Büro in der Niddastraße bündelt Kräfte

Gleich drei Dezernenten stellen neues Konzept für Problem-Quartier vor
Streetwork, neue Suchttherapien und Hygieneangebote, koordinierte Jugendhilfe: Das neue Koordinierungsbüro hat sich mit entsprechendem Personal viel vorgenommen. Mit drei Magistratsmitgliedern und drei weiteren Fachkräften hatte es nun seinen ersten Auftritt im Ortsbeirat 1 (Altstadt, Bahnhofsviertel, Europaviertel, Gallus, Gutleutviertel, Innenstadt). Mit dabei Elke Voitl (Grüne), Dezernentin für Soziales, Jugend, Familie und Senioren.
Schwierige Balance
Zusammen mit dem Mobilitäts- und Gesundheitsdezernenten Stefan Majer (Grüne) und der Dezernentin für Ordnung, Sicherheit und Brandschutz Annette Rinn (FDP) stellte Voitl das seit wenigen Wochen amtierende Büro mit vorläufigem Sitz in der Niddastraße vor: Eine koordinierte Schaltzentrale, die ihrem Dezernat unterstellt ist, jedoch mit Fachkräften aus weiteren Dezernaten und bis zu 23 Ämtern zusammenarbeitet, um die Situation im Bahnhofsviertel nachhaltig zu verbessern und die schwierige Balance zwischen unterschiedlichen Akteuren und Problemgruppen neu auszutarieren.
Mit Silja Polzin, Angela Freiberg und Dirk Herwig arbeiten drei Fachkräfte im Koordinierungsbüro mit Erfahrungen im Gesundheits- und Ordnungswesen ebenso wie im Quartiersmanagement. Sie werden nun in einem besonderen Viertel mit Bedeutung weit über die Frankfurter Stadtgrenzen eingesetzt, wie Majer verdeutlichte: „Es gibt hier ganz verschiedene Themen, Party People ebenso wie Menschen auf der Straße mit Drogenproblemen, von denen mehr als 50 Prozent von außerhalb nach Frankfurt kommen.“ Deshalb habe das Land Hessen zusätzlich 900 000 Euro unter anderem zur Aufstockung des Streetworkprojekts OSSIP und zur Unterstützung des Nachtcafés bereitgestellt.
„Ich habe 26 Jahre Erfahrung in der Stadtteilarbeit und wohne seit 17 Jahren selbst im Bahnhofsviertel“, erklärte Angela Freiberg. Sie studierte Sozialmanagement, war Quartiersmanagerin in Preungesheim. Silja Polzin kommt aus der Stadt- und Landschaftsplanung, arbeitete 19 Jahre im Gesundheitsamt, war Quartiersmanagerin in Griesheim. Und Dirk Herwig arbeitete an verschiedenen Stationen im Ordnungsamt, war in der Kriminalprävention, im Präventionsrat und als Stadtteilführer im Bahnhofsviertel tätig.
„Die Stadt- und Landespolizei hat ihre Einsatzkräfte als Beitrag zur Problemlösung massiv verstärkt“, berichtete Rinn. „Doch ebenso wichtig ist die Zusammenarbeit mit den Bürgern, wir bieten dazu Gesprächsrunden und Workshops an, um gemeinsam ans Ziel zu gelangen“, ergänzte Voitl. „Wir haben zwei neue Stellen zur Koordinierung der Jugendhilfe geschaffen, die Öffnungszeiten des Nachtcafés montags bis sonntags von 14.30 Uhr bis 11.30 Uhr am Folgetag erweitert“, erklärte Majer. Auch die Nachtschlafplätze im Drogenhilfezentrum La Strada und der Integrativen Drogenhilfe East Side wurden aufgestockt.
Crack bleibt das große Thema
Majer berichtete auch von Fachtagungen und dem Austausch mit den Städten Hamburg, Bremen und Hannover, wo es wie in Frankfurt Probleme mit Crack gibt: Daher soll in Abstimmung mit den Bundesbehörden ein neues Behandlungsprojekt für die Kokain- und Cracksucht auf den Weg gebracht werden. Voitl berichtete vom kostenlosen Hygienezentrum mit Duschen und Toiletten als Interimslösung im Weser 5 und dem noch zu findenden Dauerstandort des Koordinierungsbüros in der Kaiser- oder Münchener Straße.
Sara Steinhardt (CDU) erkundigte sich nach genügend Nachtschlafplätzen für Frauen, Hanna Große Vorholt (ÖkoLinX) nach Racial Profiling und der Zusammenarbeit mit dem Frauenreferat und dem Amt für Multikulturelle Angelegenheiten, die Voitl als wichtige „Querschnittsämter“ bestätigte. „Wegen Racial Profiling wird die Stadtpolizei geschult, die sich selbst immer internationaler zusammensetzt“, versicherte Rinn. Ein zu lösendes Problem sei auch die gut gemeinte, unkoordinierte, aber auch nicht grundsätzlich zu verbietende Verteilung von kostenlosem Essen und Trinken, das später im Müll lande.
„Das Koordinierungsbüro sollte auch bei Drogenproblemen in der Innen- und Altstadt aktiv werden, wo in der Nachbarschaft Kinder spielen“, forderte die dort zuständige Kinderbeauftragte Carola Staal. „Eine flächendeckende Ausweitung ist wünschenswert, braucht aber Zeit“, so Voitl.
Gernot Gottwals