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Chamissogarten startet in die neue Saison

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Von: Judith Dietermann

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Machen den Garten fit für die neue Saison: Udo Rothenburger (v. l.), Silas Gaub, Julia Auer, Josef Wolfs und Hündin Ida. FOTO: judith dietermann
Machen den Garten fit für die neue Saison: Udo Rothenburger (v. l.), Silas Gaub, Julia Auer, Josef Wolfs und Hündin Ida. © Judith Dietermann

Gemeinsam gärtnern, zusammen wachsen - und inklusive und soziale Angebote gibt’s mit dazu.

Frankfurt -Der Gang durch das schmiedeeiserne Tor gleicht dem Weg in eine andere Welt. Weg vom Trubel der Großstadt und der lauten Baustelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Hinein in zauberhaftes Grün, wo die Natur wirklich Natur sein kann. Dorthin, wo die ersten Krokusse ihre Köpfe aus dem noch etwas harten Boden stecken, die Sonne auf den Glasdächern der alten Gewächshäuser reflektiert und das 2500 Quadratmeter große Areal in ein warmes Licht taucht.

Saison Anfang März eröffnet

„Willkommen im Chamissogarten“, sagte eine der Ehrenamtlichen, als sie das Tor öffnet. Es ist der erste gemeinsame Gartentag nach der Winterpause, traditionell wird Anfang März die Saison eröffnet. Laub wird ausgekehrt, die Beete für den Frühling vorbereitet und heruntergefallene Äste aufgesammelt und entsorgt. Dabei wird gequatscht und gelacht, dann wieder geschwiegen und konzentriert gearbeitet.

Mittendrin steht Ute Posenenske, die das ehemalige Gärtnerei-Gelände in der Chamissostraße 38, vor rund vier Jahren entdeckte und vom Grünflächenamt pachtete. Der Anfang des Chamissogartens - einem friedlichen Ort, an dem der soziale und integrativer Aspekt im Vordergrund stehen. „Bei uns kann jeder mitmachen, egal wo er herkommt, was er ist oder macht. Bei uns wird er warmherzig empfangen“, versichert die 53-Jährige.

Weder Heizung noch fließendes Wasser

Posenenske sitzt im größten der Gewächshäuser auf dem Gelände, dort wo zahlreiche Pflanzen überwintert haben. Die Sonne scheint durch das Dach, es ist angenehm warm. An grauen Tagen sieht das anders aus. Denn eine Heizung gibt es in dem Glashaus nicht. Ebenso wenig wie fließendes Wasser. Stattdessen wird Regenwasser gesammelt, sechs Kubikmeter fassen die Tonnen. Zu wenig in den immer heißer werdenden Sommern. „Den Garten an die Wasserleitung anzuschließen ist technisch möglich, aber eine finanzielle Frage“, sagt Posenenske.

Wie auch der geplante Pavillon, 200 000 Euro würde das beheizte, wieder abbaubare Gebäude kosten. Wofür wegen der Größe allerdings eine Baugenehmigung nötig ist, die erste Bauvoranfrage wurde abgelehnt. Nun will das Team es erneut versuchen. „Wir brauchen diesen Pavillon, um in den Ganzjahresbetrieb zu kommen“, erklärt Posenenske, die sich die Geschäftsführung der gemeinnützigen GmbH, die der Chamissogarten seit Ende vergangenen Jahres ist, mit der Permakultur-Designerin Julia Auer teilt.

Um die Finanzen kümmert sich derweil Sieglinde Lackinger, sie betreut auch den Instagram-Account. Ihr habe es „ganz schön“ in den Fingern gejuckt, in den vergangenen Wochen. Trotz der im Winter regelmäßig Treffen - gemeinsam wieder im Garten zu stehen sei doch „viel schöner“. „Wenn die Krokusse drücken ist es endlich wieder so weit“, freut sich auch Julia Auer.

Frühlingserwachen mit Saatgutbörse

Die Veranstaltungen und Kurse für die kommenden Monate stehen bereits. So sollen im März gemeinsam Osterkränze gebunden werden, es gibt einen Streifzug durch den Garten sowie das Frühlingserwachen mit Saatgutbörse am Sonntag, 2. April. Zudem soll künftig noch mehr Kultur angeboten werden - am Nachmittag für Kinder, abends für Erwachsene. Unter dem Motto „Kultur für Jedermann“. Dabei, sagt Lackinger, sei man aber noch auf finanzielle Unterstützer angewiesen. Wie in vielen anderen Punkten auch, schließlich arbeiten alle im Chamissogarten ehrenamtlich.

Längst fester Bestandteil des Teams ist auch Silas Gaub, der nach seiner Ausbildung weiterhin im Chamissogarten als Gärtner arbeitet. Im Rahmen eines Außenarbeitsplatzes der Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Friedberg. „Silas ist ein Glücksfall für uns. Er hat Humor, ist treu, und unglaublich gewissenhaft“, schwärmt Ute Posenenske.

Garten ist für alle Frankfurter da

Und er ist zugleich das beste Beispiel dafür, dass der Garten für alle Menschen da ist. Egal ob mit Einschränkungen oder nicht. Auch Geflüchtete haben den Chamissogarten bereits lieben gelernt. „Wir bieten unsere Aktivitäten an, um zusammenzukommen. Um Kontakte zu knüpfen oder seinen Weg zu finden. Sich zu erden“, sagt Julia Auer.

Wie ein kubanischer Flüchtling, der regelmäßig half und plötzlich verschwand. Bei einem zufälligen Treffen erzählte er, dass die Arbeit im Chamissogarten im Mut gemacht habe auf ein besseres Leben. Er lernte Deutsch und arbeitet mittlerweile in einem Gartenbaubetrieb. „Er hat gesagt, dass sein Leben jetzt wieder einen Sinn hat“, sagt Ute Posenenske.

Eine Geschichte, die ebenso Gänsehaut macht, wie die einer Studentin, die durch die Pandemie „völlig aus der Bahn“ geworfen worden sei. Der Chamissogarten wurde ihr Anker, er half ihr dabei, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Heute, sagt Julia Auer, ist sie wieder glücklich. Das seien die Geschichten, für die sie und die anderen Ehrenamtlichen sich engagierten. „Einen schöneren Dank gibt es nicht“, sagen sie.

Das Programm

Weitere Informationen zu Kursen und Veranstaltungen im Garten gibt es unter chamissogarten.de.

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