlage gab, auch weil Abholer:innen warteten und eine Bürgschaft anboten.
Abschiebung von Frankfurt nach Brasilien: Skandalöses Vorgehen – Ein Kommentar
In den fast 30 folgenden Stunden hätte die Behörde die Entscheidung widerrufen müssen. In der Klagebegründung, die der FR vorliegt, heißt es, die Bundespolizei habe nicht nur dem Flughafen als Visitenkarte Deutschlands einen kläglichen, ja schäbigen Anstrich verpasst, auch in Zusammenhang mit persönlichen Diskriminierungen des Klägers, sondern auch evident rechtswidrig agiert.
Vermehrte Kritik am Vorgehen der Bundespolizei des Frankfurter Flughafens
In einer ersten Reaktion zeigte sich ein Angehöriger sehr erfreut und erleichtert über die jüngste Entwicklung und das Eingeständnis der Bundespolizei. Nichtsdestotrotz prüfe die Familie wegen der entstandenen Schäden Ersatzansprüche und erhalte eine detaillierte Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz aufrecht. Diese soll die Entscheidungen im Juli näher beleuchten und sicherstellen, dass der Vermerk über die angebliche Gefährlichkeit gelöscht wird.
Es ist nicht der einzige Fall von mutmaßlichem Racial Profiling in Frankfurt. So kritisierte beispielsweise im Herbst 2022 der Direktor der panafrikanischen Gesundheitsorganisation Africa CDC, Ahmed Ogwell, ihm sei bei der Kontrolle unterstellt worden, illegal in Europa bleiben zu wollen. Er war auf dem Weg zum Weltgesundheitsgipfel in Berlin. Die Bundespolizei dementierte den Rassismusvorwurf.
Die Ampelkoalition im Bund plant, das Bundespolizeigesetz zu ändern, um für etwas mehr Transparenz zu sorgen. Wer sich anlasslos kontrolliert fühlt, soll von den Beamt:innen in Zukunft eine sogenannte Kontrollquittung verlangen können. (Gregor Haschnik)