Cassellabrücke wird Stück um Stück zerlegt

Abrissarbeiten beginnen im Juli - Autokran hebt Segmente heraus
Bald ist es so weit. Nachdem die Arbeiten zum Rückbau der maroden Cassellabrücke am 17. Mai vergeben wurden, soll es Ende Juli losgehen. Bis März 2023 soll der Abriss der Brücke dann voraussichtlich abgeschlossen sein. Der angrenzende Chemiepark hat entsprechende Vorkehrung getroffen. Vor Ort stößt der Abriss bei den Nachbarn aber nicht auf Verständnis. Direkt an der für den Fuß- und Radverkehr gesperrten Brücke liegt die Trinkhalle Cassellas Eck. Dass die Arbeiten zu einem Abriss der Brücke demnächst anlaufen sollen, will an dem kleinen Kiosk niemand so wirklich glauben.
Verbindung weggefallen
"Seit 35 Jahren sagen die, dass die Brücke weg soll. Ich glaube es immer noch nicht", sagt ein Gast. Eine Katastrophe sei das. Er verstehe nicht, warum die Brücke abgerissen werden soll. "Da sollen doch keine Autos drüberfahren. Das sind 1000 Tonnen an Stein und Metall." Die direkte Verbindung zwischen Fechenheim Nord und Süd werde von Fußgängern wie Fahrradfahrern für Einkäufe oder Arztbesuche genutzt. Diese Option sei mit Sperrung der Brücke weggefallen. Zudem sei die Brücke "ein Denkmal", das man erhalten müsse. Der Unmut über den geplanten Abriss sei groß in der Nachbarschaft.
Auch Kemal, der Betreiber der Trinkhalle, ist unzufrieden. Ob oder wie lange er sein Wasserhäuschen während der Bauarbeiten schließen muss, weiß er nicht, wie er sagt. Noch sei niemand mit konkreten Informationen an ihn herangetreten.
Einmal hätte wohl ein Vertreter der Stadt vorbeigeschaut. Aber da sei er aber gerade nicht da gewesen. Ursprünglich wollte er seit einem Jahr mit einem Imbiss die Trinkhalle erweitern. Doch dies sei jetzt wohl erst nach Beendigung der Bauarbeiten möglich. Zudem befürchtet der Pächter Einnahmeverluste als Folge der Bauarbeiten und fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen.
Dass am Abriss der Brücke kein Weg vorbeiführt, belegte vor zwei Jahren ein Gutachten der Stadt. Das Material der Brücke, sei stark korrodiert. Das Problem der Cassellabrücke heißt "Spannungsriss-Korossion", wie Projektleiter Christian Hartmann von der ASE erklärt. Ein unter Spannung stehender Stahl roste, ohne dass dies "mit bloßem Auge erkennbar ist". Besonders betroffen seien meist vor 1965 errichtete Bauwerke. Die Cassellabrücke wurde 1964 gebaut.
Stützpfeiler retten Bauwerk nicht
Auch das Aufstellen von Stützpfeilern in der Vergangenheit konnte nicht verhindern, dass sich die Risse im Material immer weiter ausweiteten. Ein Materialversagen könnte jederzeit plötzlich und unerwartet auftreten.
Die aus diesen Gründen notwendigen Abrissarbeiten werden abschnittsweise erfolgen, wie Michaela Kraft, leitende Baudirektorin beim Amt für Straßenbau und Erschließung mitteilt. So sollen die einzelnen Teile der Brücke per Autokran gehoben und als Ganzes abtransportiert werden, um die Lärmbelastung vor Ort so gering wie möglich zu halten. Die Anwohner würden zeitnah über die Bauarbeiten informiert, die Beeinträchtigungen sollen sich durch das Wandern der Baustelle in Grenzen halten.
Darüberhinaus entfällt mit 400 Metern Länge ein Großteil der Baustelle ohnehin auf den angrenzenden Industriepark. Dort geht man entspannt mit der Situation um. Da auf dem entsprechenden Gelände des Chemieparks keine Gefahrstoffe gelagert werden, seien bis auf kleinere Umbaumaßnahmen keine größeren Vorkehrungen notwendig, wie Ulrich Haase, Standortleiter des Alessa-Parks in Fechenheim, erklärt. Die Beleuchtung an der Baustelle müsse teilweise versetzt, Dampfleitungen und Elektrik stellenweise umgelegt werden. Einige verschwinden in Kabelkanälen unter der Erde.
Am meisten sei die interne Logistik betroffen, aber auch dafür habe man Lösungen gefunden. So habe man Alternativrouten für die unternehmenseigenen Lastwagen geplant. "Die Versorgungssicherheit steht bei der Planung im Fokus", sagt Haase. Zudem möchte die Stadt das Werk zeitweise an seiner südlichen und nördlichen Seite öffnen, damit Baufahrzeuge auf die Baustelle gelangen können. Für diesen Zeitraum werde verstärkt auf die Einhaltung der Schutzvorschriften auf dem Gelände geachtet.
Hanauer im Herbst teilweise gesperrt
Auf der Hanauer Landstraße wird während der Bauarbeiten auf Höhe der Cassellabrücke zeitweise eine Spur in beide Richtungen entfallen. Stadtauswärts wird die Fahrbahn über den angrenzenden Parkplatz des Industrieparks verschwenkt. Zusätzlich werde eine Umleitung der Engstelle über den Riedwald ausgeschildert. Für die Straßenbahn der Linie 11 wird für diese Zeit ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Die Teilsperrung der Hanauer Landstraße soll im Spätherbst 2022 erfolgen.
Und auch die Trinkhalle Cassellas Eck soll über den Rück- und Neubau hinaus erhalten bleiben. Das habe der ehemalige Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) zu Beginn der Planungsphase entschieden, heißt es aus der Verwaltung. Entgegen der Äußerung des Inhabers befinde man sich mit ihm in einem konstruktiven Dialog, so Michaela Kraft. Wie dieser ausgeht, wird die Zukunft zeigen. Niklas Müller