Bunker mit Bad und Balkon

14 geförderte Wohnungen in ehemaligem Schutzraum - Einzug im Herbst- Rohbau fast fertig
Wer von außen und zudem als Ortsfremder auf den Bunker in der Brühstraße33 blickt, wird ihn als solchen nicht erkennen. Große bis zum Boden geschnittene Fenster, später einmal mit davor gehängten Balkonen, eine gedämmte Fassade und ein großzügiges Staffelgeschoss in Holzbauweise wirken nicht wie ein Relikt dunkler Zeiten. Es ist vielmehr ein Mehrfamilienhaus mit 14 geförderten Wohnungen, 50 bis 85 Quadratmeter groß. Einstiegsmiete 5,50 Euro im Monat. Die Familie, die das Glück hat, einmal die nachträglich aufgesetzte 4-Zimmer-Dachwohnung beziehen zu dürfen, hat zudem einen freien Blick auf die Skyline. In der Ferne grüßt der Messeturm die Mieter auf der Dachterrasse. Und die müssen sich auch keine Sorgen über Schallschutz und trampelnde Kinderfüße machen. Der Boden ist hier 1,40 Meter dick.
Schutzraum für 700 Menschen
Bauherr ist die ABG Frankfurt Holding, die den 1942 errichteten Schutzraum - gedacht für über 700 Personen - vor einigen Jahren mit anderen von der zur Bundesanstalt für Immobilienaufgaben günstig kaufen konnte. Mit der Vorgabe, dass hier geförderter Wohnraum entsteht. „Wir haben lange über einen Abriss oder eine Revitalisierung nachgedacht. Und uns dann für letztere entschieden“, sagt Frank Junker, Vorsitzender der ABG Geschäftsführung. Auch weil langwierige Sägearbeiten oder gar Sprengungen der Nachbarschaft nicht zuzumuten waren.
Neben weiteren Zuschüssen von Bund und Land gab es zudem 1,33 Millionen Fördergelder von der Stadt. „So entstehen durch anspruchsvolle Umbaumaßnahmen Wohnungen auf dem Förderweg 1. Jede bezahlbare Wohnung in Frankfurt zählt“, sagt Mike Josef, Noch-Planungsdezernent und designierter Oberbürgermeister, bei der Begehung des Rohbaus am Gründonnerstag.
Dicke Wände brauchen Zeit
Bereit 2017 wurden sie ersten Gespräche mit dem Frankfurter Architekturbüro Schneider + Schumacher geführt. Dicke Wände brauchen viel Zeit. Sie waren denn auch eine der großen Herausforderungen. Bei einer Stärke von 1,10 Metern Beton benötigt man spezielle Seilsägen, um ein Loch, eine Fensteröffnung in die Wand zu schneiden. „So ein herausgetrenntes Stück wiegt bis zu fünf Tonnen. Das entspricht dem Gewicht von zwei SUVs. Das fährt man nicht mit der Schubkarre weg“, so Junker. Auch in den Bunkerdeckel musste ein Treppenzugang geschnitten werden. Das ursprüngliche Holzdach war nur Tarnung, hatte keine Funktion und auch keinen Zugang.
Für die neue Nutzung mussten auch die Innenflächen neu geordnet werden. Jetzt grenzen 1,10 Meter starke Betonwände an Rigipskonstruktionen in Trockenbau. „Aber man merkt immer, wo man ist“, sagt Michael Schumacher, Mitinhaber es international renommierten Architekturbüros, von dem die Pläne stammen. Der konservatorische Erhalt alter Schriftzüge - etwa die Aufforderung, den Anweisungen des Bunkerpersonals zu folgen, wie man sie aus anderen Bauten kennt - seien kein Thema gewesen. „Weil es sie einfach nicht gab“, sagt der Architektur-Professor. Auch von außen erinnert fast nichts mehr an die frühere Nutzung.
Ein Anbau mit Keller
Auf der Seite, die der Brühlstraße abgewandt ist, soll noch ein kleiner Anbau entstehen. Darunter Kellerräume, wenn auch von sehr bescheidenem Ausmaß.
Energetisch wird der Umbau als Frankfurter Aktivbau mit einer Außendämmung von 20 Zentimetern geführt. Ungeachtet der extradicken Wände. Für angenehme Temperaturen sorgt eine Luft/Wasser-Wärmepumpe, die durch einen Gaskessel ergänzt wird. Das Dachgeschoss mit dem tollen Fernblick soll intensiv begrünt werden. Ob es auch noch eine Photovoltaik geben werde, sei noch offen, so Junker. Die Rohbauarbeiten sind weitgehend abgeschlossen. Einzugstermin in den Bunker mit Bad und Balkon soll noch in diesem Herbst sein.
Oscar Unger