Wie Biertrinker auf der Frankfurter Apfelweinmesse bekehrt werden (sollen)
Weltweites Zentrum des Stöffche: Das ist Frankfurt mit der Cider World Expo. 100 Aussteller präsentierten Apfelwein und Unerwartetes.
Frankfurt – Zwei Impulse hatte es für Nina Kremer und ihre Kollegen gegeben, mit dem Keltern anzufangen. Der eine war, dass der alte Most aus Opas Keller nicht schmeckte und sie dachten, „man könnte das besser machen“. Der andere waren die zahlreichen Äpfel, die auf den Wiesen liegen blieben, ohne dass jemand etwas aus ihnen machte. „In China würde es so etwas nicht geben“, habe ihr ein Freund verraten. In der eigenen Region wollten die Crailsheimer das aber auch nicht hinnehmen.
„Hobbymäßig“ betreibt Kremer nun mit ihrem Freund und dessen Brüdern ein kleines Unternehmen. Mit diesem stellte sie auf der Cider World Expo am Samstag (29. April) in Frankfurt den Gästen auch das Produkt der Marke „Betzi Cidergeil“ vor, das einen Tag zuvor bei den Awards eine Silbermedaille gewonnen hatte. „Hopf“ soll auch denjenigen Geschmack auf Apfelwein machen, die bislang dem Bier zugeneigt sind. Vom Geruch her könnte das klappen.

Apfelweinmesse in Frankfurt: Die Streuobstwiesen sind das Wichtigste
Die Geschichte am Rande der Messe, die auch in diesem Jahr wieder etwa 100 Aussteller aus aller Welt und zahlreiche trinkfreudige Gäste ins Gesellschaftshaus des Palmengartens lockte, vereint gleich mehrere Themen und Schwerpunkte, die die Apfelweinszene derzeit prägen. Da wäre die schon länger offensichtliche Tendenz der Hersteller, mit unterschiedlichsten Varianten des Schoppens, Mixgetränken oder Seccos, neue Kunden zu locken. Aber eben auch der Wille, die Streuobstwiesen zu erhalten, die, wie Rouven Kötter, der Erste Beigeordnete des Regionalverbands Frankfurt Rhein-Main, erklärte, mehr als 5000 Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten.
Dass diese Areale für den Obstanbau diesmal im Mittelpunkt standen, wurde von den Beteiligten begrüßt. Man könne so die Konsumenten auf bestehende Probleme aufmerksam machen, sagte Kötter. So wären gerade ältere Bauern oft nicht mehr in der Lage, die aufwendige Pflege der Bäume und die Ernte zu leisten; Nachfolger finden sich selten. Bei entsprechender Werbung und von der Corona-Pandemie unterstützt, ließen sich jedoch immer öfter Familien und andere finden, die diese Arbeit für Teile der Flächen übernehmen.
Cider World in Frankfurt: Auch Platz für kleine Keltereien
Das Engagement und die Förderung seitens der Veranstalter ermöglichte es dem Regionalverband zudem, kleineren Keltereien, die sich die Präsenz vor Ort sonst wahrscheinlich nicht hätten leisten können, eine kostenlose Auftrittsfläche zu bieten.
Unter jenen, die diese Gelegenheit nutzen durften, war Matthias Metzger von Sauerstoff-Apfelwein. Es sei nicht so, dass man durch sein Getränk besser atmen könne, sagte der Geschäftsführer. Vielmehr verdanke es seinen Namen einem Verwandten, der einen ersten Schluck stets damit kommentierte, da sei mal wieder ein „sauer Stöffche“ gelungen.
Einen „klassischen Apfelwein“ aus alten Streuobstsorten offerieren die Büdinger, der höherwertiger sei als der allgemeine. Da er keinerlei Restzucker enthalte, sei die Produktion aufwendiger.
Apfelweinmesse in Frankfurt: Aus Hobby wird Beruf
Gleich gegenüber war die „Rote Pumpe“ stark gefragt. Den Bad Nauheimern war ihr Erzeugnis aus rotfleischigen Äpfeln diesmal besonders gut gelungen, wofür die internationale Jury ihren „Rouge 2022“ mit einem Gold-Preis für den besten nationalen „Stillen“ geehrt hatte. Aus anfänglichem Hobby sei vor ein paar Jahren mehr geworden, erzählte Paul Schwabe, der der zweiten Generation der Kelterer angehört. Zu Hause werde alles per Hand gemacht; ein Grund mehr, warum auch hier ein paar Euro mehr für den besonderen Saft hingelegt werden müssen.
Viel länger engagiert ist die Familie Nöll aus Frankfurt. Neben den klassischen Sorten und jenen für die feineren Anlässe ist bei den Griesheimern auch Alkoholfreies zu finden, was ebenfalls im Trend liegt. Doch egal, was am Ende draus werden soll: Auch Geschäftsführer Alexander Nöll wirbt darum, die Streuobstwiesen zu bewirtschaften. Keltereien begrüßten Obstlieferungen aus der Region. Denn, so Nöll: „Äpfel gehören ins Glas.“ (Katja Sturm)