Im Café von Fabian Weiner kann man seinen Spieltrieb ausleben
Fabian Weiner hat zwei Leidenschaften: Brettspiele und Thailand. Nach dem Studium hat er daraus einen Beruf gemacht und das erste Spielecafé mit Holzofenpizza in Bangkok eröffnet.
Nach Thailand auswandern, Brettspiele spielen und Pizza backen – was auf den ersten Blick absurd klingt, fasst in wenigen Worten das Leben von Fabian Weiner zusammen. Vor fünf Jahren hat er in Bangkok den „Nerdvana Boardgame Tempel“ eröffnet. Seitdem ist dort an sechs Tagen die Woche Hochbetrieb. Ballerspiele am Computer sucht man allerdings vergebens, klassische Brettspiele stehen hier hoch im Kurs. „Nur das Brettspiel schafft es, dass die Leute endlich ihre blöden Handys weglegen“, sagt der 37-Jährige.
In Frankfurt studiert
Der gebürtige Konstanzer hat in Frankfurt Südostasienwissenschaft studiert. Schon während eines Schüleraustausches Ende der 1990er Jahre in Thailand wurde sein Interesse an der südostasiatischen Kultur geweckt. Durch einen Zufall blätterte er sich durch das Vorlesungsverzeichnis der Goethe-Universität in Frankfurt. Und siehe da: Thai-Sprachkurse und Südostasienwissenschaft. Weiner hat sich sofort eingeschrieben. Nach einem Auslandssemester 2009 war dann klar, dass er nach Thailand auswandern möchte. „Europa vergisst, dass es auf dem asiatischen Kontinent noch mal 600 Millionen Menschen gibt mit viel Potenzial.“ Die Diversität Asiens begeistert ihn. Egal ob Religion, Politik, Natur, Sprache, „Südostasien hat eine Menge zu bieten.“
Intelligenz wird gefördert
Heute lebt er mit seiner thailändischen Frau und seiner zwei Jahre alten Tochter in Bangkok und spricht fließend Thai, laotisch und etwas malaiisch. Aber Weiner hat noch eine zweite Leidenschaft: Das Brettspiel. „Ein Buch ist gut für die Bildung, aber ein Brettspiel fördert die Intelligenz“, sagt er. Seit seiner Kindheit ist er ein Fan von Brettspielen. Er und seine fünf Geschwister durften nur selten Fernsehen schauen. Da waren sie im Sommer viel draußen und im Winter drinnen mit ganz vielen Brettspielen. Diese würden kritisches Denken und konstruktives Lösen von Problemen vermitteln. „Zuerst lernt man Regeln, dann muss man selbst eine Strategie entwickeln, wie man mit dem Wissen zum Sieg kommen kann.“ Das würde auch den Thais helfen, dachte er und eröffnete Mitte 2013 das Spiele-Café „Ninive Games“ in Bangkok.
Entstanden ist die Idee ein Jahr zuvor aus seiner Liebe zu dem Spiel „Die Siedler von Catan“. Weiner wollte das Spiel unbedingt nach Thailand bringen, konnte aber keinen thailändischen Partner des Spieleherstellers Kosmos finden. Auf Nachfrage wurde ihm angeboten, das Spiel einfach selbst zu übersetzen. Voraussetzung: Er müsse 2000 Stück auf Thai produzieren, sonst würde es sich wegen der hohen Stückkosten nicht lohnen. Fundraising von Freunden und Familie brachten ihm seinen Traum ein Stück näher.
Und schnell war auch klar, Weiner hatte eine Marktlücke entdeckt. Es folgten immer mehr Spiele, etwa Camel up, Halli Galli, Saboteur und Port Royal. Heute hat er europaweit exklusive Partner. Und während vor fünf Jahren neben seinem Spielcafé nur ein weiterer Hobby- und Brettspielladen in Bangkok existierte, haben mittlerweile über 200 Spielecafés in der Stadt eröffnet. „Ich kenne die Thais, Spaß ist ihnen wichtiger als Arbeit“, sagt Weiner. Wenn man durch die Straßen von Bangkok schlendert, sieht man überall Motorradfahrer, die in ihren Pausen Mühle spielen – in der thailändischen Version dann mit Kronkorken.
Mit „Ninive Games“ hat Weiner für Thais und Touristen ein wahres Spieleparadies geschaffen. In den Regalen stapeln sich mittlerweile rund 350 Spiele. Die Kunden kommen meist in Gruppen. Das Ausleihen ist kostenlos, allerdings sollte man umgerechnet für mindestens 2,50 Euro etwas trinken oder eine Pizza aus dem Holzkohleofen essen. Vor allem Freitag bis Sonntag ist das Café meist sehr gut besucht. Geht es dem Monatsende entgegen, wird es aber meist leerer. „Da haben die Thais kein Geld mehr für sowas“, erklärt Weiner.
Er will mit dem Café Profit keinen Profit machen, lediglich die laufenden Kosten und das Gehalt der Mitarbeiter sollen gedeckt werden. Seinen Lebensunterhalt finanziert sich der 37-Jährige durch seinen Spielevertrieb, dem einzigen professionellen Vertrieb von Brettspielen in Thailand. Weiner besitzt Exklusivrechte für die Distribution vieler namhafter Verlagen. „Wir importieren diese Spiele und verkaufen sie dann an die mittlerweile knapp 80 Spielecafés in Thailand weiter.“ Denn viele Thais können sich keine eigenen Brettspiele leisten, da diese mit umgerechnet 35 Euro pro Exemplar relativ teuer sind. Zum Grundpreis summieren sich noch Import-und Transportkosten sowie ein „kleiner Bonus für die Polizisten am Zoll“, sagt Weiner mit einem Augenzwinkern.
Expansions-Pläne
Einige seiner Spiele befinden sich sogar in der Uni-Bibliothek für Südostasienwissenschaft in Frankfurt. Als ihn vor Jahren sein ehemaliger Dozent und Leiter der Bibliothek Holger Warnk in Bangkok besuchte, entschied Weiner sich der Universität einige der übersetzen Spiele zu spenden. „Als Dankeschön und spielerisches Extra für den Sprachunterricht.“ Doch der Brettspiel-Fanatiker hat noch nicht genug. Nach Bangkok möchte er nun auch noch den Rest Südostasiens mit dem Brettspielfieber infizieren. Und plant eine Kooperation mit dem Unternehmen Solarkiosk, ein fahrbares Kiosk, das mit Hilfe von Solartechnik Strom in die entlegensten Dörfer der Welt bringt. „Ideal für ein mobiles Brettspielcafé“, sagt Weiner, „einfach ein paar Spiele in den Pick-up packen, eine Kaffeemaschine dazu und los geht’s!“