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L’Chaim: Jetzt gibt’s in Frankfurt auch koscheren Ebbelwei

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Epler nennt sich der koschere Apfelwein, den Obstbauer Andreas Schneider jetzt einmalig ins Programm genommen hat.
Epler nennt sich der koschere Apfelwein, den Obstbauer Andreas Schneider jetzt einmalig ins Programm genommen hat. © rüffer

Obsthof hat mit der Jüdischen Gemeinde einen Jubiläumsschoppen kreiert: den Epler

„Ebbelwei prickelt goldgelb im Gerippten, unser Epler perlt besser fein im Weinglas. Dann kommen auch die Duftaromen besser zur Geltung“, betont Andreas Schneider, Betreiber des gleichnamigen Obsthofs am Steinberg. „Epler“ ist kein Schreibfehler, sondern klingt an das jiddische Wort „Epel“ für Äpfel an. Wobei er in der Farbe und Kohlensäure eher an einen Vinho Verde erinnert, einen jungen portugiesischen Weißwein.

Früchte sind handverlesen

Der Epler genügt höheren Ansprüchen und ist koscher, was im Jiddischen „tauglich“ bedeutet. Denn diesen besonders reifen, reinen und handverlesenen Apfelwein entwickelte Schneider mit der Jüdischen Gemeinde Frankfurt extra zum Jubiläum der Wiedergründung vor 75 Jahren: „Die Farbe ist hellgelb, der Geschmack fruchtig und fein, eben besonders elaboriert“, schwärmt Schneider von seiner Jubiläumsedition gemischter Streuobstäpfel mit 650 Flaschen à 0,75 Litern.

Der Anlass ist schließlich auch ein besonderer: Am 10. März 1949 wurde die Jüdische Gemeinde mit 160 Mitgliedern, die in Frankfurt die nationalsozialistische Verfolgung überlebt hatten, und 400 weiteren Überlebenden aus dem Konzentrationslager Theresienstadt durch das Land Hessen als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannt. Auch die Synagoge im Baumweg und die in der Pogromnacht und im Krieg beschädigte Westendsynagoge wurden neu eingeweiht.

„Zur Jubiläumsfeier haben wir nach einer Besonderheit gesucht, die unsere Tradition mit unserer Heimatstadt verbindet“, sagt Marc Grünbaum, Vorstandsmitglied und Kulturdezernent. Koscherer Wein spielt im Judentum eine bedeutende Rolle, unter anderem beim Pessachfest, dem Ursprung des christlichen Osterfestes. Doch Apfelwein, der sich für festliche Anlässe eignet und dabei den strengen jüdischen Speisegesetzen genügt, ist nach Grünbaums und Schneiders Einschätzung völlig neu.

„Der Obsthof am Steinberg war für uns sehr naheliegend, weil die dortigen Äpfel nur von Bäumen aus eigenem Anbau kommen“, sagt Grünbaum. „Und als ich den Hof vor 30 Jahren von meinen Eltern übernommen habe, haben wir auf biologischen Anbau und auch auf sortenreinen Apfelwein umgestellt“, ergänzt Schneider. Und doch war es der Gemeinde wichtig, dass die Bäume vor Ort gemeinsam mit Rabbiner Achivai Apel ausgesucht werden.

Apel wiederum musste die jüdischen Regeln zur Weinherstellung an koscheres Frankfurter Stöffchen anpassen: „Demnach müssen die Bäume mindestens vier Jahre alt sein, um reife Früchte hervorzubringen. Die Äpfel dürfen außerdem nicht wurmstichig sein“, erklärt der Geistliche. Außerdem dürfen alle beim Keltern verwendeten Werkzeuge nicht mit anderem Wein in Berührung gekommen sein. Und während des Kelterns und Gärens ausschließlich mit den Naturhefen auf den Fruchtschalen darf es zu keinen Verunreinigungen durch Insekten oder andere Fremdkörper kommen.

Cox Orange und Gravensteiner

„Bei einem Besuch von Herrn Apel haben wir uns für eine Streuobstwiese entschieden, auf der die einzelnen, im vergangenen Oktober schon gut gereiften Apfelbäume auf einer Fläche von bis zu je zehn Quadratmeter wurzeln“, erklärt Schneider weiter. 500 Liter koscherer Apfelwein entsprechen einer Tonne Äpfeln von 25 bis 30 Bäumen - je nach Fruchtbesatz. Zu den Apfelsorten, die verwendet wurden, gehören neben Cox Orange und dem Gravensteiner auch so wohlklingende Sorten wie Rheinischer Winterrambur und Geheimrat Dr. Oldenburg. Richtig zeitaufwendig war allerdings das Ernten und das Keltern: „Wir haben wirklich jeden einzelnen Apfel auf mögliche Bohrlöcher von Würmern untersucht und nach jedem einzelnen Arbeitsgang beim Keltern die benutzten Gefäße verschlossen und versiegelt, um Verunreinigungen zu vermeiden“, erläutert Schneider. Bei diesen Schritten waren auch Apel oder ein Stellvertreter anwesend. Eine handverlesene Verarbeitung, die sich auch im Preis niederschlägt, der je nach Geschäft zwischen 14 und 15 Euro je Flasche liegt. Schneider könnte sich auch einen sortenreinen koscheren Epler vorstellen. Grünbaum stellt klar, der „Epler“ bleibe eine einmalige, limitierte Jubiläumsedition, die in der Stadtgesellschaft und der Region möglichst viele Freunde finden sollte.

Der koschere Epler kann in der Jüdischen Gemeinde als Geschenkbox bestellt werden und ist in folgenden Geschäften erhältlich: Literaturhandlung im Jüdischen Museum (Bertha-Pappenheim-Platz 1), Apfelweinhandlung JB (Brückenstraße 21), Bembeltown (Tilsiter Straße 10), Hessen Shop (Leipziger Straße 49, Diesterwegstraße 22, Hasengasse 5, Lorscher Straße 7).

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