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Sie bringen uns in die wilden 30er Jahre zurück

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A pineapple for me...“ Manchmal gehe ihm das Ananas-Lied sogar in seiner Freizeit nicht aus dem Kopf, scherzt Schauspieler und Sänger Greg

A pineapple for me...“ Manchmal gehe ihm das Ananas-Lied sogar in seiner Freizeit nicht aus dem Kopf, scherzt Schauspieler und Sänger Greg Castiglioni , der den köstlichen Ohrwurm allabendlich im English Theatre zu hören bekommt. Der Londoner spielt im Musical „Cabaret“ den Conférencier des Kit-Kat-Clubs im Berlin der frühen 30er Jahre, wo Sängerin Sally Bowles, verkörpert von Helen Reuben , der Star einer frivolen Show ist. Noch bis zum 10. März hält das Zeitstück, inszeniert von Regisseur Tom Littler , den Tanz auf dem Vulkan vor Augen, einen Himmel voller Geigen, bevor der aufkeimende Hass der Nationalsozialisten jedes große und kleine Glück zerstört.

„Das Thema ist bemerkenswert relevant, gerade in unserer Zeit“, betont die Britin Helen Reuben, denn: „Heute ist es einfach zu sagen, man hätte sich damals anders verhalten. ’Cabaret’ erinnert daran, dass selbst tolle Menschen schreckliche Dinge zulassen. Das macht dieses Stück so wichtig.“ Die Party auf der Bühne brummt, der Alkohol fließt, die Menschen berauschen sich. Ein Eisenbahnwaggon, in dem die Band spielt, macht unmissverständlich klar, dass für dieses Laisser-faire und die Freiheit der Zug bald abgefahren sein wird. Auch die Liebe triumphiert nicht mehr: Pensionswirtin „Fräulein Schneider“, eine zentrale Rolle, weist den jüdischen Obsthändler zurück, da eine Hochzeit mit ihm ihr bald Nachteile bringen würde.

Die Verfilmung des Musicals mit US-Sängerin Liza Minnelli als überdrehtes Showgirl vor bald einem halben Jahrhundert haben beide Schauspieler gesehen, ließen sich davon jedoch nicht leiten. „Ein wunderbarer Hollywood-Glamour, doch unser Stück ist weit davon entfernt und auch viel näher an der Realität dieser Jahre. Unter anderem wird die finale Szene überraschen“, macht Greg Castiglioni neugierig. Die deutschen Sprachkenntnisse des 43-Jährigen beim Interview gehen weit über Floskeln hinaus: „Ich lernte die Sprache in der Schule, dann wurde sie durch meine jahrelangen Musical-Engagements in Deutschland noch besser.“ An seine Rolle als Dampflok „Rusty“ beim Bochumer Klassiker „Starlight Express“ denke er gern zurück.

Ein bisschen nervös macht seine Kollegin Helen Reuben der gemeinsame Gang durchs Bahnhofsviertel. Kein Foto vor einem Sexclub, bittet sie. Zu plakativ, das Stück ist mehr als der Kit-Kat-Club, wo die Puppen tanzen. Dann passender der Blick auf den Hauptbahnhof, wo von Gleis 16 Deportationen im Rahmen des Holocaust durchgeführt wurden. Beklemmend, wenn auf der Bühne ein Grammophon vom Zugdach aus das Nazi-Lied „Tomorrow Belongs To Me“ dudelt.

Die Internationalität Frankfurts begeistert die Schauspieler, ihre Erwartung, eine kalte Finanzstadt vorzufinden, habe sich nicht bestätigt. Helen Reuben war schon im Städelmuseum und staunt darüber, „überhaupt kein Heimweh“ zu empfinden, da in Frankfurt das Tempo im Vergleich zur Themsestadt ein angenehm langsameres sei.

Über Weihnachten geht es für beide zurück auf die Insel, um das zu genießen, was in Frankfurt fehlt. „Bei uns gehört der Kamin zu jeder Wohnung“, erzählt Reuben. Und ihr Kollege staunt: „In Frankfurt wird der Baum nach dem Fest von der Müllabfuhr abgeholt? Wie viele verbrenne ich meinen im eigenen Kamin, das hat Tradition.“ fai

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